Der Spatenstich und sein Zerrbild im Spiegel der Gesellschaft
Seit meiner letzten, öffentlich beachteten Spatenstecher-Kritik ist einige Zeit verstrichen und man sollte meinen, mittlerweile hätten alle das alte Ritual verstanden. Zu meinem großen Unverständnis muss ich jedoch feststellen, dass gerade Politiker und leitende Angestellte der öffentlichen Hand, mit ihren repräsentativen Pflichten immer noch schlampig, ja sogar fahrlässig umgehen. Mit Akribie habe ich in meiner bahnbrechenden Spatenstich-Arbeit vor ca. 5 Jahren herausgearbeitet, wie selbiger Akt korrekt, im Sinne von Tradition und Anstand durchzuführen ist und niemand, nicht einmal die damals Kritisierten selbst, haben je einen Anlass gesehen, sich gegen die unbändige Wucht überzeugender Argumente zu stemmen. Man hat die Ohrfeige anstandslos akzeptiert und über feine, diplomatische Verästelungen wurde sogar Besserung gelobt. Wenn ich es nur unterlassen würde, jede auch zweitrangige Spatenstichzeremonie im Main-Kinzig-Kreis fachgerecht, kritisch zu begleiten. Ich hatte mich an meinen Teil der Abmachung gehalten. Um so ärgerlicher ist es, in der nun zufällig heraus gegriffenen Spatenstecher–Kontrollgruppe Personen festzustellen, die es aufgrund meiner fundierten Kritik, längst besser wissen sollten. Zur Verfestigung der Gesetzmäßigkeiten eines korrekten Spatenstiches, will ich also noch ein Mal, anhand der auffälligsten Verfehlungen der Akteure dieses neuesten Ereignisses, exemplarisch herausarbeiten, wie Besserung herbei zu führen ist.
Kontrolle des zugehörigen Presseberichts auf Plausibilität
Es geht nicht an, dass ein Pressesprecher verkündet, ein Spatenstich sei erfolgt, obwohl ganz offensichtlich niemand in das Erdreich vorgestoßen ist. Hier fühlt sich der Bürger zu Recht hintergangen. Ein Sonntagsspaziergang über die ausgasende Müllhalde würde diesen Zweifel sicher bestätigen. Man erkennt deutlich, dass die Spatenstecher gar zu träge sind, das Erdreich überhaupt korrekt anzustechen. Man könnte zwar behaupten, sie seien bereit es jederzeit zu tun. Die Körpersprache jedoch, die beschreibt ein ganz anderes Szenario: Man denkt nicht im Traum daran, mühsam in das Erdreich vorzudringen. Immerhin kennen auf der Müllkippe des Geschehens alle die Gefahr, eine giftige Gasblase anzustechen (s. Bld. o. Horizont).
Foto: Juergen Dick, Bruchkoebel
Fachgerechter Umgang mit dem Gerät
Einzig der handwerklich versierte Bürgermeister Maibach Bergauf scheint etwas von der spezifischen Gewichtsverlagerung auf das Spatenblatt zu verstehen, die den Menschen dazu befähigt, einen korrekten Stich in das Erdreich hinein zu führen. Zwei Personen sind ganz ohne Arbeitsgerät erschienen und der Mann, rechts außen, hat das Thema Spatenstich in keiner Weise, überhaupt nur angedacht. Mit seinem Gerät kann er allenfalls das Gras bekratzen, wobei er schon an der nächsten Bodenwelle hängen bleiben wird. Die Dame in der Mitte unterwirft sich nicht einmal der Mühe des Antäuschens eines geringfügigen Körpereinsatzes. Wie wollen die „Akteure” ausgehobenen Boden entsorgen? In der gezeigten, dicht aufgestellten Formation würden sie sich die Spaten gegenseitig um die Ohren schlagen. Immerhin, das Arbeitsgerät von neun Personen ist diesmal erfreulich korrekt, wenn auch beinahe schon jeder in seiner Haltung das kommende Versagen signalisiert. Es wird kein Stich.
Funktionskleidung
Drei Repräsentanten haben ihren Helm vergessen. Das ist alleine aus arbeitsrechtlichen Gründen katastrophal und der Veranstalter kann nur hoffen, dass dieses Foto nicht auf einem Pult der Berufsgenossenschaft gebührenbewehrte Ahndung findet. Natürlich ist jeder Spatenstich auch ein gesellschaftliches Ereignis. Vor den Lohn hat der Herr die Mühe gesetzt und da gebietet es sich, eine angemessene Arbeitskleidung mit dem passenden Schuhwerk zu tragen. Auch Mischformen von Privat- und Funktionskleidung (Zweiter von rechts) täuschen nicht darüber hinweg, dass die Prioritäten der handelnden Personen ausschließlich beim vergnüglichen Teil der Veranstaltung zu liegen scheinen.
Fazit
Der Mensch erkennt Widersprüche. Viele vermögen das nicht recht zu artikulieren, doch unterschwellig wirkt die Szene verheerend auf das Ansehen aller Akteure, sowie ihres jeweiligen Berufsstandes und die öffentlichen Kassen. Ich empfehle, vor dem nächsten Spatenstich, die Konsultation einer ausgewiesenen Kapazität auf dem Gebiet alter, bedeutsamer Rituale. Aufgrund der Begriffsstutzigkeit vieler Akteure steht ansonsten bald eines der ältesten Rituale unserer christlichen Wertegemeinschft zur Disposition. Mit solch, missglückten Auftritten, ist dem Werteverfall weiterhin Tür und Tor geöffnet.