Deutschland riskiert seinen Erfolg. Ein Digitalisierungsdefizit ist jedoch nicht der Grund dafür.

in deutsch •  7 years ago 

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Deutschland riskiert seinen wirtschaftlichen Erfolg. Das steht außer Frage. An einem Digitalisierungsdefizit liegt es primär jedoch bestimmt nicht.

Die Großunternehmen sind in digitaler Hinsicht bereits gut aufgestellt. Wenn man den Mittelständlern diesbezügliche Defizite vorhält, muß man zunächst definieren, wovon man spricht. Der Mittelstand umfaßt eine recht weite Bandbreite an Betriebsgrößen. Dazu zählen Unternehmen mit zwischen 10 und 500 Beschäftigten. Das stellt keine homogene Gruppe dar. Während die großen Mittelständler weitgehend zu den Großunternehmen aufgeschlossen haben dürften, auch in digitaler Hinsicht, besteht bei den kleineren das Erfolgsgeheimnis unter Umständen gerade in der Bedienung der Sektoren, in denen Digitalisierung kein Zauberwort darstellt.

Das Verdienst des Internet besteht in der Erschließung ferner Märkte sowie der Vergrößerung von Warenangebot und Preistransparenz. Die Ware wird direkt ins Haus geliefert. Diese Vorteile unterstützen derzeit noch den Trend hin zum Netz.
Doch auch diese Bewegung stößt an Grenzen. Ist man bei Anlieferung nicht anwesend, führt der Weg zur ungeliebten Post. Wenn die nach Hause gelieferte Ware Defekte aufweist oder nicht paßt, beginnt der unangenehme Teil mit der Retoure. Dann heißt es, Formulare ausfüllen, verpacken und wieder den Weg zur Post anzutreten. Dieses Verfahren eignet sich fraglos für Händler, die sich zum Wiederverkauf eindecken. Für Private dürfte sich der Nutzen auf Standardprodukte beschränken. Überall dort, wo Paßgenauigkeit, Farbnuancen, Auswahlmöglichkeit unter mehreren Exemplaren und besondere Qualitätsprüfung durch Inaugenscheinnahme eine Rolle spielen, überwiegen beim Erwerb über das Netz meist die Nachteile. Es ist daher absehbar, daß die Verbraucher in bestimmten Segmenten dem Netz wieder den Rücken kehren werden, haben sie erst einmal Bekanntschaft mit den Widrigkeiten gemacht.
Zudem möchte man sich nicht das Erscheinungsbild unserer jetzt bereits weithin verödeten Innenstädte vorstellen, falls die Digitalisierung noch weiter fortschreitet und die letzten verbliebenen Individualhändler frißt. Wo nur noch Massenware von Kettenfilialisten vertrieben wird, bleibt die Lebensqualität auf der Strecke.

Es muß Raum für beides geben - Standardisierung und Individualisierung. Beide haben ihre Notwendigkeit und daher ihre Berechtigung. Es darf demzufolge Firmen, die auch ohne oder mit geringerer Digitalisierung Erfolge aufweisen, dies nicht als Versäumnis angekreidet werden. Sie erfüllen genau die Bedürfnisse, die die Digitalisierung schuldig bleibt.

https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/deutschland-setzt-seinen-erfolg-aufs-spiel/ar-BBH0Gnr?li=AAaxdRI&MSCC=1513681900&ocid=spartandhp
19-12-_2017_14-01-34.png

Authors get paid when people like you upvote their post.
If you enjoyed what you read here, create your account today and start earning FREE STEEM!
Sort Order:  
Das Internet hat bereits vor Jahren die Post schwer getroffen und sie sozusagen zum Junior-Partner gemacht. Das Monopol ist gebrochen. Briefe werden zum größten Teil elektronisch zugestellt, mit Telekommunikation hat die Post praktisch nichts mehr zu tun, und mittlerweile hat sie auch starke Konkurrenz von Paketdiensten. Große Online-Händler haben bereits ihre eigenen Lieferdienste. Will die Post auf dem Markt bestehen, dann wird sie es sich nicht mehr allzu lange leisten können, die Kunden bei der nächsten Hauptfiliale antanzen zu lassen, sondern es wie hier in UK machen: Ist der Empfänger nicht zuhause, so kann er sich das Paket in die Arbeit liefern lassen. Mit anderen Möglichkeiten spielt Amazon bereits. Nicht nur Lieferung per Drohne, sondern per Smart Lock, ein Schloß, das die Türe öffnet, wenn ein bestimmter Code eingegeben wird, so daß der Amazon-Lieferant das Paket direkt ins Haus stellen kann.

Einzelhändler dürften wohl in absehbarer Zukunft nur noch für "Einkaufsbummel" offen haben, also für Hausfrauen, die sich hundert Kleidungsstücke zeigen lassen, sie anprobieren, und sie womöglich dann noch online bestellen. Ob sich die Einzelhändler allein mit dieser Kundschaft behaupten können, das ist allerdings fraglich.

Was die Digitalisierung angeht ist DE im internationalen Vergleich allenfalls Mittelmaß. Selbst Entwicklungsländer sind mittlerweile besser erschlossen, was oft daran liegt, daß sie den Entwicklungsschritt übersprungen haben, auf dem DE noch festhängt. Im Linienbus zwischen Lahore und Islamabad hat man durchgehend WiFi - kostenlos. In der ersten Klasse eines ICE hat man auch WiFi, allerdings zahlt man dafür umsonst, denn es funktioniert nicht so wirklich.

DE: Digital und mental zurückgablieben
Wie weit die Digitalisierung in DE "fortgeschritten" ist läßt sich erahnen, wenn man einen Blick auf die Abdeckung von Google Streetview wirft.

Bei Paketdiensten funktioniert die Zustellung oft noch schlechter, da nicht alle in allen Orten vorhanden sind. Und wer will seine Haustür schon von Fremden per Code öffnen lassen? Drohnen werfen das Zeug dann in den Garten? Na, danke!