Dieser Post ist eine Reaktion auf meinen jüngsten Austausch mit @pharesim.
Da ich keinen so langen Kommentar auf seinem Blog-Post machen will, veröffentliche ich sie hier auf meinem. Auch discord eignet sich nicht.
Hier geht's zum Kommentar-Thread
Hier geht's zum 2. Experiment "systemischer Konsens"
Hier geht's zum 1. Experiment " "
Als Programmierer/Entwickler kannst du Dezentralität für dich nutzen, ein Spiel entwickeln oder eine andere Applikation auf der Basis deiner eigenen Ideen und Möglichkeiten, da du darin eine Expertise hast.
Andere, die keine Programmierer/Entwickler von technischen Anwendungen sind, wollen genau eben dieses tun.
Auf der Basis von sozialen Systemen etwa. Du sprichst von Software-Systemen, ich von Gruppen-Systemen (= social media). Dezentralisierung bedeutet, die Mittelsmann-Instanz zwischen Anbieter und Nachfrager übergehen zu können. Das dürfte uns soweit allen klar sein.
Wenn ich als Teilnehmer von social media beschließe, die Instanz (Regelwerk menschlichen Zusammenlebens) zwischen einem Anbieter (Befürworter/Gegner) - etwa der Methode von Entscheidungsfindung/Meinungsbildung - und einem Nachfrager - demjenigen, der eine Entscheidung treffen will - zu übergehen, dann agiere ich dezentral. Ich bin dann entweder selbst ein Entwickler einer solchen Methode oder aber verbreite eine bereits existierende, um dafür Liebhaber zu gewinnen. Ich mache darum nichts anderes als du. Nenne es den "Entscheidungs-Token". :)
Der Reiz einer Sache liegt in seiner Innovation.
Mein als innovativ wahrgenommenes Mittel heißt "Systemischer Konsens". Du hast beispielsweise Applikationen oder Spiele entwickelt. Wo ist da der Unterschied?
Während du glaubst, ich habe Dezentralität nicht verstanden, glaube ich, dass du Systemischen Konsens nicht gut genug kennst. Es ist, im Gegensatz zu dem mittlerweile über die Blockchain als Mittelsmann-Übergeher (Bank als zentrale Stelle zwischen Kontoinhaber A und Kontoinhaber B auszuhebeln) überhaupt sehr viel weniger bekannt.
Damit Menschen Entscheidungen treffen können, gibt es das etablierte Mittel von Mehrheitswahlen, die dann idealerweise den politischen Willen des Volkes durch seine Regierungsvertreter in die Welt bringen sollen. Man wählt aber keine Themen direkt und man ist nicht in der Situation, Vorschläge einzureichen, die die Basis für Entscheidungen sind.
In einem dezentralen Umfeld wie dem von Steemit spielt aber das Soziale eine entscheidende Rolle.
Aus meiner Sicht, und ich schätze auch aus deiner, ist der große Vorteil von Blockchains der, dass man kein Vertrauen zwischen Anbieter und Nachfrager mühsam aufbauen muss, dieses ist durch die Natur der Blockchain unnötig geworden (so zumindest das Ideal).
Da die Userschaft von Steemit eine große Gruppe ist, könnte man, um die hitzigen Debatten, die Selbstdarstellung, den Opportunismus und Lobbyismus, den wir alle oft sehr fragwürdig finden (und genauso oft selbst erliegen, ich nehme mich da nicht aus), durch eine andere Methode schwächen. Indem wir jedem Einzelnen es überlassen, aus einer Reihe von Vorschlägen die Mechanismen dieser Plattform mit bestimmen zu können. Im Moment des Entstehens beispielsweise.
Die große Frage ist dann:
Wie dezentral sind die Mechanismen, die hier bereit gestellt werden und von wem werden sie gesteuert?
Die Höhe der Payouts und die Verteilung: ist das ein Ausdruck von Erfahrung, Fehler und Korrektur der gesamten Community? Ich finde nicht, dass diese Frage hier jemals konkret beantwortet wurde. Ich muss davon ausgehen und tue das auch, dass die Steuerung der Mechanismen durch Steemit Inc und euch witnesse erfolgt. Ihr entscheidet, auf der Basis eurer Möglichkeiten und Ansichten, was gut für das Portal sein könnte. Inwieweit ihr euch auf die Community stützt, bleibt dabei unklar. Ich täte mich schwer, denn auch als witnesse seid ihr den Einflüssen und Verwirrungen der vielen Stimmen ausgesetzt.
Hättest du nicht gerne so authentische Stimmen wie möglich? Das Ergebnis einer Userschaft, wo du nicht erst hunderte von Kommentaren und Gegen-Kommentaren lesen und interpretieren müsstest? Es ist recht leicht, jemandem zu schmeicheln und "Gut gemacht!" oder "Was für ein Mist!" zu rufen. Wie fundiert oder interessiert aber jemand wirklich ist, findest du damit nicht unbedingt heraus.
Können die Top 20 witnesse die Mechanismen so designen, wie sie es für richtig halten? Wer hat die letzte Entscheidungs-Instanz?
Weder du noch ich weiß, wie Menschen sich entscheiden, wenn man ihnen mehr als zwei oder weniger als zehn Optionen anbietet. Die Entscheidungsfindung auf der Basis von Vorschlägen treffen Menschen üblicherweise sehr viel besser, wenn sie in der Selbstbefragung und Reflektion vernünftig sein können (allein und geheim). Ganz ohne den Einfluss von Interessengruppen, Druck der Gruppe oder sonst einer Öffentlichkeit. Die letzte Entscheidung sollte in der stillen Kammer getroffen werden, bei der man sich nicht öffentlich positionieren, argumentieren, profilieren oder verkaufen muss.
Dieser Logik folgend, kommt es auf die Vorschläge an.
Um möglichst viele Vorschläge einsammeln und zur Wahl stellen zu können, ist das wohl der schwierigste Teil, weil man die Vielfältigkeit und Intelligenz ganz verschiedener Menschen dazu benötigt, damit eine Liste mit Optionen zur Verfügung steht. Das ist ein demokratischer Prozess, kluge Menschen haben sich darüber viele Gedanken gemacht.
Ich persönlich bekomme Schwierigkeiten, wenn ich eine Liste mit verschiedenen Vorschlägen vor mir habe und mich dann nach nur einer Präferenz entscheiden soll. Zwangsläufig produziert diese Methode Unzufriedenheit, weil es dabei Gewinner und Verlierer gibt. Die systemische Konsens-Methode aber geht gar nicht nach einer einzelnen Präferenz, sondern sie trägt der Erfahrung Rechnung, dass Menschen sich vernünftig entscheiden können und werden, wenn man genügend Skalierung einbaut. Und nach dem geringsten eigenen inneren Widerstand hinsichtlich eines jeden Vorschlags seine Entscheidung trifft.
Simples Beispiel. Ich sage:
Triff die Wahl zwischen rot, grün, gelb und blau.
Jetzt sollst du deine Präferenz abgeben. Du aber findest alle Farben haben etwas Positives und weniger Positives. Du würdest sehr viel lieber danach gehen, was dir die geringsten Bauchschmerzen bereitet. Auf einer Skala von 0-10 Gewichtungen zu verteilen, ist angenehmer.
Ich WEIß nicht, wie die Leute hier auf Steemit entscheiden würden, wenn sie hier "Ordnung machen" wollen. Ich kann es nur vermuten oder interpretieren und schaue instinktiv dort, wo am meisten los ist. Das liegt auch in der Natur des Menschen, nicht? Da hinzusehen, wo der meiste Traffic ist. Wir aber wissen, dass das nicht das beste aller Kriterien ist. Versuchen aber, nach genau diesem Prinzip vorzugehen.
Das Wesen von authentischer Demokratie ist das Folgende: Mit Entscheidungen umgehen zu können, die nicht zwangsläufig meine totale Übereinstimmung treffen.
Es ist von essentieller Bedeutung, wie ich die getroffene Wahl einer großen Gruppe von Menschen wahrnehme.
Wenn ich finde, dass das Wahl-Ergebnis entgegen meiner eigenen Wahl ausgefallen ist, dann ist meine Abneigung und Frustration groß.
Das Interessante von Demokratie (social media) ist aber, dass ich mich damit einverstanden erklären kann, dass manches anders entschieden wird, als ich es gerne hätte und ich damit zufrieden sein werde, bis zur nächsten Wahl. WENN ich davon ausgehen kann, dass die Menschen ihre Wahl vernünftig getroffen haben. Diese Vernunft ist wohl das Wichtigste, was man bei anderen gerne sähe.
Der Rahmen für Vernunft ist nicht Zentralität (ein Schuh, der allen passen soll), ist nicht Mehrheitswahlrecht, es ist das Vertrauen in die vernünftige Entscheidung einzelner Menschen, die sich am geringsten inneren Widerstand orientieren. Soweit ich solches nicht erkennen kann, so lange öffentliche Meinung von dort kommt, wo die größte Finanzkraft herkommt, so lange ich einseitige Präferenzen habe oder bedienen soll, bleibe ich unzufrieden und es frustriert mich, so viele andere Unzufriedene zu sehen.
Mein Szenario und die Vorschläge, die ich dazu in meinem Post gemacht habe, sind ein Experiment und ein Versuch, solches zu kommunizieren. Du hättest kommen und eigene machen oder ergänzen können, ich habe dich mehrmals explizit erwähnt. Mir kommt es noch nicht mal so sehr auf die derzeitigen Vorschläge an, zunächst interessiere ich mich dafür, so viele Experimente mit verschiedenen Themen wie möglich zu machen.
Sollte letztlich bei einem derartigen Experiment herauskommen, dass die Steemit Userschaft sich eine Legislative, Exekutive und Judikative wünscht, ist das für mich ein Referenzpunkt. Die Frage nach der Kompensation ist dabei sicher wichtig. Niemand wird sich langfristig und verbindlich engagieren, wenn nicht seine Aktivität kompensiert wird. Ich kenne niemanden, der sich auf ein "eventuell" einlässt, wenn das Engagement hoch sein muss.
Ich kann dann schließlich entscheiden, ob ich weiter Teil dieses Systems sein will oder nicht. Unser Problem ist in der Regel - dass wir meinen, zu wissen, welche Anreize wir schaffen müssen, damit andere sich so oder so verhalten. Wir behandeln Menschen gern wie Schachfiguren, die wir schieben wollen (mittels Belohnung oder Bestrafung).
Was hier als Community begriffen wird, sind sich zu zentralen Einheiten zusammenschließende Personen oder Einzelpersonen,
die wiederum die Methoden anwenden, die sie von woanders kennen. Regelwerk, Mechanik und Verbreitung: Sind die wirklich anders als außerhalb von Steemit? Und warum sollte es nicht etwa anders sein können? Eine neue Methode anzuwenden, wäre aus meiner Sicht noch interessanter.
Ich muss mir sehr sehr große Mühe geben, die vielen sich andienenden Selbstdarstellungen, selbst ernannten Sherifs und Getöse-Produzenten nicht anzugreifen.
Es ist echt schwierig. Manchmal gewinnt mein Unmut und ich kommentiere, weil ich aus einem negativen Gesamteindruck heraus etwas loswerden will. Dann aber bekomme ich den Eindruck vermittelt, dass ... Ja oder Nein. Richtig oder falsch, schwarz oder weiß.
Eines ist auch klar: Nach der Methode des systemischen Konsens ist eine enge Zusammenarbeit und das Formulieren von Vorschlägen recht zeitaufwändig. Denn zunächst muss man darüber Konsens erlangen, welche Vorschläge tatsächlich zur Abstimmung kommen sollen. Willkommen in der Demokratie 2.0!
"Mit nur einem Click?"
Social Media ist aus meiner Sicht und sollte es auch nicht weiter sein, ein Becken, wo spontane Impulse mittels schnellem Click ausgelebt, wo geliebt und gehasst wird, als wäre der spontane Impuls etwa eine Art Gral und clevere Entscheidungs-Mechanik. Dazu sind die Kanäle viel zu wichtig geworden und eingespeist in den großen Bauch unseres Wirtschafts-Systems. Es hat Bedeutung, was wir hier tun.
Wenn ich aber mit diesem oder anderen Vorschlägen absolut falsch liege, Dezentralität etwa nicht auch in sozialen Kontexten gesucht werden will, dieses hier viel Rauch um das Übliche ist, möchte ich Gewissheit herstellen.
Was facebook & co einmal waren und was sie geworden sind, so die Botschaft, will Steemit nicht sein oder werden. Oder? Wer aber bestimmt darüber?
Wer macht das "social" in "media"?
Wenn ich hier auf einer Geldverdiener-Plattform gelandet bin, bei der es wirklich allein um den Profit geht, dann brauche ich aber das "social" nicht. Schwierig, denn ohne die vielen funktioniert das ganze Modell nicht mehr. Dann wäre ich vielleicht einfach eine Person, die Geld auf Tasche hat und in andere Krypto-Währungen investiert, wo das Bloggen und die Inhalte erst gar nicht aufgelegt werden. Oder ich das Spiel liebe, mit Geld gamble und gucke, wo die größten Pötte zum Absahnen rumliegen oder wo ich der Erste sein kann.
Warum Steemit Inc. so vehement kritisiert wird, ist durchaus nachvollziehbar. Man hat irgendwie die Annahme, dass sich da ein paar Jungs zusammengetan haben, die eine geile Idee hatten. Ihre Expertise war von technischer Natur und diese Fähigkeit, eine Blockchain auf Kryptowährungsbasis technisch aufzubauen, gekopplet an "social media": erst mal scheinar eine gute Idee. "Teilnehmer werden fürs Bloggen bezahlt". Die Internet-Userschaft kennt ja social media bereits durch die Vorreiter.
Aber ist das wirklich alles? Einen social media Kanal ins Leben zu rufen, der dann auch noch die Präsenz der Großen erreichen soll, hat man sich vom Gründungsteam dazu eigentlich Gedanken gemacht? Welche Verantwortung hat jemand, der solches technisch ermöglicht? Was will er denn selbst? Diese Fragen wurden und werden immer wieder an diejenigen gestellt, die bereits so viel Präsenz erreicht haben, dass sie als wirtschaftlich UND sozial relevant angesehen werden: Youtube, Facebook, Twitter, Instagram & so weiter.
Was als großer Spaß begonnen hat, ist nun ein Teil unseres Daseins geworden. Das ist doch wohl kein Pappenstil.
Auch von Steemit Inc und euch witnessen will man wissen, ob ihr diese Zusammenhänge begreift oder ob sie euch kümmern.
Die andere Kritik ist, dass ihr witnesse ein wenig den Parlamentariern auf der guten alten Erde ähnelt, die sich zur Wahl aufstellen lassen. Ich bin noch immer nicht dahinter gekommen, auf welcher Basis, mit welchem Programm jeder witness eigentlich antritt. Es sieht so aus für mich, dass es hier sehr viel darum geht, sich als User oder kleine Fische-Community des Wohlwollens der witnesse oder Wale zu versichern und ihnen nach dem Mund zu reden, ganz einfach, weil man dadurch in den Vorteil gelangt, gemocht und unterstützt zu werden. Doch in einem System, welches Kritik zulässt, werden auch die Kritiker angehört und sich mit ihnen auseinandergesetzt. Dort, wo keine demokratische Grundordnung ist und keine Opposition anhört werden MUSS, kann man Kritik (die einem nicht gefällt) getrost ignorieren.
Darum sehe ich meine Teilnahme hier bei Steemit nicht allein vor dem Steemit-Hintergrund, sondern vor dem Hintergrund eines Austausches im gesamten sozialen Kontext des Internets - ich bin ein Rädchen im Getriebe der bestehenden Internet-Kanäle. Steemit ist klein genug, um eine Richtung zu ändern und groß genug, um Vielfalt auszudrücken. Jedenfalls nach meinem Eindruck.
Ihr Entscheider und Einflussnehmer mit großer Stärke (VP = Unterstützungs- und Verteilungspotenzial) erkennt nicht immer, was genau und warum es benötigt wird.
Wie würde es dir gefallen, wenn ich dir sagte, dass du meine Zeit verschwendest, weil ich mehr berufliche Expertise im sozialen Sektor habe und das mein Beruf ist?
Für mich ist systemischer Konsens demokratische "Grundordnung +".
Da sie nicht im Bundestag oder der EU angewendet wird, wäre das ein neuer Feld-Versuch. Ich sehe es so, dass wir die Fehler wiederholen, die wir bei anderen sehen. Man lernt einiges dabei. Aber interessanter fände ich, etwas Neues auszuprobieren.
Das soll reichen. Manche der Formulierungen und Dinge, die ich sage, sind nicht nur allein für dich bestimmt. Es ist ja klar, dass irgendwer anderes schon mitlesen wird.
Ich werde das Ganze wohl noch mal ins Englische übersetzen.
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lol, too :D my best alleycat.
I've seen you walking around :)
Nah ... I will become distracted with other stuff for sure. I tend to chew on things for a while - I then do that deep and long and with intensity. The topics though always come back to me in one way or the other.
You read that in German? Did you use a translator? Man, you must be really patient. HaHa!
I try my very best to spread the word of systemic consensus. Today I talked to a colleague of mine and she found it a good idea for staff meetings. I will introduce that to my other working stations as well. Maybe even doing a workshop on it. I am in love with that method.
Yes, Steemit is actually a really difficult environment for the systemic consensus approach but for some things and groups it actually might be of service, even the witnesses themselves.
Please, give me the link - the one you sent couple of days ago, I checked but got no results on the display.
About the length: LOL!
Yes, I think I surpass probably most of the given spaces in text fields. I need to learn to make shorter formulations.
What's that? :
Sending you some love.
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