Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
Der Fall Philipp Amthor erscheint in vielerlei Hinsicht als typisch für die politische Landschaft in Deutschland und für einen Kandidaten wie ihn.
Aufgewachsen bei seiner alleinerziehenden Mutter, einer Werkzeugmacherin und Call-Center-Kraft, in bescheidenen Verhältnissen in Torgelow, war das renommierte Internatsgymnasium Schloß Torgelow (monatliche Kosten: 3000.- €) für Philipp Amthor so nah und doch so fern. Unbeeindruckt gelassen hat es ihn nicht.
Sein Habitus zeigt an, zu wem er aufschließen will. Seine Herkunft aber steht der Erkenntnis im Wege, wann man es auch einmal gelassener angehen lassen kann. Ihm fehlt die Ungezwungenheit und selbstverständliche Sicherheit der „jeunesse dorée“, die weiß, wo sie steht und nichts beweisen muß. Daher wirkt er immer etwas allzu bemüht.
Durch seine Stellung als Einzelkind sieht er sich stets veranlaßt, sich an Erwachsenen zu orientieren, um ernst genommen zu werden. Aufgrund seiner einfachen familiären Verhältnisse wird ihm schnell bewußt, daß er sein Schicksal selbst in die Hände wird nehmen müssen, da er von zu Hause keinen materiellen Rückhalt zu erwarten hat. Fest entschlossen, sein Milieu hinter sich zu lassen, ist er jedenfalls.
Dieser Hintergrund bringt ihm den Ruf des etwas altmodischen altklugen Strebers ein.
Im Ausland, wo Leistung und eine gepflegte Erscheinung schon an Universitäten angesagt sind, wäre Amthor nicht die Ausnahmeerscheinung, die er hierzulande im gammelig-linksversifft dominierten „mainstream“ abgibt. In Deutschland bleibt den anderen Kreisen dagegen nur die Abschottung in eigenen Zirkeln, was es einem wie Amthor schwer macht, den Anschluß zu finden.
Zugutehalten muß man ihm, daß er sich redlich durchbeißt. Der Fall des mordenden Jurastudenten Markus Gäfgen stellt das Gegenbeispiel dar, wo ein Aufsteiger dramatisch auf die schiefe Ebene gerät und in die Schwerstkriminalität abstürzt.
Hilfe sucht und findet Amthor schon früh in der CDU. Von ihr gefördert, legt er das Abitur und später die erste juristische Staatsprüfung erfolgreich ab. Das zweite juristische Staatsexamen „schenkt“ er sich, denn für ihn ist der Weg in die Politik bereits vorgezeichnet. Das allerdings liefert ihn der Partei aus, denn ohne das zweite juristische Staatsexamen tendiert seine Marktgängigkeit als Jurist gegen null. Der Partei dürfte dies nur recht sein. In Ermangelung beruflicher Perspektiven wird er zeitlebens auf das Wohlwollen der Partei angewiesen sein.
Hier kommt ein schwerer systemischer Fehler zum Tragen. Das nivellierende Bildungssystem treibt junge Leute in die Arme von Interessengruppen, die dort mit Förderung einsetzen, wo der Staat versagt. Im Gegenzug ködern sie ihre Schützlinge für ihre Zwecke. Amthor gerät so schon früh in die Fänge der Partei. Für diese erweist sich der Jungspund als ein „gefundenes Fressen“, denn mit Nachwuchstalenten ist die gerontokratische CDU nicht eben gesegnet.
In der Partei erkennt er schon sehr bald, wie es läuft. Die arrivierten Parteikader exerzieren vor, wie man sich im Selbstbedienungsladen Bundestag die Säcke füllt. Nebentätigkeiten und Lobbyismus sind dort an der Tagesordnung.
Schließlich erliegt er der Versuchung, selbst einen Griff in die Fleischtöpfe zu wagen. Dabei versucht er zwar, die diesbezüglich viel zu laxen Regeln formal einzuhalten, übersieht dabei aber, daß nicht alles, was gerade noch legal ist, auch richtig sein muß.
Für einen deutschen Politiker, der auf die konservative Recht-und-Ordnung-Linie setzt und einen Wahlkreis mit hoher Arbeitslosigkeit vertritt, nimmt es sich nicht eben vorteilhaft aus, wenn er als Lobbyist eines US-amerikanischen Unternehmens agiert. In Deutschland gibt es jede Menge Firmen, die für Fürsprache dankbar wären.
So wirklich legal erscheint die Sache durchaus nicht, denn er verwendet sich für die Interessen eines Unternehmens, in dem er einen Direktorenposten bekleidet und von dem er Aktienoptionen besitzt. Hier drängt sich der Verdacht des Verstoßes gegen Insiderregeln auf. Die Optionen hatte er zwar noch nicht ausgeübt und nach Aufdeckung der Geschichte zurückgegeben, doch eben erst danach. Zur Dekoration seiner Wohnung dürfte er sie nicht angenommen haben.
Endlich sieht auch er die Chance, auf Kosten seiner ausländischen Auftraggeber die Welt und dort die jet-set-Orte zu erkunden.
Der „shooting star“ dürfte abgeschossen worden sein. Die Enthüllungen folgten der Verdrängung innerparteilicher Rivalen von ihren Plätzen, die dies nicht ohne Zähneknirschen goutiert haben dürften. Spätestens jetzt sollte er wissen, was der Kalauer „Feind - Erzfeind - Parteifreund“ besagt. Mit dem Neidfaktor ist stets zu rechnen.
Es ist durchaus nicht ohne persönliche Tragik, daß es gerade den eher unbedarften Jüngsten traf, denn es gibt noch weitaus schlimmere Insassen dieses Augiasstalles. Richtig ist es dennoch. Wehret den Anfängen!
Deutschland steht schon seit einiger Zeit international am Pranger wegen Untätigkeit bei der Umsetzung von Regeln zur Gewährleistung größerer Transparenz bei Lobbyismus. Hier betreibt gerade die CDU unrühmliche Obstruktion; hat sie doch in ihren Reihen einige schwarze Schafe, die zwar nicht durch Leistung brillieren, sich dafür aber umso eifriger als Interessenvertreter hervortun.
Da die Parteienvertreter keinerlei Interesse daran haben, sich selbst die Pfründe zu nehmen, kann nur ein kompletter Systemwechsel in Deutschland für das sorgen, was Philipp Amthor zwar formal versprach, aber niemals hätte einlösen können: Recht und Ordnung. Hätte er es nur versucht, wäre er spätestens dann von den Insassen des Haifischbeckens gefressen worden. Jetzt steht er in der Schußlinie, nicht etwa wegen seines Fehlverhaltens, sondern weil er sich erwischen ließ und so die Lawine einer unliebsamen Debatte losgetreten hat.
https://www.mopo.de/news/politik-wirtschaft/lobbyismus-skandal-cdu-jungstar-philipp-amthor--der-streber-stuerzt-ab-36850690
https://www.focus.de/politik/deutschland/cdu-nachwuchstalent-unionsleute-sauer-wegen-lobby-job-zieht-sich-amthor-aus-u-ausschuss-zurueck_id_12101792.html