Mein Ausstieg aus dem Beamtentum – Mein Einstieg ins Leben. Weitere Reaktionen meines nahen Umfelds. Gegenwind

in deutsch •  6 years ago 

Gegenwind

Klar war aber auch, dass sich nicht alles gut anfühlen wird. Das es eventuell auch heftigen Gegenwind geben wird.

Ehrlich gesagt, war ich tatsächlich überrascht von den ersten Reaktionen. Die ja durchweg neutral oder positiv waren. Alle Leute, mit denen ich zuerst gesprochen hatte, haben Verständnis gezeigt. Ob sie es wirklich verstehen, noch wichtiger, fühlen, kann ich nicht beurteilen. Natürlich kamen interessierte oder auch kritische Nachfragen.

Das, was aber dann kam, war heftig.

Eine meiner zwei besten Freundinnen gab mir extremen Gegenwind. Wow. Also, einerseits finde ich es ja echt schön, dass sich jemand so dermaßen für mich einsetzt. Mit Feuereifer. Andererseits kommen da Sachen wie:

  • Klingt so, als hättest du eine Depression
  • Du sprichst über ihn, als wäre er ein Prophet
  • Das ist ja schon fast sektenartig
  • Das ist nicht sozial in Bezug auf die Gesellschaft
  • Du übernimmst keine Verantwortung, nicht für dich, nicht für andere
  • Du wirst auf Kosten anderer leben
  • Du endest vielleicht auf der Straße
  • Das liegt nur daran, dass du lauter Leute um dich hast, die den klassischen Weg scheiße finden
  • Wenn deine Eltern dich nicht zur Vernunft bringen, muss ich das wohl tun

Von anderer Seite kamen (allerdings mit weniger Wind) auch Schlagwörter wie „gehirngewaschen“ und ähnliches.

Mein Umgang mit diesen Reaktionen

Ich bin mittlerweile bereits so frei, dass ich weiß, dass ich meine Aufmerksamkeit nicht darauf lenken muss. Dass ich nicht von allen verstanden werden kann. Dass ich das auch gar nicht will. Dass ich für mich weiß, was die Wahrheit ist und sowas mich gar nicht mehr so stark trifft.

Trotzdem ist es mir ja doch irgendwie wichtig, von Menschen, die bisher eine wichtige Rolle in meinem Leben spielten, verstanden zu werden. Das geht natürlich schlechter, wenn man sich nicht direkt sieht, sondern nur per Sprachnachrichten kommuniziert…

Ich schreibe das alles gerade (im Mai 2018) auf, aus verschiedenen Gründen. Einerseits, um mir selbst den Prozess, den ich gerade (und schon seit längerem) durchlaufe, festzuhalten. Auch, um ihn irgendwann (wenn ich den Schritt geschafft habe) anderen zugänglich machen zu können. So wie es ist, mit allen Ängsten und Sorgen. Solange man noch drin ist, traut man sich sowas ja nicht zu veröffentlichen…

Es ist auf der anderen Seite aber auch überraschend, wie viel Zuspruch man bekommt. Wenn man nur mal offen den anderen gegenüber ist, dann öffnen die sich auch. Das sind echt mal interessante Experimente. Ausprobieren lautet momentan die Devise.

Diese Welt, dieses Leben kann das Paradies sein

Und was das Retreat in Arco angeht. Ich bin sehr froh, dort ein paar gute Freunde (ja, das kann ich jetzt schon so behaupten) gefunden zu haben. Die ebenfalls anders denken. Die einen nicht verurteilen, nur weil sie etwas nicht verstehen und keine mentale Schublade für dich und dein Tun finden. Nicht, dass ich darauf angewiesen wäre. Aber der Kontakt mit solchen Menschen zeigt mir immer wieder, wie geil das Leben sein kann. Wenn man es denn lässt. Wie viele Möglichkeiten es gibt.

Es gibt so. viele. Möglichkeiten.

Man muss sie nur sehen. Oder kreieren.
Das ist alles so spannend!!

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Die Reaktionen, die du im Post beschrieben hast und generell das Verhalten deiner Mitmenschen. Ist etwas, dass jeder erlebt, wenn jemand einen anderen Lebensweg einschlägt. Genauer gesagt, von einem Weg der eigentlich als bequem und narrensicher gilt zu etwas doch eher mehr "Unsicherheit". Zumindest aus der Perspektive der Mitmenschen.

Da scheint es fast so, als ob die Mitmenschen im eigenen Umfeld mehr vor dem Wechsel Angst haben als der Betroffene selbst. Ein Abweichen von der Norm.

Hm, ich hoffe ich habe den Kontext verstanden. Du bist raus aus dem Beamtentum, was viele nicht aufgeben wollen würden und machst jetzt etwas anderes. Ja, Beamter zu sein, da würden viele nicht mehr raus wollen.

Danke für deinen lieben Kommentar!

Ja, ich habe im letzten Schuljahr als verbeamtete Lehrerin (mit Aussicht auf die Lebenszeitverbeamtung) gearbeitet. Hab das aber nie an die große Glocke gehängt...

Ich verstehe auch, dass viele das Beamtentum anstreben. Ist es doch die größtmöglihce Sicherheit, wenn man ein "klassisches Leben" führen will. Leider gibts auch Fälle, die frustriert in der Schule sitzen und sich nru beim Anblick des Kontostands überhaupt mal freuen können in ihrem Leben...

Ja, das habe ich mittlerweile auch schon öfters gelesen - es ist fast so, als wollten einen alle wieder zurück ins "Gefängnis" ziehen und am Ausbrechen hindern...

Hallo Lisa,
es gibt immer wieder Mitmenschen die sich keine alternativen Lebensweisen vorstellen können. Das Modell "9-5" ist für die meisten Sicherheit und lässt nur wenig Spielraum für freie Gedanken und Räume. Viele Jobs lassen sich heute Zeit und Orts unabhängig ausführen so das man nicht wie so oft gesagt wird der Gesellschaft zur Last fällt. Man muss sich selbst organisieren und eigenverantwortlich arbeiten und leben. Ich habe, auch im eigenen Freundeskreis, festgestellt als ich mich vor 15 Jahren selbstständig gemacht habe, das viele es nicht verstanden haben oder gar gesagt haben das wird nicht klappen oder du bist bald beim Amt. Es war nicht immer leicht und ist es noch immer noch nicht aber man wächst mit der Zeit und auch kommen neue Freunde ins Leben die so wie man selbst sich weiter entwickelt haben.
Ich finde es toll das du diesen Weg gehst, auch wenn es nicht immer der leichteste ist aber solange das Positive über wiegt ist es bestimmt der bessere.

Hi! :)
Ich konnte mir das auch mal nicht vorstellen - ich habs auch einfach nicht gewusst!
Mittlerweile bin ich oft umgeben von Leuten, die von unterwegs arbeiten und es ist so eine inspirierende und motivierende Atmosphäre, das ist unglaublich! Da wird einem erst bewusst, was es überhaupt für Möglichkeiten gibt!

Wie waren die Reaktionen von denen, die erst negativ redeten, denn, als du es dann "geschafft" hattest und deine Selbstständigkeit lief?

Ja, mir gehts bereits jetzt viel besser damit :)

Zu den meisten ist der Kontakt dann nach und nach abgebrochen da in der Anfangszeit viel Arbeit da war. Als ich dann noch für einige Jahre im Ausland gearbeitet habe ist von den Leuten nichts mehr gekommen. Durch die ganzen Veränderungen die es so mit der Selbstständigkeit gab hat sich eigentlich der komplette Freundeskreis und Bekanntenkreis verändert. Es bleiben in der Regel nur die wirklichen Freunde über auch wenn der Kontakt mal etwas ein schläft.

Achso... ja das bewirkt wohl einige Umbrüche im Leben... Hat ja auhc was Gutes: Man weiß, wer die wirklich guten Freunde sind.

"Du wirst auf Kosten anderer Leben...."
wer auch immer das gesagt hat, da kann ich mir echt nur an den Kopf fassen. Aber ich wundere mich über nichts mehr... ;-)
Die Freiheit ist den meisten unheimlich und fremd.

Ja, das muss man erstmal schaffen...

Die Freiheit ist den meisten unheimlich und fremd.

Wie wahr...