Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
Unser Freund und Autor Notan Dickerle hat als profunder Afrikakenner viele Jahre auf diesem Kontinent gelebt und gearbeitet.
Daher freuen wir uns über seine Bereitschaft, anläßlich des Todes von Robert Mugabe nicht nur die Person des Verstorbenen zu beleuchten, sondern auch aktuelle Bezüge herzustellen zwischen der post-kolonialen Situation in Afrika und ihren Auswirkungen auf Europa.
Keine Zugabe mehr für Mugabe
von Notan Dickerle, Anwärter auf den Leuchtturmpreis für mutigen Journalismus gegen “Bunt”
Mit Robert Mugabe hat uns der letzte prominente Brutalo-Diktator aus der Zeit der Dekolonisierung Afrikas verlassen: er starb heute, am 6. September 2019 mit 95 Jahren in Singapur, wo er bereits seit einiger Zeit lägerig dahinsiechte. Zuvor hatte er sein Land Simbabwe, das ehemalige Südrhodesien, 37 Jahre lang angeführt, zunächst als Premierminister, von 1987 bis 2017 als Präsident, zunächst mit einer gemäßigten, versöhnlichen Linie, später mit diktatorischer Repression, schwarzem Rassismus und zunehmender Paranoia. Hatte ihn Richard von Weizsäcker 1988 noch einen „klugen, besonnenen Politiker“ genannt, gab Mugabe spätestens seit der Jahrtausendwende, als ein Referendum zu einer Verfassungsreform scheiterte, jede Art von politischer Rücksichtnahme auf, jagte die weißen Farmer aus dem Land und wütete auch gegen denjenigen Teil der schwarzen Bevölkerung, der nicht auf seiner bzw. der Seite seiner Partei ZANU stand. Erst als der 93-jährige erklärte, auch bei den nächsten Wahlen entweder selbst oder über seine zweite Ehefrau Grace (im Hinblick auf ihren Lebensstil gerne „Gucci-Grace“ genannt) wieder kandidieren zu wollen, zwang ihn seine eigene Partei zum Rücktritt.
Mugabe war einer jener Diktatoren, die wie Josef Stalin oder Fidel Castro als Jugendliche katholisch sozialisiert wurden. Er kam relativ spät zur Politik, als er in den 60-er Jahren in Ghana als Lehrer tätig war, das damals vom sowjetfreundlichen Afro-Marxisten Kwame Nkrumah ruinös regiert wurde. Die berühmte Wette, die dieser mit seinem Nachbarn, dem Präsidenten der Elfenbeinküste Felix Houphouet-Boigny über die Frage einging, ob die erfolgreiche Entwicklung der jungen Länder Afrikas eher durch Anlehnung an die ehemalige Kolonialmacht oder in schroffer Abgrenzung von derselben gelingen könne, ging zwar eindeutig an die Elfenbeinküste, trotzdem blieb Mugabe von Nkrumah nachhaltig beeindruckt. Seine anfänglich ausgleichende Haltung, die auch die weiße Bevölkerungsminderheit einschliessen sollte, lag zum einen im sog. "Lancaster-House-Abkommen" mit der britischen Kolonialmacht begründet, das im Rahmen der Unabhängigkeit ein zehnjähriges Verfassungsmoratorium festschrieb, zum anderen an der Rivalität zu dem seinerzeit populären Politiker Joshua Nkomo, von dem sich Mugabe abgrenzen mußte. Nach Ablauf der zehnjährigen Übergangsfrist und dem Abgang Nkomos von der politischen Bühne war die Zeit für den Übergang der moralischen in materielle Ideale reif, es wurde sozusagen "time to eat", die ZANU-Funktionäre bereicherten sich hemmungslos und auch der Mugabe-Clan tat dies spätestens seit der Verehelichung des Präsidenten mit seiner bisherigen Sekretärin Grace im Jahr 1996. Seither ging es mit Zimbabwe steil bergab, dem politischen und wirtschaftlichen Verfall - mit einer vorübergehenden Hyperinflation von 230 Millionen Prozent hat das Land 2008 die bis dato von der Weimarer Republik des Jahres 1923 gehaltenen Rekordmarke gebrochen! - folgte eine weitgehende außenpolitische Isolierung z.B. durch Ausschluß aus dem Commonwealth und eine Einreisesperre in die EU, was den frommen Präsidenten nicht daran hinderte, mehrmals den Vatikan zu besuchen, z.B. anläßlich der Amtseinführung von Papst Franziskus.
In der ehemaligen Kornkammer Afrikas kam es zu Hungersnöten, nachdem die weißen Farmer vertrieben und die neuen, mugabenahen Herren zum Betrieb einer geordneten Landwirtschaft nicht willig oder nicht in der Lage waren. Politisch war Zimbabwe in den letzten 20 Jahren von manipulierten Wahlen sowie Ausschreitungen gegen Andersdenkende und Andersfarbige geprägt. Auch dem politischen Hoffnungsträger Morgan Tsvangirai gelang es nicht, das Mugabe-Regime erfolgreich herauszufordern; immerhin war er (nach Vermittlung des südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki) eine Zeitlang Ministerpräsident, nachdem auch ein schwerer Autounfall im März 2009 seinem Leben kein vorzeitiges Ende bereiten konnte (es starb "nur" seine Frau).
Der Fall Robert Mugabe zeigt exemplarisch, daß in Afrika der Appetit regelmäßig stärker ist als die Idee - eine politisch sehr unkorrekte, aber pragmatisch umso wichtigere Einsicht, die freilich der herrschenden Lehre von der nicht nur rechtlichen sondern auch faktischen Gleichheit aller "human beings" widerspricht: In Afrika geht es nicht um Gleichheit, sondern um den eigenen Platz an der Sonne, der auch für die Familie, den Clan und die politische Gefolgschaft vehement reklamiert wird und für den gerne auch Anleihen aus der politphilosophischen Rumpelkammer des weißen, tiersmondistischen Idealismus genommen werden: diese "Bitterkeit" zum Beispiel, die sich nach dem Versprechen eines gedeihlichen Miteinanders bald nach Erreichen des Primärziels (Unabhängigkeit, "one man one vote" o.ä.) doch nicht unterdrücken läßt, aus Gründen psychologischer Hygiene angeblich sogar unerlässlich ist und unausweichlich zu Repressionen gegen die mutmaßlichen früheren Unterdrücker führen, wie wir es derzeit auch im zeitweisen Musterland Südafrika erleben. Diese Mentalität ist es, die nicht nur Politiker und Diktatoren wie Mugabe charakterisiert und einen wesentlichen Grund für die ausbleibenden Entwicklungserfolge in Afrika darstellt. Die "Schutzsuchenden" bzw. Einwanderungswilligen importieren sie vielmehr jetzt auch ins blauäugige Europa, wo das Narrativ vom "edlen Wilden" bei den Gutmenschen und -menschinnen fröhliche Urständ' feiert. Nachdem einprägsame afrikanische "Führer" wie Idi Amin, Bokassa, Sekou Touré oder Mobutu schon längst das Zeitliche gesegnet haben erinnert uns Mugabe noch einmal daran, daß der Kolonialismus weder ein Zufall noch eine Verschwörung kapitalistischer Ausbeuter war. Viele Afrikaner wurden und werden nicht ohne Grund lieber von europäischen Mächten regiert als von ihren Landsleuten. Muß das unbedingt im übervölkerten Europa sein? Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt könnte auch der Berg wieder zum Propheten kommen...