Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
Vor dem Hintergrund der heutigen desaströsen Entwicklung sei ins Gedächtnis gerufen, daß dem Untergang eine Reihe verpaßter Chancen vorausgeht. Wir erleben gerade wieder eine solche. Wollen wir nicht endlich klug werden? Genügend Schaden als Voraussetzung dafür ist doch vorhanden!
von Eis Vogel
am 10. Mrz. 2022
„Lieber das halbe Deutschland ganz als das ganze Deutschland halb.“ (Konrad Adenauer)
„(…) Am 10. März 1952 hatte die Sowjetunion in einer Note an die drei Westmächte vorgeschlagen, »unverzüglich die Frage eines Friedensvertrages mit Deutschland zu erwägen«. Die sowjetische Regierung hatte ihrer Note einen Entwurf zu einem solchen Vertrag beigefügt, der als Hauptpunkt die »Wiederherstellung Deutschlands als einheitlicher Staat innerhalb der von der Potsdamer Konferenz festgelegten Grenzen« vorschlug. Er enthielt als Preis dafür aber auch die Verpflichtung Deutschlands, »keinerlei Koalitionen oder Militärbündnisse einzugehen, die sich gegen irgend einen Staat richten, der mit seinen Streitkräften am (Zweiten Welt-)Krieg gegen Deutschland teilgenommen hat«. Der sowjetische Vorschlag kam für den Westen überraschend und irritierte besonders Konrad Adenauer, der als Bundeskanzler ganz auf die Westintegration und damit auf die Teilung Deutschlands setzte. (…)
Die drei Westmächte lehnten die sowjetische Offerte – mit vollem Einverständnis des westdeutschen Bundeskanzlers – ab. Sie ließen sich bei ihrem bereits angelaufenen Vorhaben, die Bundesrepublik in die westlichen Militärstrukturen zu integrieren, nicht mehr stören. Bereits am 25. März übermittelten sie der sowjetischen Seite ihre Ablehnung. Bis zum September 1952 tobte zwischen den ehemaligen Alliierten zwar noch eine »Notenschlacht« um die deutsche Frage, gleichzeitig wurden aber von westlicher Seite Tatsachen geschaffen. Ende Mai 1952 unterzeichneten Frankreich, Italien, die Benelux-Staaten und die Bundesrepublik, von den USA inspiriert, den Vertrag über die »Europäische Verteidigungsgemeinschaft«. Der EVG-Vertrag sah die Integration der nationalen Streitkräfte dieser Staaten unter einem gemeinsamen Oberbefehl vor.
Für die Bundesregierung unter Adenauer war die Ablehnung der »Stalin-Note« durch die Westmächte das Signal, ihre Pläne für ein »Roll back« in Deutschland mit größerem Nachdruck, als das bisher möglich gewesen war, voranzutreiben – auch »wissenschaftlich«. Noch im März 1952 hielt der »Forschungsbeirat für Fragen der Wiedervereinigung Deutschlands« seine konstituierende Sitzung ab. Jakob Kaiser, im ersten Kabinett Adenauer der Minister für »gesamtdeutsche Fragen«, schlussfolgerte in seiner Eröffnungsrede aus der negativen Antwort der Westmächte auf den sowjetischen Friedensplan für Deutschland: Nunmehr könne der »Tag X«, an dem der Anschluss der »Sowjetischen Besatzungszone« an die Bundesrepublik stattfinden werde, schneller kommen als geglaubt. Man müsse auf alle damit verbundenen Probleme vorbereitet sein, um durch die Wiedervereinigung mit der »SBZ« den ersten Schritt zur »Restauration der Zustände vor dem Kriege« einzuleiten. Dabei, so äußerte sich Friedrich Ernst, ein Mitglied des Planungsstabes des Forschungsbeirates, müsse eine dauerhafte Kooperation dieses Beirates mit Gruppierungen wie dem »Untersuchungsausschuss freiheitlicher Juristen« und der »Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit« [1948 in West-Berlin gegründete terroristische Vereinigung, verantwortlich für zahlreiche Sabotage- und Subversionsakte auf dem Territorium der DDR; eig. Anm.] hergestellt werden. (…)
Die ostdeutsche Regierung hatte das Wiedervereinigungsziel in ihrer Programmatik fest verankert. Noch im Januar 1951 appellierte die Volkskammer an den Bundestag, einen »Gesamtdeutschen Rat« zu bilden, der über die Bedingungen für freie, allgemeine, gleiche und direkte Wahlen zu einem gesamtdeutschen Parlament beraten sollte. Sie hatte die sowjetische Initiative von März 1952 begrüßt. Nur wenige Monate später musste sie die Orientierung auf ein friedliches, neutrales Gesamtdeutschland zu Grabe tragen. (…)
[Bei der Verkündung des »planmäßigen Aufbaus des Sozialismus« in der DDR auf der vom 9. bis 12. Juli 1952 tagenden 2. Parteikonferenz der SED] handelte es sich um ein zwar von der SED-Führung schon längere Zeit angestrebtes, wegen der sowjetischen Pläne für die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands terminlich aber nicht fixiertes Ziel. Erst am 8. Juli hatte das Politbüro der KPdSU sein Einverständnis erklärt. Die geringschätzige Behandlung der sowjetischen Note vom 10. März 1952 durch die Westalliierten hatte der sowjetischen Führung deutlich gemacht, dass das mit besonderem Nachdruck von Stalin verfolgte Ziel der Schaffung eines militärisch neutralen Gesamtdeutschlands nicht zu verwirklichen sei. Von da ab standen vonseiten der sowjetischen Regierung der Schaffung der Grundlagen des Sozialismus in der DDR keine übergeordneten weltpolitischen Ziele mehr entgegen. (…)“
Jörg Roesler, in: junge Welt, 28.01.2013
„(…) Es herrschte (…) zwischen der Führung der KPdSU und der SED volle Einmütigkeit darüber, dass die DDR den Übergang zum Sozialismus nicht im Gleichschritt mit den volksdemokratischen Ländern – dort wurde er 1947/48 vollzogen – mitmachen könne, um der Lösung der vordringlichen Aufgabe, der Herstellung der Einheit Deutschlands, keine Hindernisse in den Weg zu legen. Zugleich aber herrschte auch darüber Einmütigkeit, dass für den Fall, dass die Spaltung durch die Westmächte und ihre westdeutschen Schützlinge vollzogen und vertieft würde, die antifaschistisch-demokratische Ordnung in der DDR nicht auf ewige Zeiten künstlich konserviert werden konnte, da es von ihr aus nur entweder ein Zurück zum Kapitalismus oder ein Vorwärts zum Sozialismus geben konnte. (…)
Es gab also völlige Übereinstimmung zwischen Moskau und der SED-Führung darüber, dass die Alternative lautete: Entweder in absehbarer Zeit Herstellung eines einheitlichen, demokratischen, neutralen Deutschland – oder auch in der SBZ/DDR irgendwann die Notwendigkeit, zum Aufbau des Sozialismus überzugehen. Und für diesen zweiten Fall mussten vorausschauend die günstigsten Bedingungen geschaffen werden. (…)
Es war also von den Umständen erzwungen, dass die Sowjetunion eine Deutschlandpolitik betrieb, die beiden Möglichkeiten Raum bot und [ihnen keine] unüberwindliche Hindernisse in den Weg legte. (…)
Die bekannte und viel umstrittene Stalin-Note vom 10. März 1952 an die drei Westmächte mit ihrem Angebot der Schaffung eines einheitlichen, demokratischen und neutralen, von Besatzungstruppen freien Deutschland entsprach genau dieser Notwendigkeit. Einerseits stellte sie die denkbar stärkste Hilfeleistung von außen dar für alle politischen Kräfte in Deutschland, deren Ziel die Überwindung der Spaltung des Landes war. Zum anderen aber zwang sie alle inneren und äußeren Gegner der Einheit Deutschlands, Farbe zu bekennen und vor dem deutschen Volk und der Geschichte die Verantwortung für die Aufrechterhaltung und Vertiefung der Spaltung Deutschlands zu übernehmen.
Mit ihrer Ablehnung des sowjetischen Vorschlages und mit dem Abschluss des Deutschland-Vertrages (26. Mai 1952) und des Vertrages zur Bildung der “Europäischen Verteidigungsgemeinschaft” (EVG) unter Einbeziehung der Bundesrepublik in ihr westliches Militärbündnis (27. Mai 1952) haben die Westmächte keinen Zweifel daran gelassen, wer die Chance zur Überwindung der Spaltung ausschlug und sie statt dessen schon fast bis zur Unheilbarkeit vertiefte. Sie haben damit aber auch – gezwungen durch die Sowjet-Note – vor der Geschichte klargestellt, dass der zwei Monate später gefasste Beschluss der DDR-Führung, zum Aufbau des Sozialismus überzugehen, nicht Ursache, sondern unvermeidliche Folge der durch die Westmächte und ihre westdeutschen Partner vorsätzlich herbeigeführten Vertiefung der Spaltung Deutschlands war. (…)“
https://kurt-gossweiler.de/hintergruende-des-17-juni-..
Hintergründe des 17. Juni 1953 (Sommer 1993) Mit Anhang: Rede von Max Reiman auf der 15. ZK-Tagung d
kurt-gossweiler.de