[DE] Delius: Requiem · Blick hinter die Kulissen bei MDR Klassik in Leipzig

in deutsch •  6 years ago  (edited)

Leipzig und die Klassiker

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Oben seht ihr den Chor und unten das Orchester bei der Probe zu Delius' Requiem.

Der vergangene Samstag war ein ganz besonderer Tag für mich. Der eine oder andere hat ja schon mitbekommen, dass ich mich mehr und mehr für klassische Musik interessiere. Am 24.11. durfte ich das erste Mal ein Symphonieorchester live hören. Und zwar die Probe von Delius' Requiem im Gewandhaus Leipzig. Am Abend war ich dann noch in einer Aufführung von Verdi's Requiem.

(Falls ihr euch wundert: Der vergangene Sonntag war der Totensonntag, daher häuften sich an dem Tag die vielen Totenmessen ;)

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Der Hintergrund meiner Leipzig-Reise war eine Einladung von MDR Klassik. Ich habe mich tatsächlich eine halbe Stunde vor Einsendeschluss auf den Aufruf beworben, an einem Blick hinter die Kulissen teilzunehmen. Und ich habe mich irrsinnig gefreut, dass ich dabei sein durfte. Wie groß der Andrang war, kann ich nicht sagen, aber ich denke geringer, als ich zunächst dachte.

Meine Freude trübte sich nach 7 Stunden Busfahrt etwas. Ich kehrte ziemlich müde in das Space Hotel Leipzig ein (sehr empfehlenswert für Anspruchslose, es liegt überall Star-Trek-Spirit in der Luft 🚀, aber durch Gemeinschaftsbäder und -toiletten nichts für Anspruchsvolle) und bereitete mich auf den relativ frühen Beginn der Führung vor (08:45 Uhr).

Ich höre MDR Klassik seit etwa 2 Jahren regelmäßig. Der Sender bedient v.a. den Ballungsraum Leipzig-Halle (Sendeort ist Halle an der Saale, aber viele Aufnahmen stammen auch aus Leipzig). Er kooperiert zwar mit BR Klassik, ist aber dennoch stark regional. Das merkt man z.B. an den Verkehrsdurchsagen, den Konzerthinweisen (bzw. -orten) und regionalen Komponisten wie z. B. Georg Philipp Telemann.

Es ist tatsächlich so, dass ich zu Hause am Rechner sitze, arbeite und alle zwei Stunden die Verkehrsdurchsagen für die Region Halle/Leipzig höre und was da musikalisch so abgeht ^^

Warum ich nicht BR Klassik höre, den Sender in meiner Nähe, kann ich nicht sagen. Ich denke, ich bin einfach ein Gewohnheitstier. Irgendwann gebe ich dem Sender sicher auch mal eine Chance. Aber da MDR Klassik der erste Klassiksender war, den ich werbefrei über das Internet gehört habe, bin ich eben einfach bei ihm geblieben.

Jeeeeeeeeeeeeeedenfalls wurden ich und 15 weitere Besucher im gesamten Sendehaus herumgeführt. Es gibt wie ich gerade sehe ein kleines Video der Tour, in dem ich auch ab und zu zu sehen bin.

Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, gehören die ersten 5 Etagen des Hauses MDR Klassik und die restlichen sind untervermietet. Wir sahen einige Räume, in denen teils sehr teure Instrumente lagern, Chorprobenräume, das Notenarchiv und einen relativ kleinen aber sehr modern ausgestatteten Tonraum.

Ein Schlagzeug-Student, der den frommen Wunsch hegte, unbehelligt in einem abgedämpften Raum für Schlaginstrumente zu üben, hat mich beeindruckt. Wie andere beim Sport ihre Muskeln trainieren oder in der Bibliothek büffeln, trainiert er für Stunden seine Fingerfertigkeit am Schlagzeug.

Ich schätze Menschen, die bereit sind, an sich selbst zu arbeiten, sehr. Es kommt mir so edel vor, etwas zu tun, ohne eine direkte Belohnung zu erwarten. Das Tun-Dürfen selbst sollte ja schließlich unsere Belohnung sein. Ich selbst vergesse das manchmal und wurde wieder daran erinnert.

Übrigens ist das Besondere am Gebäude, dass es darin einen Glasübergang zum Gewandhaus (einem großen Konzertsaal) gibt. Der ermöglicht dem Orchester, direkt zwischen Übungsraum und Konzertsaal hin- und herzugehen. Das spart Weg und Zeit und ist auch gut für die empfindlichen Instrumente.

Die Führung begann mit der Probe des MDR Symphonieorchesters (+ Chors) für das Requiem von Frederick Delius (siehe auch diese Konzertankündigung vom MDR). Wie gesagt: ein ganz besonderer Moment für mich. Ich habe es als Ehre empfunden, ein Symphonieorchester live hören zu dürfen und werde in Zukunft bestimmt auch mal ein Symphoniekonzert in München besuchen.


Im Vordergrund seht ihr die Sopranistin Sophie Bevan und den Bass Ashley Riches einander zugewandt.

Ich weiß, dass es hitzige Debatten darüber gibt, ob die Ausgaben der öffentlich-rechtlichen Sender gerechtfertigt sind. Und viele offene Fragen wie "Sollten/dürfen wir uns sowas als Gesellschaft leisten?". Wie überall, wo es um viel Geld geht, gibt es sicher immer etwas zu kritisieren, keine Frage. Aber die Arbeit dieser Musiker finde ich großartig und unterstützenswert.

Sie sind angesichts eines sehr vollen Terminplans wirklich sehr engagiert und tragen viel zu unserer Gesellschaft bei. Sie unterstützen mit dem MDR Kinderchor zum Beispiel auch den Nachwuchs. Für mich sind die Musiker ein bisschen wie der Kleister, der unsere Gemüter zusammenhält. In unserer sehr bewegten Zeit driften sie immer wieder aus- und treffen in Auseinandersetzungen aufeinander. In der Musik brauchen sie ihre Worte nicht mehr und sie ist es auch, die uns vereint.

Kunst, Religion und Philosophie hängen nicht nur theoretisch sehr eng zusammen. Bei einem klassischen Konzert ist auf einmal alles präsent: hohe musikalische Kunst, religiöse Gedanken und gelebte Philosophie. Ich gebe aber zu, dass man sich auch ein bisschen auf so ein Erlebnis einlassen können muss, um wirklich etwas davon zu haben.

In gewisser Weise ist sowas auch ein wenig Arbeit. Aber Arbeit an sich selbst und daher die lohnenswerteste Arbeit, die es gibt. Sie ermöglicht uns, als ein anderer/eine andere in die Welt zu treten. Mit Respekt für unsere Mitmenschen, egal als was sie uns gegenübertreten. Ihre Würde steht über allem und wir tun gut darin, nach ihr zu suchen, wenn wir verlernt haben, sie zu sehen.

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Das ist die Thomaskirche in Leipzig. Hier besuchte ich ein Konzert des Leipziger Universitätschors, der Guiseppe Verdi's "Requiem" spielte.

Oha, der Artikel ist viiiiiiiiiel länger geworden, als ich gedacht hatte. Ich habe euch noch ein paar Bilder eingefügt, damit ihr seht, was ich gesehen habe, auch wenn ihr nicht hören könnt, was ich gehört habe 😉 Ich versuche meiner Ansprechpartnerin bei MDR Klassik noch weitere Veröffentlichungsrechte für meine Aufnahmen abzuluchsen 🤞 und überlasse euch bis dahin in eine geruhsame Nacht. .

Eure Nadine



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