Meine Programmiererlaufbahn :)

in blog •  7 years ago 

Speziell ein Artikel für @faxe; ob ich hiermit die Frage klären kann, warum ich den Beruf nicht mehr so mag, mal sehen ... :)

Ich bin, was die Arbeit mit dem Computer angeht, familiär vorbelastet. Das mutet angesichts meiner größtenteils in der DDR verlebten Kindheit möglicherweise seltsam an, aber so ist es. Meine Eltern nahmen die berufliche Tätigkeit im IT-Umfeld einfach in den Westen mit, als wir nach Hessen umzogen. Ich hatte das Glück, nach Abschluß der Realschule noch 3 Jahre Oberstufengymnasium dranhängen zu können; die Frage, was ich beruflich machen wollte, mußte ich also erst mit 18 für mich klären, was mir sehr entgegenkam.

Just zu dieser Zeit (1996-1999) wurde das damalige Berufsbild EDV-Kaufmann abgelöst durch die neuen Ausbildungen zum Fachinformatiker (mit den Fachrichtungen Systemintegration bzw. Anwendungsentwicklung) sowie den IT-Systemkaufmann. Parallel oder ein Jahr später entstand auch das Berufsbild des Systemelektronikers und es gab auch noch einige Neuerungen mehr.

Ich hatte das Glück, nach einigen erfolglosen Bewerbungen für Ausbildungsstellen zum Fachinformatiker doch noch bei einer kleineren Firma unterzukommen. Wir waren genau drei Azubis für die drei neuen Berufe und ich war eben die Fachinformatikerin Anwendungsentwicklung. Bis zum Antritt der Ausbildung und vielleicht auch noch kurz danach war ich mit dieser Wahl absolut happy. Ein Jahr danach hätte ich am liebsten in die Systemintegration gewechselt. Ich war kein Typ für Hardwaresachen, aber das Programmieren lag mir - ehrlich gesagt - auch nicht.

Mein Aufgabenbereich in der Firma war u.a. eben auch, mich mit Visual Basic (mit und ohne MS Office darunter) auseinanderzusetzen. Wie gut mir das gelungen ist: unklar. Richtig auf die Schnauze gefallen bin ich erst, als es ans Abschlußprojekt der Ausbildung ging. Ich hatte damals schon Gefallen an Linux gefunden, war überzeugt, eine Umsetzung des Projektes als Webapplikation mit einem Apachen dahinter und PHP im Frontend sei viel besser als dasselbe auf Basis der Technologie, die im Unternehmen verwendet wurde. Ich war auch überzeugt, das umsetzen zu können. Naja, der Abgabetermin kam, die Zeit (oder mein Können?) hatte nicht gereicht, die Datenbank war nicht fertig, das Frontend sowieso nicht und Usability?

Ich weiß nicht mehr, wie ich dieses Projekt vor der IHK präsentiert habe, ohne im Boden versunken zu sein.

Schulische Inhalte dieser Ausbildung waren übrigens (u.a.) die Programmierung mit C++ (die sich der Lehrer parallel zum Kurs selbst beibrachte), das Arbeiten mit x86-Assembler und der Aufbau eines Projektraums Multimedia, der sich über ein Jahr hinweg durch alle Kurse zog und meinem Block die Installation der Rechner als Aufgabe zuschob. Ich erinnere mich dunkel, daß ich einmal daran gescheitert bin, das erstellte Image auf einen Zielrechner aufzuspielen. Autsch.

Im Gegensatz zu den beiden anderen Kollegen übernahm mich der Betrieb nach der Ausbildung nicht, was auch irgendwie mit Umstrukturierungen nach einer Übernahme erklärbar war.

In den zwei Jahren danach war ich vor allem im Support tätig, beschäftigte mich privat mit Linux, durfte in der Arbeit Solaris kennenlernen und sogar zu einem Administratorkurs, bevor auch dieser Betrieb Umstrukturierungen ausgesetzt war. Das Interesse an Java wurde geweckt, aber da ich mich nicht dazu durchringen konnte, in die Entwicklungsabteilung zu wechseln (ich habe es mir einfach nicht zugetraut!), war auch dieser Job nach eineinhalb Jahren leider Geschichte.

Einer spontanen Eingebung, die ich zwei Jahre zuvor schon gehabt hatte, folgend, schrieb ich mich nach fast einem halben Jahr erfolgloser Arbeitssuche für Physik ein. Der Mathe-Vorkurs, bei dem mich fast alle anderen gnadenlos abhängten, hätte mir eine Warnung sein können, aber ich war zu fixiert, um überhaupt das Vorhaben in Frage zu stellen. Es war das Jahr 2002 und IT-Jobs ... naja, es mag sie noch gegeben haben, aber nicht für mich, mit meinen "Spezialitäten". Ich wollte auch die "großen Maschinen" bedienen können, also schien mir das Physikstudium unumgänglich.

Ich stieg gleich im 1. Semester als studentische Hilfskraft in einem Programmierprojekt einer Arbeitsgruppe ein, kam wieder nicht richtig zu Potte und startete dann den Rest der Studienzeit keinen Versuch mehr, in meinem erlernten Beruf neben dem Studium Geld zu verdienen. Ich hatte eh genug damit zu tun, am Stoff dran zu bleiben.

Für mich war es aber trotzdem naheliegend, das Angebot des Fachbereichs Informatik für das Nebenfach zu nutzen. Los ging's mit Java-Applet-Programmierung, später im Hauptstudium folgten als Inhalte UML, Java-Interpreter und die eigene Erstellung eines Interpreters. Eine der Veranstaltungen, von denen ich am meisten profitiert habe. Der Besuch der Vorlesung IT-Sicherheit, in der ich eine mündliche Prüfung ablegte, war dagegen eher ein Fiasko - und auch dies hätte mir Warnung für später bevorstehende mündliche Prüfungen sein müssen. Ich habe nämlich keine davon richtig gut absolviert.

Ein Bekannter fing zwei oder drei Jahre nach mir ein Informatikstudium an. Ich konnte mich also live davon überzeugen, daß ich dieses Studium nicht geschafft hätte. Selbiges gilt übrigens für Mathematik.

Nach 7,5 statt der beabsichtigten 5 Jahre und mit einer schlechten Drei statt einer guten Zwei verließ ich 2010 die Uni mit dem Ziel, am Thema Kernspinresonanz bzw. Materialforschung dranzubleiben. Medizininformatik hatte mich vor dem Studium schon interessiert, jetzt wäre ich gern in die Medizinphysik gewechselt. Dazu kam es nicht, aber durch einen glücklichen Zufall landete ich (leider nicht mehr als für ein Jahr, und diesmal war es wirklich nicht meine Schuld) bei der IT eines Pharmakonzerns, war als Second Level Support für die Branchensoftware tätig, lernte etwas über Software-Validierung, durfte Datenbankinhalte warten - und saß nach 13 Monaten wieder auf der Straße.

Und dann fing der Kreislauf der Bewerbungen und der in der Probezeit krankheitsbedingt gekündigten Arbeitsverhältnisse an. Übrigens habe nie ich gekündigt, sondern immer die Arbeitgeber - und die einzige Ausnahme waren eineinhalb Jahre als Freiberufler in einer internationalen Behörde, aber auch hier endete die Projektlaufzeit für mich krankheitsbedingt 2 Monate eher als geplant.

2016 habe ich dem Jobcenter mitgeteilt, daß ich so nicht weiterleben könne. Glücklicherweise ist damit der Druck, mir eine Arbeitsstelle suchen zu müssen, von mir genommen worden. Die dafür notwendige Souveranität hat sich aber gleich mit verabschiedet.

Die Programmier- und Skriptsprachen, die ich in den Jahren 1998-2013 durch Unterricht oder Selbststudium kennenlernte:
Visual Basic
Visual Basic for Applications
PAISY Info
C/C++
PHP
Perl
bash
Java
XML
SQL

Zirka 90% davon dürften verschüttet sein. :(

Im Herbst 2016 sprach mich ein Bekannter an, ob ich nicht in seinem IT-Unternehmen aushelfen wolle. Ich habe wohl nicht so überzeugend gewirkt, daß er den Impuls verspürt hätte, sich noch einmal zu melden.

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Hallo isarmoewe, vielen Dank für deinen Artikel und deinen Mut diesen überhaupt zu verfassen. Ich habe mir deinen Artikel zwei mal an zwei unterschiedlichen Tagen durchgelesen. Für mich klingt das alles wie die oberste Spitze eines Eisbergs. Ich denke das nicht das programmieren, also dein Job, das Problem ist, sondern etwas ganz anderes in deinem Leben. Entschuldige wenn ich dir zu nahe trete, aber es ist ganz offensichtlich so. Ich sage das so, weil ich selbst ungeliebte Jobs hatte, würde darüber jedoch anders schreiben. Ich kann mir aber vorstellen wie es ist einen Job machen zu müssen den man nicht machen kann, aus „komplizierten Gründen“. Ich will auch garnicht weiter dazu schreiben, aber ich habe mal was gelesen wie: je größer die Angst davor ist, desto wichtiger ist es, es anzugehen.

Mir kann man kaum noch zu nahe treten. ;)
Schön, daß ich Dich damit erreicht habe.

Irgendwie ist es schön zu sehen, wenn Menschen ähnliche Erfahrungen und Laufbahnen hinter sich haben. Ich hab endlich meinen Traumjob in der IT.

Hoffentlich nicht bei Auticon? O.O

Nicht dort. :) Bei einem Versicherungsunternehmen!

Gut. :) Ich hab mit dieser Firma schlechte Erfahrungen gemacht. Die müssen nicht auf ganz Deutschland übertragbar sein, könnten aber. ;)