Richtig interessanter Beitrag.
Allerdings finde ich die Bewertung von Intelligenz relativ heikel.
Intelligenz ist ja ein sehr abstraktes Konstrukt dessen Definition sich zwangsläufig von Individuum zu Individuum unterscheidet.
Die Definition, was ist Intelligenz, ergibt sich durch die Methode der Messung, sprich die Messmethode IST die Definition der durch die Methode ausgewiesenen Intelligenz. Demnach gibt es auch so viele "verschiedene" Intelligenzen wie es unterschiedliche Messmethoden gibt.
Nun ist das Wort Intelligenz aber sehr stark in unseren alltäglichen Sprachgebrauch integriert. Die Vorstellung jedes Einzelnen davon, was Intelligenz ist, muss sich zwangsläufig unterscheiden und kann sich nicht mit einer einzelnen Messmethode decken. Aus diesem Grund gibt es wohl auch viele Vorbehalte gegenüber dem Gleichsetzen von IQ und Intelligenz. Wir spüren quasi, dass die Messmethode zu wenig oder andere Einflussfaktoren berücksichtigt , so dass sich diese "Definition" von Intelligenz nicht mit unserer eigenen Vorstellung davon deckt. Das Ausweichen auf mehrdimensionelle Modelle oder anderst gesagt, der Einbezug von noch mehr Einflussfaktoren in die Messmethode, mag für manche eine Linderung unserer Vorbehalte gegenüber dem IQ bringen, jedoch wissen wir aber eigentlich schon jetzt, dass auch neuere Messmethoden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht der Komplexität unserer Vorstellung von Intelligenz gerecht werden wird.
Je mehr Einflussfaktoren wir in die Messung von Intelligenz aufnehmen, desto Chaotischer kann sich dieses "Konstrukt" verhalten und desto umfassender und komplexer müsste auch die Anleitung zur Interpretation des "Messergebnisses" gestaltet werden. Dies führt dazu, dass wir irgendwann zwar extrem komplexe Messmethoden haben werden, die Interpretation aber ebenso schwammig und komplex ist, dass aussagekräftige Studien für das selbe Mass an relevanter Aussagekraft tendenziell immer aufwändiger und umfangreicher werden müssen.
Die Nutzung des Wortes Intelligenz in wissenschaftlichen Abhandlungen finde ich aus diesem Grund gelinde gesagt heikel. Es müsste meiner Meinung nach viel stärker hervorgehoben werden, mit welcher oder welchen Definitionen von Intelligenz gearbeitet wurde, so dass Vergleiche überhaupt erst möglich werden.
Kurz gesagt wird es wahrscheinlich nie eine Definition von Intelligenz geben, die sich mit unserrer individuellen Vorstellung davon deckt. Aus diesem Grund sollte der Begriff in der Wissenschaft gar nicht erst genutzt werden.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Korrelation zwischen Armut und Intelligenz auch daher kommt, dass wir diejenigen Eigenschaften einer höheren Intelligenz zuschreiben, welche vornehmlich zu einer höheren ökonomischen Leistungsfähigkeit führen. Intelligenz währe demnach eine Ableitung der Messung ökonomischen Erfolges und müsste deshalb konstruktionsbedingt mit ökonomischem Erfolg korrelieren. Aus der Korrelation Kausalität abzuleiten ist schon heikel, aus Ihr auch noch die Richtung der Kausalität ableiten zu wollen ist demanch noch heikler.
Interessant wäre auch eine Untersuchung, ob die beobachteten Unterschiedlichen Entwicklungen innerhalb des SES aus evolutionstheoretischer Sicht zu einem Vorteil oder Nachteil führen. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass in einer von starkem Konkurrenzdruck geprägten Umgebung eine einfachere dafür schnellere (in Relation) Sprachverarbeitung und verminderte Impulskontrolle durchaus vorteilhaft sein könnten.
Das Überführen solcher Ergebnisse in Programme zur Intervention und Prävention (Die RICHTIGE Kinderpflege) finde ich dahingehend heikel, da damit das Stigma richtig/gut/intelligent = maximale ökonomische Leistungsfähigkeit gefestigt wird.
Eventuell sollten wir uns besser dahingehend hinterfragen, ob dies tatsächlich zu einem Mehrwert für die "Allgemeinheit" führt oder ob dies hauptsächlich den ökonomisch Leistungsfähigsten zugute kommt. (Mitunter eben jene welche wissenschaftliche Untersuchungen vornehmen) Überspitzt gesagt belegen die Intelligenten damit, dass die Intelligenteren intelligenter sind und mit dem RICHTIGEN Verhalten, alle so GUT oder zumintest BESSER werden.
Ich persönlich würde ja eher das als gut, richtig oder besser benennen, was möglichst viele, möglichst nachhaltig, glücklich und zufrieden macht. Ob da Intelligenz und ökonomische Leistungsfähigkeit das Mass der Dinge darstellt, könnte man ja mal untersuchen :-)