Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
Fortsetzung von Teil 1
KM 4 – 51000/29#2 25. April 2020/ 7. Mai 2020
Version: 2.0.1
A U S W E R T U N G S B E R I C H T
des Referats KM 4 (BMI)
– erstellt von ORR K. –
Coronakrise 2020 aus Sicht des Schutzes Kritischer Infrastrukturen
Auswertung der bisherigen Bewältigungsstrategie und Handlungsempfehlungen
Folgende Prämissen liegen meiner Arbeit zu Grunde:
Handlungsleitend und Grundlage von Entscheidungen sollten wahrheitsgemäße, fundierte Sachverhaltsbeschreibungen sein.
Das Handeln von verantwortlichen Menschen sollte rational sein
Die in demokratischen Wahlen bestimmten Regierungen (Exekutive) auf den Ebenen Bund, Land und Kommune, haben als höchstes Ziel, die materiellen und ideellen Interessen der Bevölkerung zu wahren, zu schützen, zu garantieren.
- Vorwort
Die erst wenige Wochen alte Coronakrise dürfte zu den größten Herausforderungen gehören, mit denen unser Land es je zu tun hatte. Die Krisenstäbe, und das Krisenmanagement als Ganzes, leisten mit hohem persönlichem Einsatz eine extrem wichtige und zugleich die schwierigste Arbeit, die man sich vorstellen kann. Das Krisenmanagement entscheidet faktisch über Leben und Tod. Es bestimmt mit seinen Entscheidungen, wem unsere Gesellschaft eine Überlebenschance gibt, und wen sie sterben lässt. Jeden Tag aufs Neue.
Für wen werden welche Behandlungsmöglichkeiten reserviert und wem wird die Behandlung wie z.B. eine geplante wichtige OP versagt. Weitere Werte unserer Gesellschaft sind bedroht, materielle (zu denen die Gesundheit gehört) wie ideelle. Auch ein Gemeinwesen kann
„sterben“.
Entscheidungen zu treffen ist unvermeidbar. Ich möchte mit meiner Arbeit einen Beitrag dazu leisten, dass die Abwägungsprozesse so professionell wie möglich erfolgen können.
- Einführung
1.1 Aufgaben und Arbeitsweise des Referats KM 4:
Referat KM 4 hat den Auftrag (Anlage 1), sich eine eigene Bewertungskompetenz zum KRITIS-Schutz aufzubauen und auf dieser Basis Stellungnahmen eigeninitiativ und in Beteiligungsverfahren abzugeben. Dies ist eine solche Stellungnahme.
KM 4 soll weiterhin auf die Konsistenz des KRITIS-Schutzes, die sich vor allem wegen vielfacher Interdependenzen der Sektoren ergeben, hinwirken. Das ist ein Schwerpunkt der vorliegenden Ausarbeitung. Für entsprechende Konzepte und Strategien hat, solange nicht ausschließlich IT-Belange berührt sind, KM 4 im Hause die Federführung und arbeitet eng zusammen mit: den Bundesressorts, den Bundesländern, der EU, KRITIS-Betreibern, Verbänden sowie sonstigen betroffenen Institutionen, und kümmert sich um supra- und internationale Angelegenheiten. KM 4 bedient sich u.a. der Zuarbeit des BBKs, über das KM 4 zu allen Angelegenheiten im KRITIS-Kontext die Fachaufsicht ausübt. Für die Erstellung dieses Berichts wurden vielfältige Kontakte zu den genannten Stellen aktiviert. Der Gesamttext ist jedoch nicht abstimmt, sondern wird als eigenständige Expertise mit Empfehlungen vorgelegt.
1.2 Warum diese Auswertung?
Große Katastrophen wie die einer Pandemie treten sehr selten ein. Die Behörden, die für die Bewältigung von Krisen zuständig sind, üben zwar regelmäßig verschiedene Gefährdungsszenarien, unter anderem auch den Fall einer Pandemie, aber sie können alleine dadurch keine ausreichende Erfahrung sammeln, um in einer real eintretenden Lage routiniert agieren zu können. In der akuten Krise nutzen sie bestehende Strukturen, Prozesse und im Vorhinein (teils gesetzlich) festgelegte Verfahren, die in der Vergangenheit nach jeder der wenigen Übungen optimiert wurden. Der Rest wird improvisiert.
Die aktuelle Coronakrise zeichnet sich durch eine doppelte Gefährdungslage für unsere Gesellschaft und ihre Kritischen Infrastrukturen aus.
Die beiden Gefahrenlagen gehen ohne zeitliche Unterbrechung in einander über. Für eine ausführliche und systematische Auswertung des bisherigen Krisenmanagements haben die operativ darin agierenden Organisationseinheiten und Beschäftigten daher keine Gelegenheit und Zeit. Alleine dieser Sachverhalt schafft neue Risiken und Gefahren. Der hier vorgelegte Bericht soll Abhilfe schaffen. Er betrachtet die Lage aus der Perspektive des strategischen Schutzes Kritischer Infrastrukturen.
Es handelt sich ausdrücklich nicht um ein Produkt für die Öffentlichkeitsarbeit, sondern um einen internen Bericht, der keinen anderen Zweck verfolgt, als einen fachlich fundierten Impuls zur Optimierung des Krisenmanagements und zur Maßnahmenplanung zu leisten. Dieser Bericht ist schonungslos offen – aufgrund seiner Dringlichkeit musste darauf verzichtet werden, die Inhalte in schönere Worte zu verpacken. Die Leser mögen den direkten Stil nachsehen und sich vor allem des inhaltlichen Kerns dieser Arbeit bedienen.
Sofern interne Arbeitsprozess reflektiert werden, geschieht das ausschließlich unter streng fachlichen Aspekten.
1.3 Wen und was meine ich mit „Krisenmanagement“ in diesem Bericht?
In technisch-organisatorischer Hinsicht besteht das Krisenmanagement aus den professionellen Lagedienste und Krisenstäbe sowie die ihnen zuarbeitenden Stellen – jeweils beim Bund und in den Bundesländern. Die wichtigsten und auswirkungsstärksten Entscheidungen werden auf der Ebene von Behördenleitungen und der politischen Leitung der Ministerien getroffen. Daher gehören auch diese Akteure zum Krisenmanagement. Die erste Gruppe bildet das operative Krisenmanagement, die zweite das strategische.
Die Beziehungen dieser beiden System-Komponenten untereinander müssen untersucht und, wie sich zeigt, verbessert werden. Nicht nur zur Verbesserung der Ausgangslage in zukünftigen Lagen, sondern – ganz besonders dringend – noch jetzt, mitten in der Corona- Krise. Suboptimale Verfahren im Zusammenspiel von operativem und strategischem Krisenmanagement können zu schwerwiegenden Fehlleistungen führen und für unsere Gesellschaft ruinöse Schäden auslösen. Solche, sich derzeit abzeichnende Schäden stehen nicht mehr im Entferntesten mit den möglichen gesellschaftlichen Schäden durch den Covid- 19 Virus in einem annehmbaren Verhältnis, sie werde diese um ein Vielfaches übertreffen.
1.4 Der Schutz Kritischer Infrastrukturen
Beim Schutz Kritischer Infrastrukturen geht es außerhalb von Krisenzeiten – also fast immer – um Maßnahmen, mit denen eine Gesellschaft sich vor möglichen Gefahren präventiv schützen will, oder wie beim Eintreten einer Gefahr, der Schaden möglichst gering gehalten werden soll. Um diese Ziele zu erreichen wird versucht, auf der Basis vorheriger
Gefährdungs- und Risikoanalysen, ein höheres Schutzniveau Kritischer Infrastrukturen aufzubauen und/oder die gesellschaftliche (System-)Resilienz so zu erhöhen, dass das gesellschaftliche Gesamtsystem – einschließlich seiner Kritischen Infrastrukturen – weniger anfällig und insgesamt weniger verletzlich durch eine Störung oder auch den Ausfall einzelner Kritischer Infrastrukturen ist.
Der Schutz Kritischer Infrastrukturen ist aus verschiedenen Gründen eine anspruchsvolle Aufgabe:
• Es muss mit einer sehr großen Zahl potentieller Gefahren umgegangen werden, deren Eintritt zwar in den meisten Fällen (zu denen Szenarien gebildet werden können) relativ klein ist, die jedoch trotz geringer Wahrscheinlichkeit grundsätzlich jederzeit eintreten können. Also auch mit einem Schaden, der statistisch nur alle 100.000 Jahre eintritt, könnten wir schon morgen konfrontiert sein.
• Die Kritischen Infrastrukturen moderner und erfolgreicher Gesellschaften sind hochkomplexe Systeme von großer Interdependenz ihrer Teilfunktionen. Ein schwerwiegendes Problem in einem einzigen Teilsystem kann zu einem existenziellen Problem des gesamten Clusters Kritischer Infrastrukturen führen (besonders anschaulich im Szenario des Strom-Blackouts oder beim Ausfall des Internets).
• Die für den Schutz Kritischer Infrastrukturen einsetzten Ressourcen sind naturgemäß begrenzt, der Gegenwert für Aufwendungen ist nicht sichtbar. Sichtbar und erfahrbar wird jedoch ein Schaden, der eintritt, wenn der Schutz vernachlässigt wurde. Die Entscheidung für oder gegen zusätzliche Schutzmaßnahmen erfolgen meist aus Zielkonflikten heraus (z.B.: Preis des betroffenen Produktes oder Dienstleistung soll/muss gering sein, entgegengesetzte Interessen werden als prioritär angesehen, etc.).
Aufgrund dieser Besonderheiten kann sich auch die deutsche Gesellschaft nicht auf jede Eventualität vorbereiten, es bleiben stets Restrisiken. Restrisiken sind Risiken, auf die wir uns nicht vorbereitet haben und auch nicht vorbereiten werden – z.B. weil das nicht möglich ist, oder weil es nicht verhältnismäßig erscheint. Die Einschätzung der Verhältnismäßigkeit nimmt die Gesellschaft explizit vor (indem die vom Volk gewählten Politiker ihrer Einschätzung gemäß handeln oder ausdrücklich nicht handeln) oder implizit (indem keine Initiative erfolgt, sich handlungsorientiert mit bestimmten Risiken auseinanderzusetzen).
Dass Restrisiken verbleiben, ist weder gut noch schlecht, es ist unvermeidbar. Es lohnt nicht, damit zu hadern.
Gerade weil es ohnehin immer Restrisiken geben wird, kommt es sehr darauf an, die für den KRITIS-Schutz verfügbaren Ressourcen effektiv und effizient einzusetzen, und vor allem: bei der Einschätzung von Gefahren ganz besonders sorgfältig zu arbeiten. Dieses Motiv ist der rote Faden durch dieses Papier.
1.5 Referat KM4 als Ressource bei der Krisenbewältigung
In der Krise hat der Schutz Kritischer Infrastrukturen zwei Hauptaufgaben. Die eine besteht darin, den Schutz Kritischer Infrastrukturen operativ zu unterstützen (Einbringen der eigenen Expertise und Netzwerke ins Krisenmanagement, Monitoring des Status Quo‘s Kritischer Infrastrukturen, methodische Beratung). Die andere, die strategische Aufgabe der KRITIS- Schützer besteht in der Krisensituation darin, die Auswirkungen der jeweiligen Krise auf das generelle Sicherheitsniveau Kritischer Infrastrukturen und auf das Resilienzniveau unserer Gesellschaft zu analysieren und zu bewerten, und in das Krisenmanagement einfließen zu lassen. Diese strategische Perspektive wird in diesem Papier behandelt.
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