Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
Zum Tode des französischen Staatsmannes Jacques Chirac widmet ihm unser Freund Notan Dickerle einige sehr ehrenvolle Worte der Erinnerung.
Aufrechter Vertreter seiner Nation – ein Nachruf auf den französischen Präsidenten Jacques Chirac
von Notan Dickerle, Anwärter auf den Leuchtturmpreis für mutigen Journalismus gegen „Bunt“
Er erschien so, wie man sich im alten Europa einen typischen Vertreter der „Grande Nation“ immer vorgestellt hat: hochgewachsen wie der General de Gaulle, schlagfertig wie Voltaire, charmant wie Maupassants „Bel ami“, streitbar wie Asterix der Gallier. Mit der Werbefigur für einen französischen Aperitiv namens „Jacques der Lebenskünstler“ hatte er nicht nur den Vornamen gemein, sondern auch eine gewisse lockere Bonhomie. Während seiner Jugend kommunistischen Ideen aufgeschlossen, setzten sich bald bürgerlicher Realismus und politischer Ehrgeiz durch: nach einem Studium der Politikwissenschaft besuchte Chirac die vom aktuellen französischen Präsidenten für überflüssig erklärte Elitehochschule ENA und heiratete in den französischen Adel ein - was ihn, dem Image seines Landes entsprechend, von amourösen Abenteuern zum Beispiel mit der glamourösen Claudia Cardinale nicht abhielt. Auch wenn seiner Rhetorik eine elegante Hochnäsigkeit nicht fremd war – das vorwurfsvolle Wort „abracadabrant“ (für extravagant, wunderlich) im Tonfall des Präsidenten ist dem Autor dieser Zeilen unvergesslich – blieb Chirac ein Freund des einfachen, bodenständigen Lebens. Solange es seine Gesundheit, insbesondere seine fortschreitende Demenz zuließ, besuchte er die jährliche Messe der Landwirte. Auch wenn das von ihm initiierte „Musée du quai Branly“, das nationale Museum für außereuropäische Kunst, als jüngstes der großen Pariser Museen einer dezidiert fortschrittlichen Konzeption verpflichtet ist, fand die linksintellektuelle Tradition seines Landes à la Jean-Paul Sartre, Feminismus à la Simone de Beauvoir in ihm keinen Widerhall.
Als „Mon bulldozer“ wurde Chirac 1967 vom damaligen Premierminister Georges Pompidou in die Politik eingeführt, als Staatssekretär für Soziales, noch unter der Präsidentschaft von Charles de Gaulle. 1974 ernannte Giscard d’Estaing ihn zum Premierminister, ein Amt, das er im Rahmen der „Cohabitation“ unter dem Sozialisten Francois Mitterrand in den 80-er Jahren noch einmal für zwei Jahre ausübte, parallel zu seinen Aufgaben als Bürgermeister von Paris. Nach zwei vergeblichen Anläufen gegen Mitterrand setzte sich Chirac bei den Präsidentschaftswahlen von 1995 durch und blieb zwei Siebenjahresperioden bis 2007 französischer Staatspräsident. Seinen Nachfolger Nicolas Sarkozy betrachtete er mit wenig Sympathie, was auf Gegenseitigkeit beruhte. 2011 sprach sich Chirac sogar gegen dessen Wiederwahl bzw. für die Wahl des sozialistischen Gegenkandidaten Francois Hollande aus. In den letzten fünf Jahren ist Jacques Chirac gesundheitsbedingt nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetreten.
Mit Jacques Chirac verliert Deutschland einen politischen Freund, dem die deutsch-französische Freundschaft sehr am Herzen gelegen war. Wie die deutschen Kanzler vor Merkel gehörte er einer Generation an, für welche diese Freundschaft nach jahrhundertelanger „Erbfeindschaft“ keine Selbstverständlichkeit sondern ein kostbares Gut war, das es zu pflegen und bei aller Aufgeschlossenheit für die Europäische Union nicht in identitätslose, „bunte“ Beliebigkeit aufzulösen galt. Zusammen mit Gerhard Schröder widersetzte sich Chirac dem von Georges Dabbljuh Bush betriebenen Irakkrieg: 2003 legte er im VN-Sicherheitsrat das französische Veto gegen einen diesbezüglichen, von den USA erarbeiteten Resolutionsentwurf ein, da er keine überzeugenden Beweise für die Existenz irakischer Massenvernichtungswaffen erkennen konnte. Schröder hingegen lud Chirac als ersten deutschen Bundeskanzler zu den Feierlichkeiten des „D-Days“ ein, der Landung der alliierten Truppen in der Normandie und dies nicht nur „als Freund“ sondern „als Bruder“. Ob das ein guter Einfall war sei dahingestellt, gut gemeint war er auf jeden Fall. Zumindest Chiracs erste Amtszeit fällt in jene Phase nach der deutschen Wiedervereinigung und dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums sowie vor „Nine-Eleven“, in der die unübersichtlichen globalen Machtverhältnisse dem Tandem Deutschland-Frankreich vorübergehend einen erstaunlichen Glanz verliehen und ein geostrategisches Potential unterstellten, das manche politischen Beobachter nach den USA und dem noch immer respektablen Russland auf Platz drei der Weltrangliste platzierten. Doch der europäische Motor für das Tandem kam spätestens mit dem von Chirac selbstverständlich respektierten negativen französischen Referendum zum Verfassungsvertrag im Mai 2005 ins Stottern, und dann drängten bald neue Akteure auf den Plan: China, Merkel, Sarkozy…
Obwohl während seiner aktiven Zeit nicht unumstritten und nicht ohne Fehler – die Wiederaufnahme französischer Atomversuche auf dem Mururoa-Atoll sowie die gerichtliche Verurteilung wegen Veruntreuung öffentlicher Mittel in seiner Zeit als Bürgermeister von Paris seien stichwortartig genannt – hat sich das Bild von Jacques Chirac in der öffentlichen Wahrnehmung zuletzt ständig verbessert; er gilt heute als einer der beliebtesten französischen Präsidenten. Die Tageszeitung „Die Welt“ (Sascha Lennartz, 26.9.) nannte ihn den letzten französischen Präsidenten von Format. Der aktuelle Präsident, der die Nachbarrepublik (vermutlich ferngesteuert) „in Marsch“ setzt und hoffentlich nicht gegen die Wand fährt, hat den kommenden Montag (30.9.) zum nationalen Trauertag erklärt; am Mittwoch wird in der Pariser Kirche Saint-Sulpice ein feierlicher Trauergottesdienst abgehalten. Verneigen auch wir uns vor einem großen Präsidenten, der den Deutschen verlässlicher Freund und Partner war sowie ein Vorbild für aufrechten, eigenständigen politischen Gang.
Was mir an ihm am meisten in Erinnerung geblieben ist, ist der Slogan "Fuck Chirac!", angesichts seiner unsäglichen Atomversuche in irgendwelchen Kolonien, die der "Grand Nation" noch geblieben waren. Und das zu einer Zeit, wo selbst Amis und Russen schon eingesehen hatten, wie schädlich sowas ist.
Daher finde ich Lobhudelei, nur weil er auch mal was richtig gemacht hat, reichlich überflüßig.
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Das ist sehr richtig. Der Autor hat dies aber erwähnt. Die Person ordnet sich natürlich auch immer ein zwischen Vorgängern und Nachfolgern. Insgesamt erscheint mir der Text doch ausgewogen. Er stellt aber primär die Auffassung des Verfassers dar. Man kann das sicher auch anders gewichten.
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