Die Presse - wie sie sich darstellt und wer sie beeinflußt

in deutsch •  5 years ago  (edited)

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Vier unserer Freunde - Notan Dickerle, Erasmus Konsul, Tanuki und Prof. Dr. Dr. h. c. Reinhard Olt - haben den Versuch unternommen, eine Erklärung dafür zu finden, daß die Presse sich nur noch als Propagandaorgan betätigt und ausschließlich die Sicht der politischen Machthaber darstellt. Dabei haben die drei Autoren das Thema erweitert hin zu der alles überlagernden Frage, wieso es mit Deutschland so weit kommen konnte, daß derzeit düstere Wolken die Zukunft überschatten, wo doch das deutsche Erfolgsmodell sich so hoffnungsvoll entwickelt und auf bestem Wege befunden hatte.
Es ist zu vermuten, daß die entscheidende Antwort sich noch hinter der Nebelwand der jüngeren deutschen Geschichte verbirgt (Stichworte: Souveränität, Kanzlerakte), deren zentrale Bestandteile noch immer nicht im Geschichtsunterricht gelehrt werden, während das dort Vermittelte allenfalls bedingt der Wahrheit entspricht.
Ein Faktor von Bedeutung stellt sicher die bereits in der Vor-Kasner-Zeit vorherrschende Tendenz dar, Positives noch weiter zu euphemisieren und Negatives zu bagatellisieren. Letzteres aber fällt irgendwann auf die Füße. Spätestens seit dem Antritt von Kasner ist es so weit. Ein Deutschland gegenüber illoyales Regime ist installiert und verhindert die Korrektur überkommener Schieflagen, auf die nun noch weiterer Ballast aufgestockt wird.

Notan Dickerle:

Zu den vielen politischen Merkwürdigkeiten in Deutschland gehört die bisher unbeantwortete Frage, warum etwa seit der deutschen Wiedervereinigung und spätestens seit der Machtübernahme durch Rot/Grün 1998 die Medien zunehmends nur noch das Denken des politischen Spektrums wiedergeben, und warum das Selbstverständnis der früheren Journalistengeneration à la Hanns-Joachim Friedrichs (Der Journalist darf sich auch mit einer guten Sache nicht gemein machen.), Ernst-Dieter Lueg (Herr Lüg contra Herr Wöhner!), Friedrich Nowotny, Hans-Ulrich Kempski (Wer beobachtet, darf nicht mitspielen.), Peter Scholl-Latour und vieler anderer mit einem Mal verschwunden ist. Dies gilt in verstärktem Masse für die öffentlich-rechtlichen Sender, die nur sehr bedingt vom Markt abhängig sind. Gut, sie werden von den politischen Parteien kontrolliert; das wurden sie aber zu Zeiten von Lueg, Novotny und Gerhard Löwenthal auch. Die privaten Medien müssten aus der Situation eines insbesondere durch Digitalisierung und Internet verstärkten Wettbewerbs eigentlich den umgekehrten Schluss ziehen und sich vom politischen Mainstream absetzen um durch kontroverse Standpunkte ihr Profil zu schärfen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Alle werden immer gleichförmiger, was wiederum Hauptgrund für nachlassendes Interesse beim Publikum, sinkende Auflagen und abnehmende Einschaltquoten ist. Warum kommt trotzdem niemand auf die naheliegende Idee, gegenzusteuern? Gab es selbst- und verantwortungsbewußten Journalismus nur bei der „Erlebnisgeneration“, die noch den Krieg erlebt hat, entsprechend stolz auf ihre Wiederaufbauleistung und nur bedingt „reeducated“ war? Vielleicht trägt auch die von den 68-ern in Mode gebrachte Boykottmentalität - kauft und inseriert nicht bei Schmuddelkindern und Uncorrecties! - und eine fundamentalistisch anmutende Hypermoralisierung selbst alltäglicher Geschehnisse zur Verengung der Horizonte bei. Eine umfassende, befriedigende Erklärung ist das aber auch nicht.
Abgesehen davon bleibt die Hauptfrage nach dem Grund für die dramatische Einengung des politischen Spektrums selbst bis hin zur bereits sprichwörtlich gewordenen "Alternativlosigkeit" weiterhin offen (Das Wort wird für immer mit Angela Merkel verbunden bleiben.). Sie ist die post-postmoderne Gretchenfrage, um die sich die wesentlichen Diskussionen eigentlich drehen müssten, auch wenn die „Qualitätsmedien“ (so ihr Selbstverständnis) sie nicht wahrnehmen (wollen): Wie sind wir in den Merkel-Staat geraten, wie war dieser Putsch von oben, diese Verwandlung des Rechtsstaates in einen Gesinnungsstaat möglich, nachdem seit 1949 doch eigentlich alles im grünen Bereich verlaufen ist? Wieso wird das Erfolgsmodell Deutschland 75 Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation sehenden Auges demontiert? Warum gehen die Esel auf einmal auf das Eis tanzen? Und warum machen (fast) alle mit?

Erasmus Konsul:

Für die „Verengung“ des Pressespektrums gibt es möglicherweise drei Gründe: Geld, Macht und Ansehen/Einfluss:

  • Geld: Die finanzielle Lage nahezu aller Zeitungen hat sich dramatisch verschlechtert bei gleichzeitiger Zunahme der Konzentration. Werbeeinnahmen brechen weg, bei sinkender Auflagenzahl. Das wirkt sich dramatisch auf die berufliche Lage der Journalisten aus, vom Chefredakteur bis zum Einzelkämpfer in der letzten Reihe. Und der Financier, sprich der Verlag, hat klare Erwartungen. Da weiß jeder, was „geht“ und was nicht. Davon hängt seine berufliche Existenz ab.
  • Macht: Bei Journalisten geht es hauptsächlich um Zugang zur Macht. In der Kanzlermaschine mitfliegen, Interviews, Einladung zu Talshows, „Weiterbildung“ im großen Netzwerk der atlantischen Institutionen wie Marshallcenter oder der Parteistiftungen wie FES oder KAS etc. Da kommt nur ein Medium heran, das im System mitspielt, und nur dieses wird gehört.
  • Ansehen/Einfluss: Eigentlich ein Ersatzgrund, da er sich aus den ersten beiden ergibt. Aber vielleicht sollte man ihn aus seiner negativen Seite sehen: Die öffentliche Verdammung! Das ist dann wie in der Politik.

Stelle ich das alles in Rechnung, wüsste ich jedenfalls als Redakteur oder Journalist bei NZZ, FAZ oder Tagesspiegel schon, was ich schreiben kann oder nicht. Also auf alle Fälle nicht, dass man den Kemmerich in Thüringen hätte machen lassen sollen (das geht ggf. noch bei der NZZ). Proamerikanisch, gegen Erdogan, Putin, China usw., aber bloß nicht nach den Ursachen der Flüchtlingsströme 2015 fragen. Da muss man schon Todenhöfer oder der leider verstorbene Scholl-Latour sein, um das zu können und die Rolle der USA zu hinterfragen. Ganz zu schweigen hinsichtlich Vergangenheitsbewältigung...oder Klima..oder Europa. Natürlich gibt es ein paar Schattierungen, etwa bei solchen Ersatzdiskussionen wie Höchstgeschwindigkeit etc. Gelegentlich gibt es Gastautoren, die davon etwas abweichen.

Diese drei Punkte Geld, Macht und Einfluss beschreiben zwar die Methode, wie es gehen kann, aber nicht die Zielrichtung, in die es geht und warum es dahin geht!

Aber ich meine doch ausreichend beobachten zu können, dass der außenpolitische Spielraum Deutschlands und seiner Bundesgenossen deutlich zurückgedreht wurde. Das tönt ja auch in der Presse schon deutlich an, wenn von einem Verlust an Einfluss der EU die Rede ist. Ich glaube, dies auch mit dem Machtantritt von Angela Merkel zeitlich deshalb so verordnen zu können, weil man sich „outre-mer“ einen solchen Fall wie Gerhard Schröder nicht mehr leisten wollte, der doch allen Ernstes behauptet hatte, über deutsche Interessen würde in Berlin entschieden. Hier war ja sofort der Ansatz zu der Eigenständigkeit sichtbar, die man von einem vereinigten Deutschland gerade nicht mehr wollte. Deutschland hatte zunächst in Form der Bundesrepublik die Rolle des Frontstaates zu spielen, wo man es pfleglich behandeln musste. Außerdem war damals die Linke ja noch ein ernsthafter Gegner, weil vom Osten unterstützt. Danach hatte Deutschland die Aufgabe, die Osterweiterung einzuleiten und die NATO an die russische Grenze zu bringen. Mit dem Abschluss dieser Schritte hatte es jedoch erheblich an Wert eingebüßt und musste in seinem Spielraum eingeengt werden. Zumal es als vereinigtes Land potentiell noch mächtiger zu werden drohte. Das erfolgt nunmehr durch Schwächung seiner Energieversorgung, seiner Industrie, dem Entzug von Absatzmärkten und Schaffung interner Spannungen (Einwanderung) usw. Die Tatsache, dass es möglicherweise als Unterstützer für die USA immer noch relevant ist, die Etappe in Europa stärken und den Osten finanzieren muss, wird es vielleicht vor dem totalen Zusammenbruch retten...aber natürlich mit deutlich verstärktem US-Eingreifen in die internen Belange.

Natürlich hinderte die Deutschen zunächst nichts daran, sich dagegen zu wehren, was mit ihnen geschieht. Aber an der Masse der Bevölkerung geht das völlig vorbei. Sie ist ins „Unpolitische“ abgedrängt, schaltet den Fernseher ab, wenn es zu viel wird, vermeidet schlüpfrige Diskussionen und konzentriert sich auf das Geldverdienen. Der größte Erfolg der mit der Umerziehung nach dem Krieg begonnenen Kampagne ist vielleicht die Anästhesierung der Bevölkerung durch Verblödung. Richtig, sie durchschaut das Spiel nicht, weil sie in einer Märchenwelt des „Nie mehr“ und des „Wir sind etwas völlig Neues und Anderes“ erzogen worden ist. Und sie fühlt sich auch irgendwie immun gegen alles, was passieren könnte. Ihr ist die Fortexistenz Deutschlands völlig „wurscht“, aber sie fühlt doch wieder Deutsch, wenn es darum geht, sich durch Marschieren an der vermeintlichen Spitze des Fortschrittskultes für unverletzlich zu halten. Gleichzeitig sorgt der beschriebene „Gesinnungsdruck“ dafür, dass Ansätze zum Aufbrechen dieser Situation durch koordiniertes politisches Handeln im Keim erstickt werden, womit wir beim aktuellen Vorgehen gegen die AfD wären, die möglicherweise ein Katalysator in dieser Hinsicht werden könnte.

Dieser Zustand hängt ganz stark vom Wohlstand ab. Da ist ein weiterer Punkt, der auf die Frage Antwort geben könnte, warum gerade jetzt der „Gesinnungsdruck“ wächst: Das Wohlstandsversprechen wird entweder sukzessive ausgehöhlt - der Prozess läuft - oder aber es bricht im Krisenfall abrupt zusammen. Für diesen Fall muss vorgesorgt werden. Steht so etwas bevor? Wirtschaftskrieg gegen China? Nahost?

Und noch eines: Das westliche System wankt international immer mehr in seiner Konsistenz: Die USA machen brutale Interessenpolitik. Je mehr dadurch die Glaubwürdigkeit der sogenannten „Wertegemeinschaft“ geschwächt wird, umso mehr muss sie durch internen Druck aufrechterhalten werden. Dadurch entsteht die paradoxe Dichotomie, dass die Politik in Deutschland - intern und extern - im Grunde den Tendenzen der Führungsmacht des Westens entgegenläuft, auf deren angebliche moralische Fundamente sie sich beruft.

Tanuki:

(1) „Wieso wird das Erfolgsmodell Deutschland 75 Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation sehenden Auges demontiert?“

Das ist eine Frage, die mich schon lange quält.
Meine These: Eben WEIL es ein solches Erfolgsmodell wurde! Das schrie förmlich nach Demontage. Freilich unter Zugrundelegung einer Psychologie, die vermutlich nicht die eigene ist und daher nicht erkannt wurde/wird bzw., falls doch, dann sofort als unzutreffende/unangemessene/ungute etc. Unterstellung verworfen oder verboten wird. Zumindest geächtet. In diesem Zusammenhang oft benutzte "Argumente": (aber) das ist doch..., das geht doch nicht..., man kann doch nicht..., wo kommen wir denn da hin, wenn... usw.

(2) „Warum gehen die Esel auf einmal auf das Eis tanzen? Und warum machen (fast) alle mit?“

Die Deutsch(sprachig)en wurden von echten Meistern ihres Metiers nach einem langfristig (über Jahrzehnte) angelegten Konzept vorsichtig, aber geschickt zu effizienter Selbstkritik erzogen, die vor allem über eine gelungene, persönliche Identifikation mit den von ihnen als richtig, positiv oder sinnvoll "erkannten" Zielen der "Influencer" zu wirken beginnt und danach nur noch gelegentliche Bestärkung, selten Verstärker benötigt (Stichwörter, Phrasen, Musik, Bilder...).
Anders gesagt: über raffiniert plausibel gemachte Antworten auf die Frage: was ist richtig bzw. gut? Alles damit nicht Kompatible wird zwangsläufig als falsch / schlecht wahrgenommen und fällt mitkonditionierten Abstoßreaktionen anheim.
Diesbezügliche Einflussnahmen umfassen zahllose Kanäle, Medien und Methoden, einschließlich der als Religionsgemeinschaften getarnten Organisationen, deren Vertreter von Tür zu Tür gehen und mit den Menschen über den Gott der Amerikaner reden, der aber eigentlich für alle da ist. Das bringt einerseits bei vielen die vorhandene Restfrömmigkeit zum Schwingen, andererseits leistet es einem latenten Unbehagen mit den herkömmlichen Religionsgemeinschaften Vorschub. Zumindest werden Begriffe und Denkmuster eingeführt und eingeübt, die auch anderswo auftauchen und dadurch verstärkt, aber nie hinterfragt werden (Medien, Film usw.).

Einen Krieg anzetteln, diesen (für alle Beteiligten!) katastrophal verlieren, dazu noch Auschwitz (hier verstanden als Symbol für einen kaum fassbaren Problemkonnex) - und keine 15, 20 Jahre später dastehen als wäre nichts gewesen, mehr noch: zehnmal, ja hundertmal besser als je zuvor -, das muss zwangsläufig Neid wecken, Hass und Rachsucht schüren.
Dabei hat man sich seitens der Verliererstaaten von WK II ehrlich und intensiv bemüht, aufzuarbeiten, was man meinte angerichtet zu haben (sofern man dessen geistig habhaft werden konnte). Ich selbst und meine ganze Generation sind Zeuge dafür. D und Ö sind tief in sich gegangen, haben Abbitte geleistet und reuig alle Schuld auf sich genommen. Anscheinend hat das nicht genügt oder es war von Anfang an der falsche Weg.
Um es ein wenig befremdlich zuzuspitzen: sich Schuld aufzuladen (oder aufladen zu lassen), die einem nicht gebührt, weil man das zu Sühnende nicht wirklich oder nicht allein verursacht hat, ist auch dann Unrecht (= moralischer Diebstahl), wenn es den eigentlich (Mit)Schuldigen durchaus Recht ist und zupass kommt! (Die sogenannte Geschichte und ihre sogenannte Revision...)
Tatsache ist, dass D, weil und so lange es ihm gut geht, echte Feinde hat, sich aber Freund und Feind nur noch schwer auseinanderhalten lassen - zumal sie im Land und außerhalb aktiv sind. Darüber hinaus erscheint derzeit innerhalb der Bevölkerung der Republik ein halbwegs tragfähiger Konsens, egal worüber, kaum herstellbar. Sofern überhaupt klar ist, wer das eigentlich ist, die "Bevölkerung".
Auch diese Um- und Zustände entstanden bestimmt nicht von selbst und nicht von heute auf morgen.

Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt:

Als jemand, der einst dazugehörte, noch ganz andere Verhältnisse gewohnt war, aber in den letzten zehn (von 27 Journalisten-)Jahren deren sittlichen Niedergang bereits miterlebt hat, kann ich diesen Darlegungen weitestgehend folgen und zustimmen. Gleichwohl kommt mir darin ein Aspekt zu unterbelichtet vor: die Auswirkungen von 1968 auf das gesamte Erziehungs-, Hochschul- und Institutionenwesen/gefüge insgesamt. Es ist in Rechnung zu stellen, daß nicht allein der „Muff aus tausend Jahren unter den Talaren“ beseitigt wurde, sondern daß das Leitmotiv „Marsch durch die Institutionen“ absolut verwirklicht worden ist. Folge: Wer heute in den Gremien von öfftl.-rechtlichem Rundfunk und Fernsehen das Sagen hat, und wer in den Printmedien den Ton angibt, muß gar nicht mehr nach dem Prinzip Anordnung/Befolgung/Ausführung handeln und „Untergebene“ anleiten/anweisen; denn diese besorgen deren Geschäft von alleine, und da sie in aller Regel Schmalspurhistoriker/-politologen/-philologen sind, dafür aber mit der (von den „Ur“-68ern sowie bereits der zweiten und sogar dritten Generation der 68er geprägten und) zumeist link(sliberal)en Ideologie/Haltung geschuldeten Erziehung ausgestattet (um nicht zu sagen instrumentalisiert) worden sind, haben sie die Schere bereits im Kopf. Dazu kommt automatisch Tunnelblick und Anpassung an den Mainstream (das erspart vielfach das Recherchieren). Die wirtschaftliche Entwicklung im Medienwesen, insbesondere die dem Internet geschuldeten Einbußen an Reichweite / Verbreitung / Auflagen- und Verkaufszahlen / Abonnementseinbußen etc. besorgt das, was im von den anderen Autoren bereits behandelt worden ist und keiner weiteren Einlassungen meinerseits erfordert.

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