Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
Eine Umfrage hat sich des Phänomens der Freundschaft in Deutschland angenommen.
Die Befassung mit diesem Thema erfordert zuerst eine Definition, die klärt, was unter Freundschaft zu verstehen ist.
Drei grundlegende und unverzichtbare Komponenten der Freundschaft stellen Vertrauen, Loyalität und Verläßlichkeit dar. Ohne sie ist Freundschaft nicht möglich. Daher kommt dem Zeitfaktor bei der Herausbildung von Freundschaft entscheidende Bedeutung zu. Freundschaft auf den ersten Blick gibt es nicht, allenfalls eine spontane Sympathie, auf deren Grundlage sich Freundschaft entwickeln kann, falls der potentielle Freund sich als vertrauenswürdig, loyal und zuverlässig bewährt, oder zumindest keine Anhaltspunkte für diesbezügliche Zweifel liefert.
Interessenkongruenz dagegen ist der Freundschaft förderlich, aber durchaus auch verzichtbar. Gleichgerichtete Interessen sind kein Garant für Freundschaft. Alle kennen das geflügelte Wort „Feind - Erzfeind - Parteifreund“. Gerade in politischen Parteien führen Personen anschaulich vor, daß persönliche Ambitionen die Einigkeit in Sachfragen überlagern und zum Teil erbitterte Kämpfe auslösen. Rivalität schließt Freundschaft definitiv aus, weil sich aus ihr Loyalitätskonflikte und Vertrauensbrüche ergeben. Wer sich gegen jemanden durchsetzen muß, hinterläßt unvermeidlich Kränkungen und Enttäuschungen, oft auch Scherben und verbrannte Erde. Im Leben lassen nun einmal bestimmte Konstellationen Freundschaft einfach nicht zu. Das muß man erkennen und akzeptieren.
In den letzten Jahren wird oft von an der gesellschaftlichen Spaltung Deutschlands zerbrochenen Freundschaften berichtet. Das wirft die Frage auf, ob politische Gegner Freunde sein können. Je fundamentaler die Differenzen sind und je größer das Engagement, umso eher ist dies zu verneinen. Patriot und Verräter finden nie zueinander, weil der eine das Lebenswerk des anderen in Frage stellt und konterkarieren muß. Das Loyalitätsgebot verlangt die bedingungslose Unterstützung des anderen, auch wenn man dessen Taten und Einstellungen nicht billigt. Dies aber setzte zwischen Patriot und Verräter eine Selbstverleugnung voraus, die an Schizophrenie grenzte.
Freundschaften sind nicht mit Ewigkeitsgarantie ausgestattet. Menschen entwickeln sich - und nicht immer in die gleiche Richtung. Das mag im Einzelfall bedauerlich erscheinen, eröffnet jedoch Raum für neue Allianzen. Der beste Freund aus dem Sandkasten muß nicht auch der beste Freund im späteren Leben sein. Das mindert nicht den Wert der Freundschaft während ihres Bestehens und hinterläßt schöne Erinnerungen.
Freundschaften können sektoraler Art sein; d.h. es gibt unterschiedliche Freunde für unterschiedliche Lebenslagen. Der amüsante Begleiter bei Unternehmungen muß nicht unbedingt der ideale Berater in schwierigen Situationen sein. Dennoch verdienen beide die Bezeichnung „Freund“, weil sich jeder nach seinen individuellen Voraussetzungen bewährt.
Letztlich entscheidet der eigene Anspruch darüber, was von einer Freundschaft erwartet und was in sie investiert wird. Räumliche Distanz jedenfalls muß Freundschaft nicht entgegenstehen; vielmehr zeichnen sich Freundschaften qualitativ aus, die ungeachtet der Distanz überleben und dieser keine Bedeutung zukommen lassen.
In Freundschaften schlagen sich auch nationale Charakterunterschiede nieder. So werden Freundschaften in den USA schneller geschlossen als bei uns, sind dafür aber weniger belastbar und insgesamt tendenziell oberflächlicher.
Wenn Deutsche wenige bis keine Freunde haben, mag dies eine Frage der Definition oder des Anspruches an Freundschaft sein. Vielleicht spricht es auch für mehr Ehrlichkeit, nicht jeden flüchtigen Bekannten gleich als Freund zu bezeichnen. Negative Rückschlüsse jedenfalls sind davon nicht abzuleiten.