„Der alte Schmerz geht dann, wenn er ganz und gar umarmt ist. Wenn er so tief – wie nur irgendwie möglich – von dir gefühlt wird. Schmerzen sind dazu da, um uns in unsere eigene Tiefe zu führen. Das ist die Funktion eines jeden Schmerzes, den wir im Mensch-Sein erleben können.
Unsere Liebesfähigkeit wächst in dem Maße, wie wir lernen, mitten im erlebten Schmerz offen zu bleiben. Nichts damit tun, weder abwehren noch festhalten – offen bleiben! Fühlen, wie sich der Schmerz im Körper, im System zeigt. Jeder Schmerz hat einen Anfang und ein Ende und ist daher begrenzt.
Wenn es uns möglich wird, mitten in einem intensiven Schmerz grenzenlos offen zu bleiben, dann berühren wir früher oder später das in uns, was keine Grenzen hat. Das kann manchmal so erlebt werden, dass da, wo gerade eben noch intensiver Schmerz war, von einer Sekunde auf die andere, plötzlich die Ebene gewechselt hat.
Und da, wo gerade eben noch Agonie und Schmerz waren, ist nur noch diese Weite, dieser Frieden, diese Glückseligkeit. Ein Aspekt dieser Arbeit hier besteht darin, dass wir lernen, in Intensität offen zu bleiben. Egal, ob es eine schmerzhafte oder eine sehr beglückende Identität ist.
Offen bleiben. Die Grenzenlosigkeit erinnern. Dann kann jede Schmerzwelle und jede Glückswelle in ihrer eigenen Zeit ihren Höhepunkt erreichen und auslaufen. Danach sind wir ein Stück näher bei uns selbst – immer und immer wieder.“
Gerd Bodhi Ziegler, Intensiv-Wochenende Köln 2022
aus der Herzsitzarbeit
(geteilt von Timo, Bild: Pixabay / Pixel2013)