Anhaltspunkte für den Wahren Willen

in thelema •  7 years ago 


Tue was du willst, sei das Ganze Gesetz!

Der Wahre Wille, ausgedrückt in der Formel von Thelema, ist ein zentrales Thema eines jeden Thelemiten. Man fragt sich, was ist mein wahrer Wille? Ist es mein Wille Autoverkäufer zu sein oder will ich lieber als Weltenbummler die Welt bereisen? Diese und andere Fragen muss jeder für sich selbst herausfinden. Keiner kann sagen was der andere tatsächlich will. Was man aber sagen kann, ist, in welchem Rahmen der Wahre Wille stattfindet, was gleichzeitig der Wahre Wille eines jeden Individuums ist. Wir suchen also nach Gemeinsamkeiten, welche für alle Individuen gelten.

Doch bevor wir beginnen, müssen wir kurz die Frage klären was eigentlich der wahre Wille ist bzw damit gemeint sein könnte. Crowley ist der Meinung das jeder Mensch ein Glied Gottes ist, so dass alle Menschen zusammen Gott darstellen. Dadurch das jeder ein Glied Gottes ist, hat das einzelne Glied seinen Ausdruck, sprich seine Individualität. Diese Individualität drückt ein Teil Gottes aus, was aber gleichzeitig bedeutet das man Gott ist.

Ein Beispiel: Angenommen Gott sieht aus wie ein Mensch, er hat Organe, hat einen Kopf, Hände, Haare, Haut usw. und du bist der Mund von Gott, dann wäre es deine Aufgabe die Funktion des Mundes herauszufinden und auszuüben, anstatt krampfhaft zu versuchen, ein Daumen zu sein. Du bist dann der Mundgott ;-), weil nur du alleine der Mund bist und kein anderes Glied von Gott, dass macht dich göttlich und darum bist du ein Gott.

Dieser Ausdruck ist der wahre Wille.

Was nun dein Wahre Wille ist, entscheidet aber nicht das Ich, was wir tagtäglich in den Mund nehmen und uns damit meinen, sondern kommt vom Selbst, andere sagen Adonai, heiliger Schutzengel, höheres Selbst usw.. Ein schönes Beispiel können wir im Buch, also sprach Zarathustra von Nietzsche lesen:

„Dein Selbst lacht über dein Ich und seine stolzen Sprünge. »Was sind mir diese Sprünge und Flüge des Gedankens? sagt es sich. Ein Umweg zu meinem Zwecke. Ich bin das Gängelband des Ich’s und der Einbläser seiner Begriffe.«

Das Selbst sagt zum Ich: »hier fühle Schmerz!« Und da leidet es und denkt nach, wie es nicht mehr leide – und dazu eben soll es denken.

Das Selbst sagt zum Ich: »hier fühle Lust!« Da freut es sich und denkt nach, wie es noch oft sich freue – und dazu eben soll es denken.“

Fangen wir an Indizien zu finden.

Das erste Indiz in dem man seinen Wahren Willen tut, ist dass man ihn finden will. Im Video was ist Thelema sagte ich:

Hier sehen wir einen scheinbaren Widerspruch zu dem vorher Gesagtem, in dem ich behauptet habe, dass der normale Wille sich ein Ziel setzt, der wahre Wille aber kein Ziel hat. Also kann es nicht der wahre Wille sein, wenn ich mir das Ziel setzte meinen wahren Willen zu finden. Wir lösen das auf in dem der normale Wille dem Ich zugeordnet wird und ordnen Thelema dem Selbst zu, das Selbst verstehen wir als den Gott in uns. Dann muss es nur noch lauten: das Ich hat dem Selbst zu dienen, weil es vom Selbst erschaffen wurde.

Das ich soll also dem Selbst gehorchen, dazu muss es aber wissen welchen Auftrag es ausführen muss. Um diesen Auftrag erfüllen zu können, muss es zuerst die Welt erkunden. Verstehen und begreifen, wie seine Welt funktioniert und was seine Welt ist.

Wir müssen also Erfahrungen sammeln und dabei herausfinden, was einem liegt und was einem nicht liegt oder was der rote Faden in seinem Leben ist.

Im Liber AL vel Legis lesen wir:

„Das Wort der Sünde ist Beschränkung.“

Anders ausgedrückt kann man unter anderem auch sagen: Du sollst deine Erfahrungen machen und andere Menschen ihre Erfahrungen machen lassen!

Der Vers, Beschränkung ist Sünde, impliziert, dass jegliche Regeln oder Gesetze grundsätzlich falsch sind, wenn sie die Handlungs- und Redefreiheit eines Menschen einschränkt. Doch genauso muss man erwähnen, dass, wenn man in einem Land lebt wo dies der Fall ist, man nach Möglichkeiten greifen soll um diese zu umgehen, in dem man zB auswandert oder sich bewusst und freiwillig dem einordnet, um damit seine Erfahrungen zu sammeln oder Schwachstellen im System findet und diese ausnutzt und es gibt noch viele andere Möglichkeiten damit umzugehen.

Bemerke hierbei, beim Finden seines Wahren Willen gibt es keine Moral, welche von der Gesellschaft gefordert wird. Jeder der ernsthaft versucht seinen Wahren Willen zu finden, wird schnell erleben wie schnell die Moralität einer Gesellschaft einen einholt und man muss diese vernichten und seinen Weg gehen. Damit stellt man sich gegen die Gesellschaft, gegen das närrische Volk, weil diese einen immer versuchen werden, einen da hin zu ziehen wo sie selber stehen. Die Verwanden und Bekannten, die Freunde und Kollegen werden einem sagen, dass dies und jenes was man tut nicht gut sei und man wird schnell merken, sofern man nicht das tut was sie wollen, wie sie sich von einem abwenden. Das sind die Konsequenzen, wenn man bemüht ist, das zu tun was man will.

Aber ich schweife ab, weiter im Text: Wir waren bei dem Vers Beschränkung ist Sünde und natürlich gilt das auch zwischen Menschen. Zum einen soll man sich nicht einschränken und zum anderen hat man kein Recht, andere Menschen zu sagen wie sie zu leben haben. Wenn einer unbedingt Drogenerfahrungen machen will obwohl man im empfohlen hat, sich das genau zu überlegen, er es aber trotzdem macht und anschließend abstürzt, ist es seine Erfahrung und vielleicht war es sogar wichtig und richtig, weil er mit dieser Erfahrung einen Sprung nach vorne getan hat.

Sollte er aber einen beschuldigen und sagen, du hättest mich davon abhalten sollen, so ist das falsch. Es ist sein Problem und nicht das eines anderen. Es ist sein Leben und nur er hat das Recht zu entscheiden wie er zu leben hat, denn nur er kann für seine Taten die Verantwortung tragen.

Zu sagen, der Staat ist schuld oder der Nachbar ist schuld ist christliches Opferdenken.

Je mehr Erfahrungen man sammelt, umso mehr Möglichkeiten hat man auf eine Situation zu reagieren. Wer z.B. in verschiedenen Szenen unterwegs war, kann schlicht wählen wie er sich in einer bestimmten Situation verhalten will. Wer 5 Sprachen beherrscht, wird weniger Probleme haben eine 6. Sprache zu lernen, als einer der nur eine Sprache kann. Wer um die Welt gereist ist und viele Kulturen kennen lernte, wird vermutlich weitaus weniger Probleme haben mit fremden Menschen in Kontakt zu treten, als einer der sein Leben lang auf seinem Balkon Urlaub gemacht hat. Darum schränke dich und andere nicht ein, sondern Tue was du willst! Im Liber AL vel Legis gibt es dazu einen Vers, Hadit 58:

„Doch da sind Maskierte, meine Diener! Es kann sein, dass jener Bettler dort ein König ist. Ein König kann sein Gewand wählen wie er will; es gibt keine sichere Probe, aber ein Bettler kann seine Armut nicht verbergen. „

Dies ist natürlich nur möglich, wenn man viele Verhaltensmöglichkeiten hat, und man dementsprechend agieren und nicht nur reagieren kann.

Dadurch, dass wir also unsere Erfahrungen sammeln um sich zu verstehen, sind wir selbstbestimmt und tragen Verantwortung für unser Leben. Nur du bestimmst und zwar immer, wohin die Reise geht und nur du trägst die Verantwortung dafür. Zu versuchen für sein Missgeschick einem anderen die Verantwortung zu geben ist nicht nur unmöglich, sondern auch ein Zeichen der Schwäche. Darum:

„Sei stark, oh Mensch! Genieße und erfreue dich an allen Dingen der Sinne und Wonne. Fürchte nicht, dass irgendein Gott dich dafür abweisen wird.“ (Liber AL vel Legis, Hadit Vers 22.)

Liebe ist das Gesetz, Liebe unter Willen


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