In Wismar war im 18. Jahrhundert eine Ratskrise erkennbar. Probleme wie Veruntreuung und Familienwirtschaft wurden an den Tag gebracht.
Die Verfassungskrise in Wismar
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts zeichnete sich in Wismar die Krise der feudalen Ratsverfassung ab. Innerhalb der handelskapitalistischen Oberschicht waren Gegensätze erkennbar. Probleme traten zum Beispiel bei der Festlegung der Kontributionssummen 1771 zutage, welche die Schuldenlast des Siebenjährigen Krieges tilgen sollten. Der Wismarer Rat legte die Verteilung der Kontributionslasten fest. Die Vertreter der Ämter, einige Kaufleute und Kremer von Wismar beschwerten sich daraufhin in Stockholm.
Die schwedische Regierung setzte daraufhin eine Untersuchungskommission ein. Diese fand Veruntreuungen von städtischen Geldern durch Ratsmitglieder. Die Mißwirtschaft wurde durch eine mangelnde Kontrolle durch den Bürgerausschuss ermöglicht. Am Ende vom 18. Jahrhundert zählten zum Wismarer Rat 11 Mitglieder, wovon 2 Bürgermeister und 1 Syndikus waren.
Der Rat ergänzte sich auf Vorschlag der Bürgermeister und das Ratskollegium war gezwungen diesen Vorschlägen zuzustimmen. Die Würde eines Ratsherren gingen an ausgewählte Vertreter der handelskapitalistischen Oberschicht und wurde auf Lebenszeit verliehen.
Seit dem 16. Jahrhundert finden sich in Wismar bereits Rechtsgelehrte Ratsherren. Ihre Bedeutung im Rat wuchs mit der Zeit immer mehr. Im Bürgervertrag von 1600 wird eine fast unumschränkte Herrschaft des Wismarer Stadtrates gesichert.
Die Rechtsprechung vom Rat fand über das städtische nieder- und Obergericht statt. Innerhalb der Stadt hatte er die alleinige gesetzgebende Gewalt in Form von Willküren und Ratsordnungen zur Verfügung. Durchgesetzt wurde diese mit Hilfe von städtischen Angestellten, mit schwedischer Unterstützung und Stadtsoldaten.
Das Besteuerungsrecht war 1 der größten Machtmittel des Rates. Die Ratsherren waren steuerfrei oder steuerbegünstigt. Die drückende Steuerlast wurde auf die anderen Bevölkerungsschichten verteilt. Die politischen Machtmittel wurden durch die Ratsoligarchie im Interesse der herrschenden handelskapitalistischen Oberschicht genutzt.
Zwischen 1775 und 1780 wurden mehrere Beschwerden über den Rat von Vertretern bis der Wismarer Ämter in Stockholm eingereicht. Eine starke Kritik kam von den Anwälten der Ämter zum Thema des fehlenden Stadtrechtes. Bereits bei der Einführung des Bürgervertrages von 1600 sollte dieses ausgearbeitet werden und in Kraft treten. Ein weiterer Beschwerde. War die Verwandtschaft unterhalb der vielen Ratsherren und damit der Vorwurf der Familienpolitik.
Die Stadtfinanzen der Stadt waren in Unordnung, was ebenfalls in den Beschwerdeschrift niedergelegt wurde. Die reichen Einkünfte der geistlichen Erhebungen waren zweckentfremdet worden. Bei den geistlichen Erhebungen handelte es sich um kirchlichen Grundbesitz mit Gebäuden und Inventar. Die Wismarer Bürgermeister galten als Patrone der Erhebungen. Andere Ratsherren waren Inspektoren dieser. In Form der Beschwerden an Stockholm sprach man die Kritik und Missbilligung der gesamten Ratsherrschaft aus.
Quelle: Rat der Stadt Wismar (Hrsg.): Wismar 1229-1979. Beiträge zur Geschichte einer Stadt. Rostock 1979.
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