Brisant! (Teil 3)

in deutsch •  4 years ago 

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Fortsetzung von Teil 2

  1. Wie waren das BMI (und die BReg) auf die Krisensituation vorbereitet?
    Eine Pandemie wurde in der Vergangenheit mehrfach durch Bundesbehörden geübt und es gibt zahlreiche Empfehlungen für das Krisenmanagement in einer Pandemie, die sich einerseits aus den Erfahrungen mit den Übungen speisen, aber auch Ergebnis von Expertisen sind, die in den letzten Jahren im BMI mit seinen nachgeordneten Behörden unter Einbeziehung weiterer Fachleute (u.a. des RKI) erarbeitet wurden. In diesem Kapitel werden zunächst grundlegende Vorarbeiten ausgewertet und anschließend die Lükex-Übung 2007 und die Risikoanalyse aus 2012, den die BReg 2013 dem Parlament vorgelegte.

2.1 Hinweise und Warnungen in früheren Arbeiten zum Bevölkerungsschutz
Dem BMI war in einer Expertise der im eigenen Geschäftsbereich angesiedelten Schutzkommission (zwischenzeitlich aufgelöst) bereits 2006 mitgeteilt worden, dass in einer Virus-Pandemie von den Schutzmaßnahmen eine größere Gefahr für die Bevölkerung ausgehen kann, als durch die Erkrankung selbst. Das war noch nicht einmal auf eine Wirtschaftskrise gemünzt, sondern explizit auf Kritische Infrastrukturen.

Zitat: „In diesem Zusammenhang wird auch die Planung von Maßnahmen zur Abschwächung von Kollateraleffekten auf die Infrastruktur dringend empfohlen, da hierdurch (etwa durch Ausfälle des Transports, der Lebensmittel- oder Energieversorgung) eine größere Gefährdung der Bevölkerung ausgehen kann als durch die Influenza selbst.“
Quelle: 25. September 2006 Zwischenbericht: Schutz der Bevölkerung vor neu auftretenden Influenza-Viren, Schutzkommission beim Bundesminister des Innern, Arbeitsgruppe biologische Gefahren https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/BBK/DE/Downloads/Schuko/Teilbericht_Influenza_05 a.pdf? blob=publicationFile
Dass die Pandemieplanung darauf ausgerichtet sein muss, die Gefährlichkeit sorgfältig abzuschätzen und mit den Gefahren, die von Schutzmaßnahmen ausgehen können abzugleichen, ergibt sich u.a. aus einer zweiten Aussage der gleichen Expertise. Diese Empfehlung wurde nicht ausreichend beachtet.

Zitat: „Zuvorderst erforderlich ist eine Modifikation der Pandemieplanung unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich Influenza-Pandemieviren in ihrer Gefährlichkeit (Pathogenität) erheblich unterscheiden. Für ein Worst- case-Szenario nach dem Vorbild der „Spanischen Grippe“ von 1918 existieren bisher keine adäquaten Planungen.“
Quelle: 25. September 2006 Zwischenbericht: Schutz der Bevölkerung vor neu auftretenden Influenza-Viren, Schutzkommission beim Bundesminister des Innern, Arbeitsgruppe biologische Gefahren https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/BBK/DE/Downloads/Schuko/Teilbericht_Influenza_05 a.pdf? blob=publicationFile

Für den Fall, dass die von Bevölkerungsschutzbehörden bereits seit Jahren erwartete Pandemie ausbrechen würde, hätten u.a. präventiv spezielle Schwerpunktkliniken eingerichtet werden sollen. Diese Empfehlung wurde offenbar nicht umgesetzt. Wir erleben heute in fataler Weise die Auswirkungen davon, dass man an dieser Stelle meinte sparen zu müssen. Die Zahl der Krankenhäuser ist in DEU in den letzten Jahren um 20 Prozent gesunken.

Zitat: „Die Umsetzung der im Nationalen Pandemieplan empfohlenen Maßnahmen kommt nach Ansicht der Arbeitsgruppe auf Länderebene teilweise zu langsam voran und ist nicht vollständig. Nur wenige Bundesländer haben ihre Pandemiepläne weitgehend fertig gestellt. Die dringend empfohlene Einrichtung von Schwerpunktklinken wurde aus Kostengründen kaum realisiert. Auch die Beschaffung von erforderlicher Ausstattung sowie Ausbildung und Übung sind auf der operativen Ebene nicht genügend realisiert. Wir empfehlen daher, die Pandemiepläne der Länder eilig fertig zu stellen und die Vorgaben des Nationalen
Pandemieplanes umzusetzen.“
Quelle: 25. September 2006 Zwischenbericht: Schutz der Bevölkerung vor neu auftretenden Influenza-Viren, Schutzkommission beim Bundesminister des Innern, Arbeitsgruppe biologische Gefahren https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/BBK/DE/Downloads/Schuko/Teilbericht_Influenza_05 a.pdf? blob=publicationFile

Nicht einmal die Mitarbeiter des Krisenstabs wurden in der Coronakrise 2020 systematisch gegen alle auch nur entfernt ähnlichen Erkrankungen geimpft. Auch das war eine empfohlene Maßnahme des gleichen Schutzkommission-Berichts. Zwar kann mit so einer Maßnahme bestenfalls eine Teilimmunität erreicht werden, aber auch die könnte möglicherweise für einen betroffenen Mitarbeiter über Leben und Tod entscheiden – und für den Dienstherrn die Verfügbarkeit oder nicht-Verfügbarkeit eines für das Krisenmanagement dringend benötigten Personalressource bedeuten.

Zitat: „Da bei einer eventuellen Anpassung des gegenwärtig grassierenden Vogelgrippevirus H5N1 an den Menschen eine besonders schwere Pandemie zu erwarten ist, empfiehlt die Arbeitsgruppe die umgehende Bestellung einer geringen Menge humanen Impfstoffs gegen H5N1 (ca. 2- 4 Mio. Dosen), um ggf. für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur unverzichtbare Personen schützen zu können. Auch bei einem eventuellen genetischen Drift der H5N1 Variante Typ Asia wird dieser Impfstoff wahrscheinlich zumindest eine Teilimmunität verleihen.“
Quelle: 25. September 2006 Zwischenbericht: Schutz der Bevölkerung vor neu auftretenden Influenza-Viren, Schutzkommission beim Bundesminister des Innern, Arbeitsgruppe biologische Gefahren https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/BBK/DE/Downloads/Schuko/Teilbericht_Influenza_05 a.pdf? blob=publicationFile

In einer anderen Stellungnahme der Schutzkommission (zu Ebola, aus 2014) wurde darauf hingewiesen, dass von wirksamen Maßnahmen zum Schutz vor epidemischen Krankheiten Gefahren für unsere Gesellschaft ausgehen, die beachtet werden müssen. Auch hier werden ausdrücklich die Kritischen Infrastrukturen adressiert, sowie wirtschaftliche Risiken, die in DEU (im Gegensatz zu anderen OECD-Ländern wie z.B. die USA) nicht als KRITIS behandelt werden. - Dieser Aspekt sollte bei der Weiterentwicklung der nationalen KRITIS-Strategie Deutschlands unbedingt einbezogen werden.

Zitat: „Im Extremfall können irrationale Ängste dazu führen, dass Teile der Bevölkerung jeden Kontakt mit Fremden meiden und sich von vermeintlich gefährlichen Ansammlungen fernhalten. In der Folge sind Arbeitsausfälle und – wenn kritische Dienste, Versorgung
oder Infrastruktur betroffen sind – auch Störungen des öffentlichen
Lebens in Betracht zu ziehen.
Aus diesen Gründen könnten einzelne Ebola-Fälle, obgleich sie in Deutschland für das Gesundheitssystem gut beherrschbar wären, mit erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Risiken verbunden sein.“ (letzte Hervorhebung wie im Original)
Quelle: 15. Oktober 2014, STELLUNGNAHME der Schutzkommission beim Bundesministers des Innern, Die Ebola-Epidemie in Westafrika: Gefährdungspotenzial und Handlungsempfehlungen, Seiten 5-6 https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/BBK/DE/Downloads/Schuko/Stellungnahme_Ebola.p df? blob=publicationFile

In der gegenwärtigen Krise wurde vielfach das Agieren anderer Staaten als Vorbild oder Muster herangezogen, obwohl wesentliche Rahmenbedingungen nicht vergleichbar sind. DEU verfügt über eine sehr viel bessere Gesundheitsinfrastruktur als die meisten anderen Länder und hat insbesondere höhere Behandlungskapazitäten für hoch ansteckende, lebensbedrohliche Erkrankungen als jeder andere Industriestaat. Auch die Datenlage, die für die Ermittlung des Gefährdungspotentials wichtig ist, ist in DEU vergleichsweise umfangreich und detailliert.

Zitat: „Die Behandlungskapazitäten für hoch ansteckende, lebensbedrohliche Erkrankungen sind höher als in jedem anderen Industriestaat.“
Quelle: 15. Oktober 2014, STELLUNGNAHME der Schutzkommission beim Bundesministers des Innern, Die Ebola-Epidemie in Westafrika: Gefährdungspotenzial und Handlungsempfehlungen, Seite 6 https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/BBK/DE/Downloads/Schuko/Stellungnahme_Ebola.p df? blob=publicationFile

Die Schutzkommission hatte 2014 ausdrücklich empfohlen, im Krisenfall ein wissenschaftlich begründetes, optimiertes Sicherheitskonzept zu erstellen.

Zitat: „13. Erstellung eines wissenschaftlich begründeten, optimierten Sicherheitskonzeptes für in das Epidemiegebiet entsandte Helfer (Infektionsschutz unter Feldbedingungen, ärztliche Betreuung vor Ort, Rückholung im Infektionsfall usw.). Dies ist die einzige effektive Maßnahme, mit der präventiv der Import von Ebola-Infektionen verhindert werden kann.“
Quelle: 15. Oktober 2014, STELLUNGNAHME der Schutzkommission beim Bundesministers des Innern, Die Ebola-Epidemie in Westafrika: Gefährdungspotenzial und Handlungsempfehlungen, Seite 8 https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/BBK/DE/Downloads/Schuko/Stellungnahme_Ebola.p df? blob=publicationFile

Ein Sicherheitskonzept erfüllt nicht alleine dadurch die wissenschaftliche Begründetheit, dass Wissenschaftler einbezogen wurden. Denn die Wissenschaft als Gesamtkonzept zeichnet sich vielfach durch heterogene Theorienbildung, Meinungen und Einschätzungen von Wissenschaftlern aus. Das bedeutet einerseits, dass man für nahezu jede Aussage eine bestätigende wissenschaftliche Meinungs-Aussage (Expertise) erhalten kann, aus einer Meinung von Wissenschaftlern also kein Anspruch auf Wahrheit ableitbar ist. Von größtmöglicher Wahrheit kann man alleine bei Aussagen ausgehen, zu denen es einen vollständigen Konsens gibt, weil sie bewiesen worden sind, und sich dieser Beweis jederzeit überprüfen lässt.

Bei präventiven Maßnahmen ist es sinnvoll, mögliche Risiken nach folgender Definition zu beschreiben:

Zitat: „Im Rahmen einer Risikobewertung bedeutet der Begriff „Risiko“ das Potenzial eines Ereignisses, die öffentliche Gesundheit zu beeinträchtigen, basierend auf der Wahrscheinlichkeit seines Eintretens und dem Ausmaß seiner Auswirkungen.“
Quelle: Oktober 2019, RKI: RAHMENKONZEPT MIT HINWEISEN FÜR MEDIZINISCHES FACHPERSONAL UND DEN ÖFFENTLICHEN GESUNDHEITSDIENST IN DEUTSCHLAND, Epidemisch bedeutsame
Lagen erkennen, bewerten und gemeinsam erfolgreich bewältigen, Seite 17 https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Preparedness_Response/Rahmenkonzept_Epidemis che_bedeutsame_Lagen.pdf? blob=publicationFile

Sinnvoll ist diese Abschätzung von Gefahren und Risiken, weil sie eine Priorisierung von präventiven Schutzmaßnahmen ermöglicht.
Wenn es, wie in der vorliegenden Krise, gleichzeitig zwei Gefahren gibt, müssen diese nach dieser Methode miteinander verglichen werden. Die methodischen Anforderungen für den Nachweis von Wahrscheinlichkeit des Eintretens und das Ausmaß seiner Auswirkungen müssen identisch sein. Sonst kann man die Auswirkungen nicht vergleichen.

Zu beachten ist, dass die eine der beiden gegenwärtigen Gefahren, der Corona Virus, extern verursacht ist, und große Unsicherheiten bestehen einzuschätzen, wie die von ihm ausgehenden Gefahren gemindert werden können, während wir die Dynamik der zweiten gegenwärtigen Gefahr, die Wirtschafts- und Gesellschaftskrise, relativ gut kennen (Erfahrungen mit der Finanzkrise 2009) und sie vollständig steuern können – jedenfalls solange sie keine unkontrollierbare Eigendynamik entwickelt. Und gerade weil diese Gefahr besteht, muss eine sehr sorgfältig und intensiv betriebene und ganzheitlich-systemisch angelegte Gefahrenabschätzung vorgenommen werden.
Das Problem paralleler Risiken ist aus der Medizin bekannt. Wenn ein Tumor in ein lebenswichtiges Organ eingewachsen ist, kann man ihn nicht einfach herausschneiden.

2.2 Hinweise und Warnungen in Publikationen, Broschüren und Reden
Dass die Bewertung von bundesweiten Gefährdungen („bundesweite Risikoanalyse“) noch nicht ausreicht und dringend verbessert werden muss, ist seit über zehn Jahren bekannt. Dieses Anliegen war bei der letzten Änderung des ZSKG (2009) noch nicht integriert worden.
2012 stellte der damalige Leiter der Katastrophenschutzabteilung des BMI fest, dass zwar wesentliches bei der Verbesserung von Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe erreicht sei, aber insbesondere die bundesweite Risikoanalyse noch abgearbeitet werden müsse.
„Als neue Instrumente in der Bund-Länder-Zusammenarbeit wurden das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum des Bundes und der Länder, die Datenbank deNIS für das Informations- und Ressourcenmanagement, das satellitengestützte Warnsystem des Bundes und als organisatorischer Schwer punkt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gegründet. Das BBK verknüpft alle Bereiche der zivilen Sicherheitsvorsorge zu einem wirksamen Schutzsystem für die Bevölkerung und ihre Lebensgrundlagen („Bevölkerungsschutz“) und unterstützt mit Ausstattung und Expertise die Länder bei Großschadenslagen („Katastrophenhilfe“).Die großen Entscheidungen im Bevölkerungsschutz sind damit gefallen. Die „Neue Strategie“ ist – letzter wesentlicher Schritt war das neue Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes im Jahr 2009 – im Wesentlichen umgesetzt, auch wenn noch einige Punkte abzuarbeiten sind, so die bundesweite Risikoanalyse.“ (Norbert Seitz, aus: Schriften zur Zukunft der Öffentlichen Sicherheit, Das Undenkbare denken, Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit, 2012, ab Seite 36)
Ebenso ist lange bekannt, dass bei Großschadenlagen wie einer Pandemie systemische Zusammenhänge zu beachten sind.
„Wollte man versuchen Risiken und Gefahren für unsere Gesellschaft zusammenzutragen, würde man eine Liste ganz unterschiedlicher Phänomene zusammenstellen können, wie bereits vielfach geschehen: Ausfall kritischer

Infrastrukturen, Naturgefahren, Pandemien sowie Terrorismus und (Cyber-) Kriminalität. Die Aufzählung ließe sich problemlos erweitern. Entscheidend ist jedoch, dass die benannten Gefahren und Risiken etwas gemeinsam haben: Sie haben systemischen Charakter. Nach Renn et al. beziehen sich systemische Risiken auf
„hochgradig vernetzte Problemzusammenhänge, mit schwer abschätzbaren Breiten- und Langzeitwirkungen, deren Beschreibung, Kategorisierung und Bewältigung mit erheblichen Wissens- und Bewertungsproblemen verbunden sind2“ [zitiert nach Renn, Ortwin/Schweizer, Pia J./Dreyer, Marion/Klinke, Andreas 2007: Risiko. Über den gesellschaftlichen Umgang mit Risiko, München:176]“ (Marie- Luise Beck und Dr. Lars Gerhold, FOES, Komplexität, Unsicherheit und Ambiguität – vom mühsamen Umgang mit systemischen Risiken, aus: Schriften zur Zukunft der Öffentlichen Sicherheit, Das Undenkbare denken, Zukunftsforum Öffentliche Sicherheit, 2012, Seite 32)
Die Wechselwirkungen von Maßnahmen des Gesundheitsschutzes mit anderen gesellschaftlichen Bereichen, waren anschaulich in der letzten weltweiten Krisensituation (Finanzkrise 2009) deutlich geworden. An dieser Erkenntnis hätte das Krisenmanagement in der Coronakrise stärker ausrichtet werden können und müssen.
„(…) Beispiel ist die derzeitige Finanzkrise, die als US-Immobilienkrise startete, auf den Bankensektor übersprang, sich zur Staatenkrise entwickelte und derzeit wieder die Banken in Bedrängnis zu bringen scheint. Als weitere Nebenfolgen wird der Vertrauensverlust der Bevölkerung in das Finanz- und Wirtschaftssystem sowie ein Legitimitätsverlust der Demokratie in den Medien diskutiert.“ (Marie-Luise Beck und Dr. Lars Gerhold, FOES, ebd., Seite 32)
Das Krisenmanagement 2020 hat diese Wechselwirkungen nicht systematisch miterfasst und in ihrer Wirkung nicht gegengerechnet. Durch diese arbeitstechnische Fehlleistung war es nicht möglich, rechtzeitig zu erkennen, wann die Kollateralschäden die beabsichtigte Wirkung überkompensieren würden.
Das BMI, das eine Grundsatzzuständigkeit für den Schutz Kritischer Infrastrukturen hat, und diese auf ihrer Website umfassend bewirbt (siehe Screenshot in Anlage 2), hätte die Eigenartigen von Kritischen Infrastrukturen bedenken und aktiv Überlegungen dazu in das Krisenmanagement einbeziehen müssen.
„(…) Ursache-Wirkungs- Bezüge, die in ihren Verästelungen kaum bekannt, geschweige denn beherrschbar sind. Ein Beispiel sind die Interdependenzen von Kritischen Infrastrukturen und ihre kaskadierenden Effekte bei Störungen, aber auch Infektionserkrankungen, bei denen es keinen eindeutigen Dosis-Wirkungs- Zusammenhang gibt und wo durch unterschiedliche Inkubationszeiten die Ursache (Ansteckung) und Auswirkung (Erkrankung) zeitlich extrem auseinander liegen kann.“ (Marie-Luise Beck und Dr. Lars Gerhold, FOES, ebd., Seite 33)

In einer Krise auf Vorgaben der EU zu warten erscheint wenig hilfreich, da dort in der Regel ein Minimalkonsens zustande kommt, der unter manchen wichtigen deutschen Standards zu liegen droht. Dass die europäischen Schutzmaßnahmen zu KRITIS nicht ausreichen, stellte im Übrigen der frühere Bundesinnenminister de Maizière 2015 in einer Rede heraus.
„Auch beim Schutz kritischer Infrastrukturen, also der für unsere Gesellschaft so bedeutsamen Einrichtungen wie Strom-, Wasser- und Energieversorgung, das Funktionieren der Bankensysteme, der Versicherungssysteme, besteht auch in Europa Handlungsbedarf.“ (Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière auf dem Forum International de la Cybersécurité am 20. Januar 2015 in Berlin)
In seiner Zeit als Bundesinnenminister erteilte de Maizière seinem Haus bereits 2015 den Auftrag, die nationale Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen weiter zu entwickeln und er gab einen konzeptionellen Rahmen dafür vor. Seitdem wurde dieses Thema stiefmütterlich behandelt. Das Vorhaben ist trotz jahrelanger Arbeiten immer noch weit von einem Ergebnis entfernt. Der Grund liegt – nach meiner Erkenntnis als erster Leiter dieses Projekts - in vielfachen administrativen Ungeschicklichkeiten und Fehlleistungen des eigenen Hauses (bei Bedarf, gerne ausführlicher). Die Auswirkungen zeigen sich heute: Die erneuerte KRITIS-Strategie sollte nach dem Willen des damaligen Bundesministers als erstes Element eines neuen KRITIS-Pakets Impulsgeber und Auftakt für ein KRITIS-Regierungsprogramm mit weitergehenden Maßnahmen zum Schutz Kritischer Infrastrukturen bilden, um die Resilienz unserer Gesellschaft nachhaltig zu verbessern. Dadurch, dass in den fünf Jahren seit Auslösen des Arbeitsauftrags noch nicht einmal ein symbolisches Strategiepapier erstellt werden konnte, kam auch der weitergehende Prozess nicht in Gange. Die Resilienz wurde nicht wie vorgesehen verbessert. Ich komme später darauf zurück.

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