Die Schweiz stirbt gerne souverän.

in deutsch •  5 years ago 

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

In der Schweiz sorgt derzeit die Forderung aus Deutschland zur Außerbetriebnahme zunächst der grenznahen und später aller Atomkraftwerke für Verstimmung.
Dabei verweist die Schweiz auf ihre Souveränität, das Votum ihrer Bevölkerung und den untadeligen Zustand ihrer Anlagen.

Konkreter Anlaß der deutschen Forderung war die Wiederinbetriebnahme des Atomkraftwerkes Beznau, das sich mittlerweile im 51. Jahr am Netz befindet und für das noch weitere neun Jahre Laufzeit vorgesehen sind.

Der in Deutschland beschlossene Ausstieg aus der Atomkraft erfolgte in Reaktion auf die Havarie des Atomkraftwerkes Fukushima in Japan. Man war zu der Einsicht gelangt, daß Deutschland die mit dem Betreiben solcher Anlagen verbundenen Risiken ebensowenig beherrschen könnte, wie das im hochtechnisierten Japan der Fall war.
Erstaunlich erscheint in diesem Zusammenhang, daß in Japan diese Konsequenz aus dem Atomunfall nicht gezogen wurde. Das Land setzt weiter auf Atomenergie.

Aus der geographischen Lage der Staaten in Europa folgen Implikationen einer Pro-Atomkraft-Option eines Staates für die Nachbarstaaten. Davon betroffen aber ist immer auch die eigene Bevölkerung des Staates.
Daraus ergibt sich die Frage, ob ein Staat, der in unmittelbarer Nähe eines Hasardeurs angesiedelt ist, dessen souveräne Entscheidung zur Akzeptanz einer Hochrisikoexposition hinnehmen muß.
Im innerstaatlichen Bereich gebietet das Nachbarschaftsrecht ein sozialkompatibles Verhalten. Im internationalen Recht fehlen vergleichbare Normen für ein Verhalten, das sich primär innerhalb der Grenzen eines Staates abspielt.
Grundsätzlich unterliegt es der freien Entscheidung eines Staates, aus welchen Quellen es seinen Energiebedarf deckt. Entscheidet es sich für Atomkraft, spielen sich die damit verbundenen Vorgänge, solange es nicht zur Havarie kommt, innerhalb der Grenzen eines Territoriums statt. Erst im Ernstfall kommt es zu grenzüberschreitenden Folgen in fataler Größenordnung.

Der Atomausstieg Deutschlands kann die deutsche Bevölkerung nur unzureichend vor Schaden bewahren, wenn umliegende Staaten weiterhin auf Atomkraft setzen. Derartige Gefahren können nur transnational beseitigt werden. Daher sind internationale Regelungen unverzichtbar. Die damit einhergehende Einschränkung staatlicher Souveränität wird dadurch erträglich, daß bei einem GAU die Bevölkerungen aller Staaten tödlichen Gefahren ausgesetzt sind. Von einer Regelung profitieren alle.

Die deutsche Intervention der Schweiz gegenüber wird einstweilen dadurch beeinträchtigt, daß auch innerhalb der EU dieses Problem noch einer Lösung harrt. Das belgische Atomkraftwerk Tihange befindet sich nach zahlreichen Störfällen in derart prekärem Zustand, daß an die Bevölkerung Aachens bereits Jodtabletten ausgeteilt wurden. Um die französischen Anlagen Fessenheim und Cattenom ist es nicht sehr viel besser bestellt.
Die EU sieht dem bisher tatenlos zu und zieht es vor, sich der Krümmung von Gurken anzunehmen. Eine Gurkentruppe im wahrsten Sinne des Wortes! Gerade hier hätte sie eine immens wichtige Aufgabe wahrzunehmen.

Wenn die Atomtechnik keinen Fortschritt verzeichnet, muß beim gegenwärtigen Stand der Dinge davon ausgegangen werden, daß eine Havarie wie in Japan jederzeit auch anderenorts droht. Die EU ist hier dringlich zum Handeln aufgefordert, will sie ihre Daseinsberechtigung nicht vollends verspielen.
Wäre es für die Schweiz wirklich eine Genugtuung, souverän unterzugehen? Zumindest die Fürsorgepflicht für die eigene Bevölkerung geböte ein Überdenken ihrer Intransigenz.

https://www.nzz.ch/meinung/deutschland-fordert-die-abschaltung-vom-akw-beznau-ld.1516146
https://www.nzz.ch/international/deutsches-umweltministerium-schweiz-soll-akw-stilllegen-ld.1515693
114015337_highres.jpg

Authors get paid when people like you upvote their post.
If you enjoyed what you read here, create your account today and start earning FREE STEEM!
Sort Order:  

Natürlich ist es unverantwortlich Kernkraftwerke alter Bauart zu betreiben. Das Ausmaß des sogenannten "Restrisikos" ist einfach nicht akzeptabel.
Die Gründe für ein Festhalten an dieser Technik sind aber ebenso einfach wie vielfältig. In Japan zB. sind Politik und Industrie quasi ein und dasselbe. Kein Politiker stellt sich offen gegen Großkonzerne, und falls doch, wird er schnell kaltgestellt.
Nicht viel anders sieht es in Frankreich aus, wo der Staat selbst oft direkte Beteiligungen an Konzernen hält.
Andere, wie Belgien, die Schweiz, Tschechien usw. fehlt es einfach an Alternativen, selbst wenn der Wille da wäre.
Wir Deutschen sollten uns übrigens nicht zu sehr aufspielen. Unsere Einsicht kam schließlich auch reichlich spät und nicht ohne Herumlavieren, mit Laufzeitverlängerungen und reichlich Entschädigungen aus Steuergeldern für die armen Energiekonzerne, die nun nicht mehr riesige Gewinne mit dem Betreiben von alten Schrottreaktoren und dem abwälzen der Folgekosten - zB. für Lagerung radioaktivem Mülls - auf die Allgemeinheit machen können.
Auf eine Lösung des Problem von seiten der EU zu hoffen halte ich für illusorisch, ist doch die Schweiz nicht mal ein richtiges EU Mitgliedsland. Aber auch weil die EU Luschen genauso von Interessensverbänden gelenkt werden wie die staatlichen Stellen. Und, wie gesagt, keine existierenden Alternativen für die Stromversorgung bestehen, zB. in Frankreich.
Bis auf weiteres bleibt daher wohl nur... beten.

Sehr einverstanden.
Ich hoffe nicht auf die EU, sondern zeige auf, daß sie dort versagt, wo sie eine Rolle spielen müßte.
Klar, die Einsicht kam auch bei uns spät; aber besser spät als nie.
Auf die Schweiz kann man nur so Einfluß nehmen, wie man beim Bankgeheimnis verfuhr.