Ehre, wem Ehre gebührt! Linke, Lesbe und meine Lieblingskollegin - Marianne Lange

in deutsch •  3 years ago  (edited)

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Dieser Tage überkam mich die Idee, das Gespräch zu suchen für eine zu veröffentlichende Diskussion mit einer Vertreterin oder einem Vertreter der oppositionellen Richtung über die politische Lage in Deutschland.
Wenn man dabei den Anspruch erhebt, nicht unfair sein zu wollen, fällt auf der anderen Seite schon gleich massenweise Dummvolk weg, das man eigentlich nur vorführen kann.

Da kam mir die Erinnerung an Marianne Lange. Marianne Lange und ich durchliefen ein Jahr lang den Vorbereitungsdienst des Auswärtigen Amtes auf den Einsatz im diplomatischen Dienst. Danach trennten sich unsere Wege. Als Volljurist wechselte ich in die Zentrale des Ministeriums, während für die Volkswirtin und Journalistin Marianne Lange der Vorbereitungsdienst auf der Diplomatenschule in Bonn-Ippendorf noch ein weiteres Jahr andauerte.

Unter meinen Kollegen, speziell aber den damals noch wenigen Kolleginnen, fiel mir Marianne Lange spontan als ausnehmend sympathisch auf - nicht nur, weil sie den Vornamen meiner Mutter trug.
Marianne Lange war - auf den ersten Blick erkennbar - eine starke Persönlichkeit: hochintelligent, selbstbewußt ohne jeglichen Hang zur Selbstdarstellung, durchsetzungsfähig, charakterfest, kritisch, zielstrebig ohne karrieristischen Opportunismus, unangepaßt. Dabei war sie humorvoll und von sehr gewinnendem Wesen. Dadurch unterschied sie sich erkennbar von den anderen. Eine gestandene Frau mitten aus dem Leben mit Profil und Rückgrat, die ich sofort zu meiner Lieblingskollegin erkor.
Daß Marianne Langes politische Linie sich nicht unerheblich von der meinen (damals FDP-Mitglied) unterschied, war klar, führte aber nie zu Differenzen. Zu der damaligen Zeit herrschte nicht die giftig aufgeladene Spaltung, die man heute kennt.
Einige munkelten damals, sie sei lesbisch. Das interessierte mich jedoch nicht, da mir die private Orientierung der anderen schon immer gleichgültig war.
Da ich von dem gemeinsamen Jahr einen großen Teil zur Auffrischung meiner Russischkenntnisse in Paris verbrachte (Moskau war wegen der erforderlichen umfangreichen Sicherheitsüberprüfungen seinerzeit während des Vorbereitungsdienstes noch nicht freigegeben.), reduzierte sich die zeitliche Überschneidung mit Marianne Lange. Freundinnen wurden wir so zwar nicht, hegten jedoch stets erkennbare Sympathie füreinander.
Als ich später - ich befand mich dann schon im Auslandseinsatz - Marianne Lange in der Zentrale wiedertraf, unterrichtete sie mich von ihrer Absicht, das Auswärtige Amt zu verlassen, da sie sich dort nicht am richtigen Ort wähnte. Ich hielt entschieden dagegen und versuchte, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Wir brauchten unbedingt Menschen wie sie. Sie hätte dort auch zweifellos ihren Weg gemacht. Bedauerlicherweise gelang es mir nicht, sie von ihrem Vorhaben abzubringen. Danach verloren wir uns aus den Augen.
Marianne Langes Entschluß, aus innerer Überzeugung die sichere Position aufzugeben, war typisch für ihr unverbogenes, geradliniges Wesen. Es ringt höchsten Respekt ab, wenn jemand gegen seine eigenen Interessen und unter Aufgabe von Vorteilen den als richtig erkannten Weg verfolgt. Eine im wahrsten Sinne Unbestechliche mit echtem Seltenheitswert.

Auf der Suche nach Marianne Lange stieß ich auf einen Film, der sie portraitiert und in dem einige Weggenossinnen ihre persönlichen Eindrücke von ihr wiedergeben. Leider eine letzte Begegnung mit ihr: Ich mußte erfahren, daß sie bereits viel zu früh diese Erde vor nunmehr schon achteinhalb Jahren krankheitsbedingt verlassen hatte. Ich bin sehr traurig.

Der Film stellt sie, soweit ich das beurteilen kann, recht authentisch dar. Wenn man die enervierende dissonante Musik ausblendet, ist er ein sehenswertes Portrait einer nicht alltäglichen Frau, die hier sehr fehlt.

Du hast Spuren hinterlassen, liebe Marianne. Wenn, wie man sagt, das ewige Leben in der Erinnerung der anderen besteht, hast Du es. Ich erinnere mich gerne an Dich!

P. S.: Es stimmt übrigens nicht, daß man, wie im Film behauptet, zu Empfängen im Rock erwartet worden wäre. Anzüge waren schon immer der Standard.

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We always remember our friends for the good times and for their good attitude, regardless of the unpleasant things that others say. In this way they are always remembered.

As I read your article, I can see that your appreciation for Marianne is genuine. Undoubtedly, his unusual personal qualities are what leave those deep traces, those that must be cultivated daily to have "human quality".