"Warum sollte man Geld ausgeben für eine "Währung", die von keiner Institution kontrolliert wird ...?"

Gerade las ich genau diesen Leserkommentar zu einem SPIEGEL Online-Artikel über den Bitcoin: "Warum sollte man Geld ausgeben für eine "Währung", die von keiner Institution kontrolliert wird ...?"

"Genau deshalb!" würde ich ganz spontan darauf antworten. Ich verstehe nicht, wo dieses grenzenlose Vertrauen in Staat und Banken und das scheinbare "Bedürfnis", kontrolliert zu werden, herrühren? Warum sollten Banken und Staat, und nicht zumindest teilweise Menschen überall auf der Welt dezentral, die gesamte Kontrolle über das Geld besitzen?

Bitcoin und Co. garantieren genau die Freiheit, die mit der fortschreitenden Abschaffung des Bargelds verloren gehen wird (nicht umsonst stieg die Popularität des Bitcoins gerade jetzt in Indien). Sobald es kein Bargeld mehr geben wird, wird man ohne Kryptowährungen dazu gezwungen sein, sein Geld den Banken anzuvertrauen. Da niemand mehr sein Geld abheben kann, spricht aus Sicht der Banken dann nichts mehr dagegen, Negativzinsen auf Bankguthaben zu erheben.

Außerdem könnte überall dasselbe wie in Zypern drohen, wo der Staat im Krisenfall einfach große Anteile hoher Vermögen einzog (Glück hatte in Zypern derjenige, dessen Geld zu Hause lag - Glück wird zukünftig derjenige haben, der Bitcoins besitzt). Auch im Falle eines Banken-Crashs verfügte man ohne Bargeld bzw. Kryptowährungen über keinerlei Kontrolle mehr über das eigene Vermögen.

Käme hierzulande jemand wie Erdogan an die Macht, könnte er - nach Abschaffung des Bargelds - jegliches Geld einer missliebigen Person sofort einfrieren lassen (nicht einmal ein Brötchenkauf wäre dann noch möglich). Gut wenn den Bürgern dann noch nicht staatlich kontrollierte Währungen, wie z. B. der Bitcoin, zur Verfügung stehen.

Ein anderer Leser schreibt: "Das Bitcoin-System ist ein ausgeklügeltes Ponzi-Schneeballsystem. Und es wird von den meisten Nutzern kriminell genutzt." Ich frage mich, wie Menschen dazu kommen, ohne Hintergrundwissen und Quellenangaben, einfach solche Behauptungen in den Raum zu stellen?

Gerade der Bitcoin sollte dadurch, dass die maximale je zu "minende" Menge bereits festgelegt und begrenzt wurde, viel besser vor Inflation geschützt sein, als herkömmliche Währungen, die bisher noch immer früher oder später durch Inflation entwertet wurden. Dass monatlich von der EZB viele Milliarden Euro in den Markt gepumpt werden, ist auch nicht gerade beruhigend ... Ich gehe stark davon aus, dass der Wert des Bitcoins und anderer Kryptowährungen weiter mit der zunehmden Anzahl ihn nutzender Menschen steigen wird.

Und dass virtuelle Währungen in erster Linie zu kriminellen Zwecken verwendet werden, sehe ich nirgendwo belegt. Was ich bisher dazu las, deutet eher in eine andere Richtung, wie z. B. dieser Artikel. Abgesehen davon halte ich die relative Anonymität von via Bitcoin erfolgten Transaktionen (sie sind nicht ganz so offensichtlich einer bestimmten Person zuzuordnen) für den Konsumenten für absolut begrüßenswert: Wären weder Bargeld noch Kryptowährungen verfügbar, würde das den Bürger noch gläserner machen, als er ohnehin schon ist: Wirklich jeder noch so kleine Einkauf, alles was man jemals bezahlen würde, wäre für Staat/Behörden/(Finanz-)Ämter, Geheimdienste, Versicherungen, Banken und vermutlich auch Firmen problemlos einsehbar.

Und last but not least erfolgen Zahlungen per Bitcoins komfortabel, schnell und ohne durch Banken erhobene Wechsel-, Kontoführungs- oder andere "Service"gebühren.

Warum sehen so viele Menschen fast nur Nachteile, statt die Chance zu ergreifen, etwas Neues und Vielversprechendes zu wagen?