Wie die Volkswirtschaft den Grillabend retten kann!

in volkswirtschaft •  6 years ago 

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Die Bedürfnisse des Menschen sind unendlich!

Jeder der sich bereits einmal mit der Volkswirtschaft intensiver auseinander gesetzt hat, wird bestimmt den Satz aus dem Titel bereits kennen. Manchmal eben auch in den Variationen „Wünsche“ oder „unbegrenzt“. Im Kern bleibt aber die Aussage weiterhin bestehend ... wir Menschen werden immer wieder neue Wünsche bekommen, wenn wir unsere bisherigen erfüllen.

Das mag so manchem Wachstumsgegner erst einmal wie Häresie erscheinen. Und auch so manch ganz normaler Bürger springt erst einmal einen Meter zurück und wird seine eigene Bescheidenheit hervorheben: Ich brauche ja gar nicht soviel! Ich habe nur wenige Wünsche! So beginnt zu dem Thema meist jede Diskussion und sie münden alle gleich ... mit dem Eingeständnis, dass man eben doch unendlich viele Bedürfnisse hat.

Nur nicht jedes Bedürfnis erscheint einem gleich als solches. Mehr Zeit mit seinen Kindern zu verbringen zu dürfen ist so eines. Auf den ersten Blick wirkt dies erstmal wie ein nicht monetäres Problem. Man hat die Kinder ja vielleicht schon und muss nur mehr Zeit mit ihnen verbringen. Das wird aber eben schwer, wenn man den ganzen Tag auf der Arbeit malocht und dann völlig ausgebrannt nach Hause kommt. Würden wir mehr Geld haben, könnten wir vielleicht weniger Arbeiten und auf diese Weise mehr Zeit haben.

Die Volkswirtschaft wird häufig unter den Wirtschaftern als „linke Lehre“ eingestuft. Das ist natürlich völlig falsch und trotzdem sollte man sich nicht von dem Begriff „Wirtschaft“ blenden lassen. Den es ist eine Lehre, die versucht objektiv an Dinge zu gehen und sie zu erklären. Entsprechend kommt sie oft ohne ein darunterliegendes wirtschaftliches Gefüge aus. Und somit ist die Aussage:

Die Bedürfnisse des Menschen sind unendlich!

eines ihrer Axiome. Den kaum haben wir ein Bedürfnis befriedigt, wird ein neues Gedeihen. Selbst bei sehr sparsamen Menschen. Und nein in den wenigsten Fällen wird dies auch die Luxusyacht sein. Sondern ganz normale Dinge. Aber es werden immer neue dazu kommen. Selbst wenn man im Alter kurz vor dem Tod steht und man eigentlich bereits alles hatte, wird man immer noch Bedürfnisse haben und sei es seine Enkel häufiger zu sehen.

Haben wir erst einmal akzeptiert, dass die Bedürfnisse unendlich sind, stellt sich natürlich die Frage, wie wir diese möglichst gut befriedigen können. Ja, auch darauf hat die VWL eine Antwort parat, die in Form der Gossenschen Gesetze daher kommen. Ein wirklich schreckliche Begriff bei dem ich mich ständig verhaspel und der auch nichts mit Gosse zu tun hat ;)

Die Größe eines und desselben Genusses nimmt, wenn wir mit Bereitung des Genusses ununterbrochen fortfahren, fortwährend ab, bis zuletzt Sättigung eintritt
(Erstes Gosschensche Gesetz)

Das hört sich extrem sperrig an und löst erst einmal Verwunderung aus. Ist aber sehr simple erklärt. Ihr habt den ganzen Tag Euren Garten umgegraben. Die Sonne schien bestialisch und ihr seid so richtig am Ende. Nun kommt der Kumpel mit einem kühlen Pils vorbei. Wie wird Euch dieses wohl schmecken? Sofern ihr nicht gerade zu jenen gehört die Bier nicht lecker finden, wird dies vermutlich ein Hochgenuss für Euch sein.

Nachdem dieses alle ist, holt er noch eines heraus. Das zischt auch noch, ist aber schon nicht mehr so ganz erfrischend wie das erste. Ab dem 7 Bier knickt der Nutzen dann irgendwann ein. Eigentlich schmeckt es gar nicht mehr und man trinkt es nur noch so. Oder war es schon das 8 oder 9? So genau bleibt das schon gar nicht mehr in Erinnerung, so unwichtig wird dies für einen. Spätestens ab dem 12 tritt dann die Sättigung ein und man beginnt dankend abzulehnen... oder spätestens der eigene Körper.

Was sagt das Gesetz also aus? Wenn wir versuchen ein Bedürfnis mit immer wieder dem gleichen Gut zu befriedigen, wird es uns immer weniger befriedigen und zunehmend abstumpfen.

Das zweite Gesetz ist noch etwas sperriger:

Der Mensch, dem die Wahl zwischen mehren Genüssen frei steht, dessen Zeit aber nicht ausreicht, alle vollaus sich zu bereiten, muß, wie verschieden auch die absolute Größe der einzelnen Genüsse sein mag, um die Summe seines Genusses zum Größten zu bringen, bevor er auch nur den größten sich vollaus bereitet, sie alle teilweise bereiten, und zwar in einem solchen Verhältnis, daß die Größe eines jeden Genusses in dem Augenblick, in welchem seine Bereitung abgebrochen wird, bei allen noch die gleiche bleibt.“

Dies ist aber nachdem wir nun schon beim ersten Gesetz ein so anschauliches Beispiel hatten recht leicht erklärt. Anstatt 12 Biere in uns rein zu schütten, ist es taktisch sinnvoller nur 3 Stück zu trinken und statt dessen etwas Grillgut dazu zu holen. Wir substituieren in ein anderen Gut um für uns insgesamt einen größeren Nutzen heraus zu bekommen.

Und es gehört nicht viel Fantasie dazu sich vorzustellen, dass wir uns nach einem gemütlichen Grillabend vermutlich besser fühlen als nach 12 Bier ;)

Wer diese drei Grundsätze der Volkswirtschaft nun schafft in seinem Leben einzubauen und akzeptiert, wird unterm Strich ein zufriedeneres Leben führen, da er es schaffen wird mit dem gleichen Einsatz eine höhere Befriedigung zu erreichen. Soviel also dazu, dass die Volkswirtschaft mit seinem Axiom nach grenzenlosen Wachstum schreit. Das Gegenteil ist der Fall.

Ich persönliche halte es für wichtig sich diesem Mechanismus bewusst zu sein und kann ihn bei einem selbstreflektierten Verhalten bei mir nur bestätigen. Ist man sich diesen bewusst, kann man versuchen seinen Konsum zu optimieren. Und in jedem Fall habt ihr nun beim nächsten Bierabend ein interessantes Thema parat. Ich möchte aber warnen: Die Substitution von Bier auf Wein, Rum und Whisky zusammen mag volkswirtschaftlich Sinn ergeben um einen maximalen Nutzen anzustreben ... es gibt aber biologische und medizinisch Gründe die von Herrn Gossen nicht erfasst wurden ;)

Und so kann uns die VWL dabei helfen einen Grillabend zu optimieren und unterm Strich wesentlich mehr dabei raus zu holen. Und sollte die Gäste am Ende doch mal länger bleiben und nicht mehr nach Hause wollen, dann erklärt ihnen doch auch einfach mal die Gesetze und ich bin mir sicher, dass sie bald das Weite suchen werden ;)

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So anschaulich hat noch selten jemand VWL erklärt, die Beispiele merk ich mir. ;-)

P.S.: Finde den Artikel auch für @de-stem passend und lasse dir die kleine Steemstem-vote da.

Vielen Dank. Das Bierbeispiel geht tatsächlich auf den ehemaligen Prof hinaus, der mit seinem Hang zum Sarkasmus viele wunderbare Beispiele generierte. Sowas bleibt halt dann hängen, wenn man ein Nutzenoptimum zwischen Bier und Wein ausrechnen soll ;)

  ·  6 years ago (edited)

Tatsächlich hat so eine Heranführung des abnehmenden Grenznutzens schon einen positiven Effekt, wenn manchmal auch einen positiven externen Effekt, wie eben des eines gemütlichen Bierabends. Wenn man dann auch noch weiß, wie man mit der Grenzrate der Substitution umgeht, kann wahrlich eine budgebeschränkte Konsumbefriedigung den Gesamtnutzen bereichern. Hachja... Volkwirtschaft ist so simpel :D und die Menschen erst....

Ich merke, da ist jemand vom Fach ^_

  ·  6 years ago (edited)

Nur Grundlagen. Aber vieles ist hoch interessant, wie zum Beispiel Preisbeschränkungen/Höchst - und Mindespreiseinführungen. Meiner Meinung nach gehört sowas gesamtgesellschaftlich in die Allgemeinbildung.

Absolut. Die Volkswirtschaft gilt selbst unter den Wirtschaftern als ein wenig "staubig", dabei ist der Zugang zu jenen wesentlich einfacher als bei vielen Lehren der Betriebswirtschaft. Und gleichzeitig ist sie eben älter und beschäftigt sich mit Themen, die für uns eine echte Relevanz haben und gleichzeitig von viele als "interessant" eingestuft wird.

Ich bin fest überzeugt, dass wir eine wesentlich bessere Gesellschaft hätten, würde man die Konzept der Volkswirtschaft mehr in ihr verankert hätten. Hilft am Ende eben auch nichts nach einer gerechteren Verteilung zu fordern, während gleichzeitig mit sinnlosen Aktionen Güter verbrannt werden.

Noch nie gehört. Interessant wie Volkswirte versuchen naturwissenschaftliche Evidenz zu skippen :D

Man kann es ja auch invertieren und daraus ableiten wie das optimale Gut aussehen müsste. Es müsste das erste Gosschensche Gesetz verletzen. Dass dies möglich ist, wissen wir ja seit den Skinner Boxen in denen sich die Versuchsratten ohne Sättigung zum Kollaps stimulierten.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich Dich richtig verstehe. Eine Berechnung des optimalen Gutes ist auf Grund der schieren Komplexität des Problems nicht möglich. Wäre dies der Fall, würden wir keine Marktwirtschaft benötigen, sondern einfach Planwirtschaft nehmen und optimal betreiben.

Das Problem mit der Skinnerbox ist ja, dass Du die Welt des Tieres künstlich verkleinert. Wenn nichts anderes da ist, wirst Du immer das essen, was da ist. Dies ist ein Extremfall der in der Form hoffentlich nicht in unserer Gesellschaft real gelebt wird. Und nur weil ein Gut intensiv verkonsumiert wird (z.B. auf Grund von Abhängigkeit), heißt es noch lange nicht, dass man sich auch in seinem Nutzenmaximum befindet.

Aber selbst bei einem Junkie hast Du eben das Phänomen, dass die letzte Dosis immer einen geringeren Kick erzeugt und sie sich damit mittelfristig meist auf der Suche nach etwas "Alternativen" machen.

Zudem wird die VWL einen Teufel machen und naturwissenschaftliche Themen einzuweben. ;) Es geht um die Erklärung wie Güter optimal innerhalb einer Gesellschaft genutzt werden und wieso die einzelnen Akteure sich in einem freien Markt für eben diese Entscheiden. Dies ist eben wichtig bei Themen in denen es darum geht Preisfindung zu erklären.

tolle Erklärung danke dir. Ich dachte hier an eine bestimmte Skinnerbox wo die Ratte eine direkte Elektrode in ihr Belohnungszentrum bekam und die Wahl hat sich vom Schalter mit dem sie sich selbst stimuliert zu entfernen (ist natürlich ein schreckliches Ideal). Mit nichts Stofflichem ist das machbar wie du richtig sagst (Tolleranz, Refraktärzeit usw.). Aber soziale Medien wie Facebook und Whatsapp und auch Soziale-Computerspiele sind fast frei von jeglicher physischer Sättigung. Das einzige was hier limitiert ist, dass es nichts neues interessantes zu lesen/ erleben gibt oder dass sich eine Dringlichkeit aus dem realen Leben meldet. Ansonsten schafft man durch Immersion eine solche Box...was man ja merkt wenn man einige Stunden im Netz surft. Viele Junge Leute erzählen mir dass sie dank Netflix an einem Tag ganze Serien durchsuchten. Nicht nur Staffeln (was ja schon extrem ist) sondern Serien.

Dank in jedem Fall auch für das Resteem! ;)

Okay, verstehe. Das große Problem bei den Beispielen ist halt, dass eben das Gut zur Belohnung dort "frei" vorliegt. Weder beim Beispiel mit der Ratte noch z.B. soziale Medien liegt ja wirklich eine marktwirtschaftliche Entscheidung zu Grunde, da der Zugriff darauf ja "frei" ist.

Gerade beim Beispiel Social Media zeigt sich ja aber eben, dass durch den ständigen Konsum des immer gleichen Gutes eine Abstumpfung einsetzt, die eben keine Befriedigung mehr gibt und entsprechend häufiger das konsumiert werden muss um überhaupt noch einen Nutzen zu generieren.

Im Fall von Netflix ist es natürlich komplizierter, da hier ja durchaus ein Konsumgut erworben wurde, was danach dann nur in seiner Menge frei zur Verfügung steht. Das ist tatsächlich etwas, dass sehr interessant ist und ich mir momentan nicht ganz sicher bin, wie der Herr Gossen dort wohl argumentiert hätte. So wird der Konsument vermutlich sagen, dass er gerade weil er ne ganze Serie durchsuchtet sehr zufrieden ist, während objektiv vermutlich langfristig eine größere Zufriedenheit erzeugt hätte werden können, wenn er jeden Tag nur eine Episode gesehen hätte und den Nutzenzeitraum erhöht hätte.

In jedem Fall ist Sucht immer marktwirtschaftlich problematisch, da den Entitäten seitens der Lehre immer unterstellt wird sich rational im Gesamtsystem zu verhalten.

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Naja also 12 Bier. 11 Bier und das Grillgut tun es auch. :D

Wie beim investieren sollte man also auch den Konsum diversifizieren. Habe ich bis jetzt noch nicht bewusst ausprobiert, kann mir aber vorstellen, das dies sinnvoll ist.

Exakt das ist der Punkt. Wer häufiger mal seinen Konsum durchmixt wird man Ende zumindest das Gefühl haben mehr zu haben. Ich persönlich finde das eigentlich eine ganze gute Nachricht. Und die meisten Menschen bestätigen ja auch, dass sie es eher langweilig finden, wenn sie jedes Mal ins gleiche Restaurant eingeladen werden. Etwas Diversifikation schadet eben nicht ;)



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