So gegen Ende des Jahres ist üblicherweise doch eine recht gute Zeit um ein wenig das letzte Jahr privat noch einmal vor dem geistigen Auge ablaufen zu lassen. Ursprung von so manchem Neujahrsvorsatz, der vermutlich bereits innerhalb der ersten Wochen unerledigt verpufft. Dennoch kann es durchaus Sinn machen einmal selbst zu sich ehrlich zu sein und ein wenig in sich zu gehen.
Mir ist dabei aufgefallen, dass ich in diesem Jahr leider nur sehr wenig gelesen habe. Dies ist aus meiner Sicht verdammt Schade, da man auf diese Weise doch so manches verpasst. Aus meiner Sicht besteht ein nicht unerheblicher Teil des gesellschaftlichen Autismus daher, dass sich jeder lieber mit sich selbst und seinen Gedanken befasst, anstatt in die Gedankenwelt fremder Menschen einzutauchen.
Doch erst durch das Lesen von Texten kann man die Abenteuer und Vorstellungen anderer Menschen wirklich effektiv erfassen und erleben. Ein Gespräch läuft üblicherweise unkoordiniert ab und schlägt schnell in die eine oder andere Richtung hin. Ein gutes Buch hat dagegen einen roten Pfaden, den wir als Leser verfolgen können.
Dabei spielt es aus meiner Sicht gar nicht so eine Rolle, was man dabei verkonsumiert. Man kann schließlich nicht dauernd nur Fachbücher verkonsumieren, sondern muss auch einmal etwas zur Unterhaltung lesen. Auch dabei kann man immer noch viel lernen und hält sein Hirn ein wenig aktiv.
Da mir zum Lesen leider oft Zeit fehlt, bin ich in diesem Jahr ein wenig auf Hörbücher umgestiegen. Ideal um einige Todzeiten während des Pendeln zu erschlagen. Gerade bei Geschichten oder Podcasts funktioniert dies wirklich ausgezeichnet, sobald es allerdings in Grafiken übergeht wie sie oft in Fachbüchern vorkommen, stößt dies an seine Grenzen.
So habe ich dieses Jahr immerhin 2 Teile der „Trisolaris“-Triologie durchbekommen. Ein Werk eines chinesischen Autors, der sich mit der Frage befasst, was wohl passiert, wenn feindliche außerirdische die Erde finden und sich auf den Weg machen. Die Menschheit weiß genau, dass ihre Vernichtung in einigen hundert Jahren bevorsteht und die Triologie beschäftigt sich damit, wie dies das Denken der Menschen verändert.
Besonders interessant fand ich hierbei wie Chinesen sich die Zukunft vorstellen und war teilweise sehr überrascht wie offen über einige Dinge gesprochen wird, die ich eigentlich für zensurwürdig gehalten habe. Einige Vorurteile wurden durchaus erfüllt (eine merkwürdige Form des Nationalismus), während andere mich sehr überraschten. So erheben die Chinesen keineswegs alleinige Machtansprüche darin, sondern durchaus eine kooperative Weltregierung.
In jedem Fall interessant, da eben Scifi immer auch das denken der Gesellschaft wiedergibt und China eben doch irgendwo ein für uns abgeschottetes Land ist. In einer globalisierten Welt, sollte man jedoch nicht zu den Menschen gehören, die sich bewusst komplett davor verschließen und eben mit den Gedanken dieser Menschen zu beschäftigen.
Zudem habe ich endlich auch mal Kiyosakis „Cashflow Quadranten“ gelesen, der mir immer wieder ans Herz gelegt wurde. Wirklich viel Neues habe ich nicht daraus genommen, da mir die Quadranten durchaus bereits geläuftig waren. Selbstständige und Angestellte auf der einen Seite, die Zeit gegen Geld tauschen, sowie Businessleute und Investoren auf der anderen Seite, die Geld nutzen um Geld zu verdienen.
Es versteht sich von selbst, dass ich dort bereits klare Stellung bezogen habe. Dennoch gerade für Einsteiger sicherlich sehr empfehlenswert um ein wenig in das Denken der Kapitalgewinnung zu finden und allemal interessant zuzuhören, wenngleich einige Annektoten irgendwann ein wenig ausgelutscht daher kommen. Der naive Kiyosaki mit seinen beiden Vätern ist allerdings doch recht kurzweilig.
Auch die Biographie „Die Kunst über Geld nachzudenken“ von Kostolany habe ich mir dieses Jahr zu Gemüte geführt. Was soll ich sagen, wer sich ein wenig mit dem Denken der Investoren beschäftigt hat, kommt nicht um Kostolony vorbei. Ein Mensch der fast so alt wie die moderne Börse ist, hat soviel erlebt und einiges an kuriosen Annektoten auf Lager. Gerade die ruhige Art des Vorlesers lässt einem da durchaus manches mal schelmisch Schmunzeln.
Bescheiden war Kostolony sicherlich nicht. Aber er verstand es auf den Boden zu bleiben und bei einem Sturz durchaus auch wieder auf die Beine zu kommen. Sehr beispielhaft z.B. wie seine Kollegen allesamt damals auf einen Sieg der Nazis wetten, während Kostolany das Weite suchte und nach Amerika floh. Mit durchaus ausreichend Geld, langweilte er sich bald und versuchte bei Goldman Sachs in die leere zu gehen. Gerne auch ohne Bezahlung.
Diese erwiderten ihm, dass man ihn gerne genommen wäre. Wäre er doch nur ein armer jüdischer Kriegsflüchtling und nicht einer der für sein eigenes Leben sorgen könnte. Somit hätte er gar keine Motivation mehr richtig zu Arbeiten. ;)
Wer sich für Menschen interessiert und bereits einiges an Erfahrung mit sich bringt, wird hier sicherlich ein wenig im Leben des Kostolony schmöckern können.
Quality Land ist eine „lustige Dystropie“ von Marc-Uwe Kling, der auch für die „Kängeru-Chroniken“ verantwortlich ist. Ein Land irgendwo auf der Welt (vermutlich Deutschland) steht mal wieder am Abgrund. Irgendwie schafft man es nicht das Image des Landes nach einigen verpatzen Kriegen auf Vordermann zu bringen. Deswegen beschließt man ein paar Unternehmensberater zu engagieren, die prompt eine neue Country Identity erarbeiten. Das Land wird kurzerhand in „Qualityland“ umbenannt.
Bereits hier merkt man wie schräg die Story ist. Denn das Land ist wie ein böser Spiegel unserer Zeit oder wie es mal werden könnte. Ein Socialscore bestimmt das Leben jedes Bürgers. Der Protagonist „Peter“ wurde gerade auf Level 9 abgestuft und gehört damit offiziell zur Kategorie der „Nutzlosen“. Kein Wunder, dass sein Leben so hart ist.
Kaum ist man frustriert, schwirrt schon unaufgefordert eine kleine Drone an um einen das Sixpack zu bringen und man bestätigt den Kauf mit 10 Punkten, weil man weiß, dass alles andere einen Fragebogen zur Folge hat. Alles im Leben scheint sich nur noch mit einem „Okay“ bestätigen zu lassen und ansonsten ist von der Partnerwahl bis zum Shopping alles bereits durchorganisiert.
Doch eines Tages ändert sich das Leben von Peter schlagartig. Eine Lieferdrone bringt ihm einen rosa Delphinvibrator. Er ist brüskiert, weil er damit überhaupt nichts anfangen kann, doch die Rückgabe gestaltet sich schwieriger als angenommen.
Auf den ersten Blick in Paradise, doch hinter der Fassade sind viele kritische Probleme verborgen. Gerade auch für technische Laien werden einige Probleme gut und unterhaltsam erklärt. Man darf hier kein Werk a la 1984 erwarten, aber Kling schafft es unterhaltsam eine einfache Konsumgeschichte mit viel schwarzen Humor zu erzählen.
Metro 2033 ist ebenfalls eine Dystropie. Die Welt ging in einem Atomkrieg unter und wenige Menschen verschanzen sich in der russischen Metro um dort um ihr überleben zu kämpfen. Nach wenigen Jahren ist nichts mehr so, wie es einmal war. Während die Stationen von unterschiedlichen Fraktionen bewohnt werden (Kaufleute, Faschisten, Kommunisten), lauert zwischen den Linien der Tod.
Merkwürdige Kreaturen dringen immer wieder ein und töten Karawanen. Die Geschichte erzählt von einem jungen Mann, der unerwartet in etwas größeres hineingezogen wird. Wer ein wenig das russische Stalkerflair mit einer beklemmenden Geschichte und einer Brise Endzeit mag, wird hier fündig.
Alleine schon wie die Menschen sich organisieren ist recht einmalig. So gibt es üblicherweise nur eine einzige harte Währung in der Metro... Kugeln. Denn diese lasen sich nicht so leicht mehr herstellen. Fast alles ist irgendwie Mangelware geworden, da sich unterirdisch eben nur wenig anbauen lässt. Aus den Ruinen der Zivilisation erwächst eine neue Ordnung.
Darüber hinaus habe ich hier ja auch bereits beschrieben, dass ich mich endlich einmal an die Dune-Saga gewagt habe. Ebenfalls ein Scifi-Klassiker, der viel zu lange bei mir auf der Liste stand.
Neben den Hörbüchern sollen aber auch im neuen Jahr die Fachbücher nicht zu kurz kommen. Ich plane daher ein Sonderbudget von 20€ pro Monat ein, dass ich jedes Jahr auf 0 € runterfahren will. Budgets kann man eben nicht nur zum sparen nehmen, sondern auch um etwas auszugeben ;)
Alle 2 Monate ein Fachbuch von 800 Seiten, sollte durchaus zu schaffen sein. Natürlich könnte es auch mehr sein, aber man soll sich ja auch realistische Ziele setzen. Ansonsten kann ich ja immer noch im neuen Jahr nachzujustieren ;)
Wie sieht es bei Euch aus? Was steht bei Euch im neuen Jahr noch alles auf der Leseliste oder was fandet ihr erfrischend?
Hier ein großartiges und sehr langes Interview von Kostolany in zwei Teilen.
Ich liebe seinen Akzent:
Teil 1:
Teil 2:
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Vielen Dank für die nette Übersicht.
Die "Trisolaris" Trilogie stand aus irgendeinem Grund eh schon auf meiner Liste an interessanten Büchern. Zeit sich dran zu machen :)
Metro 2033 kann ich auch nur wärmstens empfehlen.
Wie auch einige andere Bücher von russischen Autoren wie z.B. Sergei Lukjanenko.
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Ja, ist auf jeden Fall interessant. Es gibt durchaus auch seine langatmigen Stellen, die sich weird anfühlen, aber es gibt viele interessante Überlegungen darin. Wer mal ein wenig Scifi haben möchte, was nicht mit den 0815-Themenatiken auseinandersetzt wird da sicherlich Freude dran haben :)
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Hab mich jetzt mit Wikipedia gespoilert... Klingt wirklich sehr speziell; durchaus auch positiv gemeint.
Kommt auf meine Liste zum Lesen. Muss nun nur so lange warten, bis ich den Inhalt wieder vergessen habe ;-)
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Die Trisolaris-Trilogie hatte ich auch gelesen - sehr gut, besonders der dritte Teil.
Ich lese gerade (zum Einschlafen) zum dritten (!) Mal "Endymion" von Dan Simmons - immer wieder gut. Daneben auch was über "Lost Places", "What If" von Randall Munroe und die Bedienungsanleitung von meiner neuen Kamera :)
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Hyperion & Endymion Saga? Klingt auf jeden Fall erst einmal auch interessant, werde ich mal mit auf die Liste nehmen. Okay und Munroe ist natürlich auch ein Begriff.
Was die Kameraanleitung angeht bleibt nur zu hoffen, dass sie etwas ähnelt was dem Deutschem ähnelt und Du nicht dafür erst Mandarin lernen musst ;)
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