Hurra - der Impfstoff ist da

Eigentlich bin ich hin- und hergerissen. Endlich ist der Impfstoff gegen Corona verfügbar. Andererseits sind da natürlich auch Zweifel. Ist der gut getestet? Werde ich ihn vertragen? Ich bin im Osten Deutschlands aufgewachsen. Bei uns bestand Impfpflicht und ich habe dies stets als Gutes empfunden. Egal wo ich ich im Westen zum Arzt kam, wurde ich bewundert für den gepflegten Impfausweis, hat alle Impfungen und auch die Kinderkrankheiten sind eingetragen. Auch nach der Wende bin ich jährlich zum Hausarzt und habe mir meine Grippeschutzimpfung abgeholt. "Training für den Körper" ist das in meinen Augen. Er bekommt eine harmlose Viruskopie rein, muss diese analysieren, ein Gegenmittel basteln und zum Schluss die Fresszellen losschicken um den entstandenen Müll zu entsorgen. In einer Art Hashmap legt er dann im Rückenmark die Signatur des Virus als Schlüssel und das Rezept zum zerstören als Wert ab. Wenn ein echter Virus mit der Signatur kommt, weiß er gleich was produziert werden muss. Das Rezept behält er einige Zeit - ich hoffe mehrere Jahre und dann vergisst er es leider und muss neu üben. So etwa wurde uns das Ganze in der Schule erklärt und so ergibt es für mich Sinn und darum gehe ich zum Impfen.

Früher fragte ich mich immer wie den sichergestellt werden kann, dass ein Arzneimittel keinen Schaden anrichtet. Ich war beglückt zu hören, dass im Zweifel zuerst Tiere wie Labormäuse, Ratten oder Affen sterben ehe man ausversehen mich sterben lässt. Dann kam noch die Erkenntnis hinzu, dass es echt Menschen gibt, welche sich freiwillig zum Test neuer Medikamente bereitstellen. Die Freude wurde etwas getrübt als mir klar wurde, dass dies wohl niemand ohne Geldnot tut. Das Wichtigste dabei allerdings für mich - ich muss es nicht tun, Gott sei dank. Außerdem hieß es immer naja die Medikamente müssen ja auch noch zugelassen werden, da wird nochmal alles geprüft, dass dauert schon seine Zeit. Also in der Regel sprachen die Leute (Personen aus meiner Be- und Verwandtschaft) immer so von um die 10 Jahre. Das klang für mich plausible.

Jetzt haben wir es beim Impfstoff mit einem Startup Unternehmen (BioNTech) zu tun welches meiner Meinung nach ja erst nach Bekanntwerden des neuartigen Corona Virus mit der Herstellung und den Tests des Impfstoffes begonnen haben kann. Ich kann nicht beurteilen ob es möglich ist innerhalb eines Jahres einen ausreichend getesteten Impfstoff herzustellen und sicher zu prüfen. Fakt ist, es wurde getan und er wurde zugelassen.

Hoffen wir, dass es für alle gut läuft.
Denn es wäre nicht gut wenn sich ein Arzneimittelskandal wie der des Contergan in Deutschland oder weltweit wiederholt. Die Grünenthal GmbH war als Seifenhersteller gestartet und nach und nach ins Pharmazeutische Gebiet gewechselt. Sie waren die ersten im Westsektor, die Penicillin anboten. Aber sie sorgten mit Contergan auch für tausende Kinder ohne Arme und Beine. Schadensersatzansprüche mussten über Jahre erstritten werden.
Der Dokumentarfilm Kampf gegen den Teufel berichtet davon.

Ich hoffe, dass jeder versteht, dass ich kein Freund davon bin ein neues Medikament zunächst an älteren Personen auszuprobieren. Meiner Meinung nach befindet sich ein gesunder Körper zu Beginn der Jugend in bester Balance. Der Körper ist ein komplexes System und jedes System verträgt bis zu einem bestimmten Grad auch Veränderungen. Je größer die Veränderung, je größer die Wahrscheinlichkeit, dass das System nicht wieder in den vorherigen Zustand zurückkehrt und in einen neuen Zustand wechselt. Im Laufe des Lebens bekommt das System Körper viele Events zu spüren, die Veränderungen im System bewirken. Zigaretten und Alkoholmissbrauch sind nur kleine Facetten eines Lebens welche nach einigen Jahren aber auf jeden Fall dazu führen, dass das System einen anderen Normalzustand einnimmt. Ärzte sagen dazu dann gerne "Das Risiko für XXXX ist in dem Falle höher als bei anderen Menschen". Ein System welches seinen Zustand bereits soweit in die Nähe einer Grenze verlagert hat, dass die kleinste Veränderung zur Überschreitung dieser Grenze im System und damit zu irreparablen Schädigungen bis hin zum Tod möglich wird, würde ich nicht als gut geeignet für einen Versuch halten. Aber genau diese Systeme findet man in älteren Körpern vor.

Daher fände ich es besser, wenn man ein Jahr lang zunächst die jüngeren Generationen durchimpft bevor man zu den Alten kommt. Die problematischen Auswirkungen würden dann natürlich in diesen Generationen auftreten aber die Chance, dass sie es überstehen weil ihr Körper noch vital ist, empfinde ich als deutlich höher als bei alten Menschen.

Das gerade über 80 jährige in Pflegeheimen zuerst geimpft werden empfinde ich als Entmündigung. Das Leben im Pfegeheim wie ich es von einer Bekannten her kenne ist aus meiner Sicht ohnehin entwürdigend. Andere bestimmen was Du wann zu tun hast. Ich würde es wie Armee empfinden und auf jeden Fall betreutes Wohnen vorziehen - aber das kostet. Ich glaube nicht, dass sich Bewohner in den Pflegeheimen gegen die Impfung wehren können und das finde ich schade. Jeder Mensch sollte die Wahl haben ob er sich heute, morgen oder erst in einem Jahr impfen lässt. Ich bin beileibe kein Impfgegner aber die Wahl sollte stets erhalten bleiben.

Quellen:

• Arzeimittelzulassung
• Kampf gegen den Teufel Dokumentation zum Contergan Skandal
• Grünenthal
• Contergan Skandal