Das Recht auf Information ./. das Recht auf Diskretion

in deutsch •  5 years ago  (edited)

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Das Recht der Öffentlichkeit auf Information kollidiert bisweilen mit dem Recht der Betroffenen auf Diskretion.
In diesem Spannungsfeld schlägt der Pegel - je nach Interessenlage - mal zur einen und mal zur anderen Seite hin aus. Anhaltspunkte dafür, daß das Recht auf Diskretion hinter das Informationsbedürfnis zurücktreten muß, liefern
a) der Bekanntheitsgrad der Person (Person des Zeitgeschehens)
b) die vorausgegangene Herstellung von Öffentlichkeit durch den Betroffenen (Wer die Öffentlichkeit gesucht hat, muß auch mit deren weiterem Interesse leben.)
c) das Sicherheitsinteresse der Bevölkerung (Gefährder)
d) die Notwendigkeit im Rahmen einer Fahndung (Öffentlichkeit muß wissen, nach wem oder nach Beobachtungen in Bezug auf wen gesucht wird, um helfen zu können.)
d) die besonderen Umstände des Geschehens (spektakulärer Vorgang).

Der Mord an dem 8-jährigen Leo Stettin im Frankfurter Hauptbahnhof, begangen durch den Eritreer Habte Araya, die staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen den Ex-Fußballprofi Christoph Mezelder wegen Kinderpornographie und die Ermittlungen im Falle Rebekka Reusch stellen drei Fälle der jüngsten Zeit dar, die medial sehr unterschiedlich behandelt wurden.

A) Der Fall Leo Stettin
Wenn ein Opfer durch einen Verbrecher sein Leben verliert, darf es nicht der Anonymität überantwortet werden. Durch die Unterdrückung seines Namens wird es ein weiteres Mal ausgelöscht.
Ungeachtet der Unschuldsvermutung vor der rechtskräftigen Verurteilung, ist bei bereits zuvor zweifelsfrei festgestellter Täterschaft auch der Name des Täters zu nennen. Wer sich eines schwerwiegenden Verbrechens schuldig gemacht hat, hat sein Recht auf Diskretion verwirkt. Das gilt selbstverständlich bei flüchtigen Tätern zur Warnung der Bevölkerung. Es gilt aber auch bei bereits in Verwahrung genommenen Tätern, wenn die Umstände der Tat es gebieten.
Das Zurückhalten von Informationen nährt Spekulationen, Zweifel am Ablauf der Geschehnisse und heizt die Gerüchteküche an. Das optimale Mittel gegen Fehlinformationen ist eine transparente Unterrichtung der Öffentlichkeit.
Schon im Jahre 2016 bei dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz hatte seinerzeit ein befremdlicher Umgang des Regimes mit den Fakten für öffentliche Irritationen bis hin zu berechtigten und bis heute nicht ausgeräumten Zweifeln an der offiziell verbreiteten Version des Geschehensablaufes gesorgt.
Der Frankfurter Mord wird von echter Anteilnahme und großer Betroffenheit der Bevölkerung begleitet, die gerade nicht im Verdacht der Sensationslust steht.
Dem Opfer in den Medien den fiktiven Namen „Oskar“ zu verleihen, ist schlicht unwürdig. Dadurch wird es entpersonifiziert, während der Täter individualisiert dargestellt wird.
Es kursiert die Meldung, wonach, nach Angaben des Onkels des Opfers, der Familie zur Vermeidung negativer Konsequenzen von den Behörden nahegelegt worden wäre, die Beerdigung des Jungen um 5 Uhr am Morgen unter polizeilicher Bewachung in aller Heimlichkeit vorzunehmen. Nach diesen Angaben stünden die Hinterbliebenen auch weiterhin unter behördlicher Beobachtung.
Hätte die Beerdigung des Jungen zur Unzeit tatsächlich auf Weisung der Behörden stattgefunden, und gerade nicht der freien Entscheidung der Familie zur stillen Abschiednahme in privatem Kreise entsprochen, lägen dem unlautere Motive zu Grunde.
Dieser Verdacht hätte durch die Veröffentlichung einer Bitte der Familie um Diskretion entkräftet werden können. Daß dies unterblieb, spricht Bände.

Im Medienzeitalter bleibt - zum Glück - nur noch wenig auf Dauer verborgen. Eine intelligente Informationsstrategie trägt dem Rechnung. Die Taktik des Mauerns ist der dosierten Abgabe von Information stets unterlegen, da sie nur dazu führt, daß sich das Informationsbedürfnis auf anderen Kanälen bedient.

B) Der Fall Christoph Mezelder
In dieser Sache wurden die polizeilichen Ermittlungen durch einen Hinweis der „Bildzeitung“ ausgelöst und simultan auch gleich medial begleitet.
Zur Aufklärung eines Verbrechens darf, kann und muß jede/r beitragen. Dies gilt auch für die „Bildzeitung“. Daran ändert auch nichts, daß sie direkt davon profitiert. Anders wäre es nur zu beurteilen, wenn die Geschichte frei erfunden wäre und der Verdacht einer Straftat sich als völlig gegenstandslos erwiese.
Dem Betroffenen gereicht hier seine Prominenz, von der er ansonsten vielfach profitiert, zum Nachteil. Damit muß er leben. Wer das Licht der Öffentlichkeit sucht, kann es danach nicht mehr beliebig ein- und ausschalten. Die Wahl für das Rampenlicht erfolgt zu Beginn. Danach aber läßt sich das einmal geweckte öffentliche Interesse nicht mehr nur auf positive Nachrichten beschränken.

C) Der Fall Rebekka Reusch
Der Schwager der Vermißten steht im Verdacht, in das Verschwinden involviert zu sein.
Unter Ermittlungsdruck veröffentlichten die Behörden unverpixelte Bilddarstellungen des Beschuldigten. Dies wird zwar lebhaft kritisiert, ist aber gerechtfertigt,

  • da es wohl hinreichende Indizien gibt, die gegen den Beschuldigten sprechen, und er sich zudem bei seinen Einlassungen in Widersprüche verwickelte, und
  • da anders eine Klärung der Tatsachenlage nicht möglich wäre (Wer hat ihn mit ihr gesehen?).
    Dennoch bleibt hier ein unguter Eindruck zurück. Hier handelt es sich um eine Person, die keine des Zeitgeschehens ist und auch das Rampenlicht nicht selbst gesucht hat. Die Unschuldsvermutung wird durch das Vorgehen der Behörden stark entkräftet. Auch wieder in Freiheit, ist der Betreffende weiterhin ein Gefangener, denn überall werden ihm schräge Blicke folgen, wird hinterrücks über ihn geredet werden, ist er ggf. öffentlichen Anfeindungen ausgesetzt. Selbst ein eventueller späterer Freispruch wird daran kaum noch etwas ändern („Wo Rauch ist, ist auch Feuer.“; „Er wird es schon gewesen sein. Zuzutrauen wäre es ihm.“).
    Mit einem schnelleren und stringenteren Zugriff wäre die Beweislage eine andere gewesen, es hätte diskreter vorgegangen werden können, und es müßte jetzt nicht durch planlose Einsätze mit viel Aufwand und bisher ohne Ertrag nachgearbeitet werden.

https://web.de/magazine/panorama/christoph-metzelder-was-bisher-bekannt-ist-33995382
https://steemit.com/deutsch/@isabellaklais/duemmer-als-die-polizei-erlaubt-polizeiarbeit-zwischen-ideologischer-verblendung-und-dilettantismus
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Das hat - wie so vieles - alles seine verschiedenen Aspekte. Eine Komplikation bei solchen Sachen sind die "Medien". Genauer gesagt, irgendwelche TV oder Zeitungsspacken, die für eine Sensationsmeldung ihre eigene Oma ersäufen würden. Grade den Opfern bzw. den Angehörigen wird dann gnadenlos nachgestellt, ohne Rücksicht auf Gefühle oder sogar Polizei-Ermittlungen. Ich erwähne hier als Beispiel mal den berühmten Fall der Gladbecker Geiselnehmer.

Ähnliches gilt auch für Prominente. Zwar haben diese selbst eine Präsenz in der Öffentlichkeit geschaffen, aber auch das muß gewisse Grenzen haben. Ganz besonders wenn es dabei um Familienmitglieder geht, die selbst gar nicht im Rampenlicht stehen.

Man muß halt immer im Auge behalten, das es den Medien vorrangig um Einschaltquoten und Auflagensteigerung geht, nicht einen Informationsauftrag der Bevölkerung gegenüber. Deshalb sollte man gut abwägen wieviel Freiheiten die sich gegenüber Personen herausnehmen dürfen, egal ob Promis oder nicht.

Das stimmt ganz sicher. Doch ist das nicht der Grund für das Verhalten der auf Weisung tätigen Behörden. Wenn sie Deine Erwägungen im Sinn hätten, wäre das ja lobenswert. Leider sind sie von anderen Motiven geleitet.