Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg stellt keineswegs einen Pleonasmus - wie etwa die semantische Redundanz „weißer Schimmel“ - dar, sondern unterscheidet ihn vom völkerrechtskonformen Angriffskrieg, dem Präventivkrieg.
Wer sich konfrontiert sieht mit untrüglichen Vorbereitungen seines Gegners zum unmittelbar bevorstehenden Angriff, braucht diesen nicht abzuwarten und damit in die Defensive zu geraten, sondern darf diesem zuvorkommen, um Gefahr unter der Ausnutzung höherer Erfolgsaussicht bei Offensivlage von sich abzuwenden. Dieses Recht ist nicht nur auf den Fall der Selbstverteidigung beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf den der Nothilfe für andere, die sich einem Angriff ausgesetzt sehen. Das gilt im nationalen Strafrecht nicht anders als im Völkerrecht.
Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt begehen sogar viele Zeitgenossen, die mit der Genese dieser Auseinandersetzung bestens vertraut sind, aus Angst vor Stigmatisierung durch Ignoranten als „Putin-Versteher“ den Fehler, ihren historischen Ausführungen die Bemerkung vom Vorliegen eines „völkerrechtswidrigen Angriffskrieges“ voranzustellen und entwerten auf diese Weise ihre gesamten nachfolgenden Darlegungen, denn welcher Wert kommt diesen noch zu, wenn daraus die falsche Schlußfolgerung gezogen wird?!
Wenn man das in Ausübung der Selbstbestimmung beanspruchte Recht der Ostukraine zur Sezession vom Rest des Landes, woher ein vom Ausland (USA) installiertes Unrechtsregime permanent gewaltsame Übergriffe unternimmt, in Betracht zieht, sind nach der Bitte um Beistand an Rußland alle Voraussetzungen der Nothilfe erfüllt.
Davon unabhängig stand Rußland auch das Recht der Selbstverteidigung zur Verfügung, ausgelöst von der Bedrohung durch konventionelle, nukleare und biologische Waffen von ukrainischem Gebiet aus.
Rußland hatte jahrelang wiederholt erfolglos Verhandlungen zur Klärung der Situation versucht. Damit stand im Februar 2022 fest, daß die friedlichen Methoden zur Beilegung der Bedrohung ausgeschöpft waren.
Dagmar Henn, ansonsten keine unkluge und oft erfrischend humorvolle Kommentatorin, verrennt sich in dem verlinkten Artikel völlig auf dem Irrweg, was zeigt, daß man mit Ausführungen außerhalb seiner Kompetenz schnell auf Abwege gerät. Das Zeilenhonorar sei ihr dennoch gegönnt.
Die Angriffskriege des Westens waren schon deswegen illegal, weil sie weitab der territorialen Grenzen der Aggressoren stattfanden, womit sie keine Bedrohungslage für sich reklamieren konnten. Zu Hilfe waren sie auch nicht gerufen worden. Man braucht daher nicht der Autorin auf dem Spaziergang durch den Irrgarten zu folgen, um zu dieser einfachen Schlußfolgerung zu gelangen.
Der Begriff „brutal“ wäre nur als Synonym für grausam rechtlich bedeutsam, anderenfalls aber eine subjektive Wertung. Das Kriegsrecht gibt die Regeln für die Einordnung von Verhalten in Kriegszeiten vor.
Anlage
RT-DE
vom 15. Juli 2023
"Völkerrechtswidrig" und "brutal": Wörter, die vernebeln sollen
Es gibt einzelne Wortreihungen, die von Medien und Politikern immer wiederholt werden. Der "völkerrechtswidrige" und "brutale Angriffskrieg" beispielsweise. Damit sollen nicht nur Gefühle erzeugt werden, sondern auch das Denken wird in eine bestimmte Richtung gelenkt.
von Dagmar Henn
Wir hören sie jetzt seit 18 Monaten, die Formulierung vom "völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg". Es gibt es kaum einen Artikel oder eine Sendung, in der diese Worte nicht fallen, vom Bundestag ganz zu schweigen. Mehr noch, in einigen der Gerichtsverfahren, die gegen Menschen geführt wurden, die die NATO-Erzählung infrage stellen, wurde von den Gerichten für eine Verringerung der Strafe verlangt, dieser Formulierung zuzustimmen; sie hat sich also in einen verbalen Gesslerhut verwandelt, der von jedem zu grüßen ist, der nicht den Zorn der Obrigkeit auf sich ziehen will.
Dabei ist sie in sich völlig absurd. Wenn man denn der Meinung ist, es handele sich um einen Angriffskrieg, wogegen man durchaus mehrere Argumente vorbringen kann, dann müsste eigentlich dieses Wort selbst schon genügen. Warum scheint es unverzichtbar, es mit Zusätzen zu dekorieren, insbesondere mit "völkerrechtswidrig"?
Vielleicht will man nicht in Erinnerung rufen, bei welcher Gelegenheit die Frage des Angriffskriegs völkerrechtlich geklärt wurde. Das waren nämlich die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, in denen Göring, Streicher &; Co. angeklagt waren. Davor gab es schlicht keine völkerrechtliche Bewertung. Dieser Prozess fand vor allem auf Verlangen der Sowjetunion statt, die US-Regierung hätte darauf verzichtet. Man möchte sich gar nicht vorstellen, was geschehen wäre, hätte sich diese Position durchgesetzt. Es war vor allem dieser Prozess, der für alle sichtbar die Verbrechen der Hitler-Wehrmacht dokumentierte und festlegte, dass es sich um eine verbrecherische Regierung und eine verbrecherische Kriegsführung handelte.
Ohne diesen Prozess wären im Westen alle damaligen Verbrechen nach zehn, fünfzehn Jahren vergraben und vergessen worden. Es waren die in Nürnberg festgestellten Taten, die dies unmöglich machten, so sehr sich auch die Regierung Adenauer wie ihre Verbündeten in den USA darum bemühten.
Nein, an diesen für die Entwicklung des Völkerrechts entscheidenden Moment will man lieber nicht erinnern, schon gar nicht, wenn man gerade mit einer Partei verbündet ist, deren ideologische Vorläufer in Nürnberg auf der Seite der Angeklagten saßen und deren Mittäterschaft etwa beim Pogrom von Lemberg (Lwow) in den Akten dieses Prozesses verzeichnet ist.
Das Adjektiv "völkerrechtswidrig" soll also womöglich vom Wort Angriffskrieg und dessen Historie ablenken – schlicht, weil man am besten nicht daran erinnert, dass es vor allem die Sowjetunion war, die die Naziwehrmacht besiegt hat. Aber da ist noch ein kleines Detail, das einen Blick in einen mentalen Abgrund öffnet.
Denn viele Adjektive lassen im Denken automatisch ihr Gegenteil entstehen. Das ist ähnlich wie mit der Bemerkung "denke jetzt nicht an einen roten Elefanten" – jeder sieht automatisch einen roten Elefanten vor dem inneren Auge. Hässlich wird von schön begleitet, langsam von schnell, alt von jung, und der völkerrechtswidrige Angriffskrieg vom völkerrechtsgemäßen Angriffskrieg.
Den aber kann es eigentlich nicht geben, denn das war eben der Punkt, den die Nürnberger Prozesse neu ins Völkerrecht einführten – dass ein Angriffskrieg an sich ein Verbrechen sei. Also wie kam es dazu, dass diese widersinnige Formel jetzt überhaupt durchgesetzt werden konnte?
Das kann man sich eigentlich nur so erklären, dass mindestens, wenn auch nicht nur, bei der Person, die diese Formel erfunden hat, die Vorstellung vorhanden war, es könne doch Angriffskriege geben, die nicht gegen das Völkerrecht verstießen.
Kann passieren, wenn man den Angriff der NATO auf Jugoslawien gut findet oder den Überfall auf Libyen – sprich, wenn man, entgegen der wirklichen Regelung des Völkerrechts, all diese Handlungen gutheißt und darum eine besondere Kategorie eines Angriffskriegs für all jene Angriffskriege (oder auch nur jene, die man zu solchen erklären will) schaffen muss, die nicht von der NATO oder den USA ausgehen. Die man, um die gedankliche Ordnung zu erhalten, dann eben mit dem Zusatz "völkerrechtswidrig" von all den anderen abtrennt, die gegen das Völkerrecht verstoßen, aber eben nicht gegen die berühmte "regelbasierte Weltordnung".
Genau das Gleiche passiert mit der Variante "brutaler Angriffskrieg". Als hätte es schon jemals Kriege gegeben, die nicht brutal sind. Die Definition des Krieges ist die Anwendung von Gewalt in staatlichem Maßstab. Und Menschen, die – sagen wir einmal – unter einem Haus begraben wurden, das von einer israelischen Rakete im Gazastreifen getroffen wurde, sehen nicht anders aus als Menschen, denen das in einem ukrainischen Ort passiert. Die Wirkung einer US-Mine, die nach Jahrzehnten noch im kambodschanischen Dschungel liegt, ist nicht weniger grausam als die einer russischen Mine in einem Minenfeld im Donbass.
Aber auch hier wird versucht, ein Bild zu schaffen, das nicht nur dafür sorgt zu betonen, wie unmenschlich die Russen sind (was wenig kostet, weil man auf Jahrzehnte der Propaganda zurückgreifen kann). Gleichzeitig wird versucht, die Erinnerung an all die Untaten des Westens auszulöschen. Bombardierungen und Drohnenmorde der USA werden gerne mit dem Zusatz "chirurgisch" versehen, weil das die Vorstellung erweckt, da werde nur etwas entfernt, dessen Entfernen nötig ist, weil schließlich niemand erwartet, dass ein Chirurg, der – sagen wir – einen eingewachsenen Zehennagel korrigieren soll, bei der Gelegenheit das Bein amputiert.
"Chirurgisch" ist also der Gegensatz zu dem immer wieder betonten Adjektiv "brutal", das der russischen Kriegsführung zugeschrieben wird. Wobei auch diese Sprachwahl nichts mit einer Bewertung der Wirklichkeit zu tun hat – weil die zu einem anderen Ergebnis kommen müsste, denn die Zahl der zivilen Opfer durch die russische Seite liegt für einen modernen Krieg sehr niedrig –, sondern aus dem vielleicht bewussten, vielleicht unbewussten Bemühen entspringt, andere Kriege und Kriegshandlungen hinter einer Nebelwand verschwinden zu lassen.
Wie lautet eine Lieblingsformulierung der Außenministerin Baerbock? "Da ist Krieg, da sterben Menschen." Eine Tautologie wie ein "weißer Schimmel". Aber es ist die zweite Satzhälfte, die signalisiert, dass das kein eigener Krieg ist, sondern folglich ein böser. Hat irgendjemand solch einen Satz jemals in Bezug auf Afghanistan geäußert, als dort noch deutsche Truppen standen? Oder bezogen auf den Jemen, den die USA in die Hungerkatastrophe blockieren halfen? Oder auch nur in Bezug auf den Donbass in all den elenden acht Jahren, in denen dort alles auf die Städte niederging, was das ukrainische Arsenal hergab?
Die These "Da ist Krieg, da sterben Menschen" vollzieht exakt die gleiche Teilung wie die Formulierung vom "völkerrechtswidrigen Angriffskrieg". Es ist ein bisschen schwierig, als Angehöriger eines geradezu auf Angriffskriege spezialisierten Militärbündnisses eine andere Partei für schuldig zu erklären wegen einer Handlung, die man selbst immer wieder vollzieht. Was letztlich zu einer ziemlich verdrehten Sprache führen muss.
Außerdem hat dieser Trick noch einen Vorteil. Es wird so getan, als sei die Sache klar. Übrigens tun das bisher auch die deutschen Gerichte, die mit entsprechenden Fällen befasst sind – mir zumindest ist noch aus keinem Verfahren zu Ohren gekommen, dass dort tatsächlich die Frage, ob es sich nun um einen Angriffskrieg handelt oder nicht, überhaupt erörtert worden sei. Dabei ist das die unabdingbare Voraussetzung dafür, jemanden überhaupt belangen zu können. Es ist verständlich, dass die Staatsanwaltschaften da schludern, denn sie sind zwar an sich ebenfalls verpflichtet, auch entlastende Informationen zu sammeln, aber sie sind weisungsgebunden, also nicht frei in ihrer Entscheidung. Dass aber kein einziges Gericht sich bisher veranlasst sah, sich dieser Frage zu stellen, ist schon ein Armutszeugnis.
Denn da finden sich so heikle Punkte wie die Rolle Russlands nach den Minsker Vereinbarungen. Schließlich hatten drei Staaten dabei gewissermaßen eine Garantie übernommen, dafür zu sorgen, dass diese Vereinbarungen umgesetzt würden. Es gibt zwar keine völkerrechtliche Definition dessen, welche Aufgaben eine solche Garantiemacht hat, wenn gegen einen solchen Vertrag verstoßen wird, aber angesichts der Tatsache, dass diese Vereinbarungen durch eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zu Völkerrecht erhoben wurden, die Kiewer Regierung stetig gegen diese Vereinbarungen verstoßen hat und die beiden anderen Garanten, Frankreich und Deutschland, ohnehin nicht vorhatten, zu ihrer Realisierung beizutragen, steht durchaus die Frage im Raum, ob Russland nicht durch Nichthandeln das Völkerrecht verletzt hätte oder ob sein Handeln nicht die einzige Möglichkeit war, diesem Teil des Völkerrechts Geltung zu verschaffen.
Das müsste zumindest einige Gedanken wert sein, ebenso wie die Frage, ab wann ein Staat legitim ist, auch wenn es sich um eine Abspaltung handelt. In der Abfolge zumindest fand die Anerkennung der Donbassrepubliken durch Russland erst in dem Moment statt, als eindeutig bestätigt war, dass die anderen beiden Garanten auf die Minsker Vereinbarungen pfeifen und damit gar keine andere Möglichkeit mehr bestand, das Völkerrecht durchzusetzen, ohne Kiew mindestens materiell unter Druck zu setzen. Was Russland, im Gegensatz zu den westlichen Sponsoren der Ukraine, nicht durch eine Einstellung der Zahlungen tun konnte, sondern eben nur militärisch.
Wenn man, was bei den deutschen Politikern und Journalisten vorauszusetzen ist, den ersten Irakkrieg für legitim hält, bei dem es darum ging, die irakischen Truppen aus Kuwait zurückzudrängen, dessen Begründung immer nur war, das Völkerrecht durchzusetzen, dann kann man es sich bei der Argumentation das russische Eingreifen betreffend nicht ganz so leicht machen.
Aber offenkundig genügt die regelmäßig wiederholte Floskel vom "völkerrechtswidrigen Angriffskrieg", um Anflüge komplexerer Gedanken zu verhindern, ungefähr auf die gleiche Art und Weise, wie einst zehn Ave Maria von gottlosen Gedanken abhalten sollten. Selbst jeder Richter, der über die Meinungsfreiheit in Deutschland zu entscheiden hat, hat die Floskel viel zu oft gehört, um auch nur ihren inneren Widerspruch noch wahrzunehmen. Die drei Bestandteile Russland, Angriffskrieg und völkerrechtswidrig sind durch hundertfaches Hören so eng miteinander verknüpft, dass die meisten Deutschen die Formulierung vermutlich noch vervollständigen könnten, würde man sie nachts aus dem Schlaf reißen.
Nicht einmal die Tatsache, dass der Satz "da sterben Menschen" durch den militärischen Irrwitz der Ukraine in völlig neue Zehnerpotenzen getrieben wird, vermag an dem einmal etablierten Datensatz etwas zu ändern. Im Gegenteil: da in der öffentlichen Kommunikation der deutschen Politiker gern vor allem von Frauen und Kindern gesprochen wird, gelingt es, auch die ukrainischen Soldaten aus der Kategorie Mensch zu entfernen. Sie sind irgendetwas anderes, denn die Verknüpfung zwischen der enthusiastischen Lieferung von Waffen und dem wirklichen Tod der Menschen, die in ihnen fahren oder sie gebrauchen, findet schlicht nicht statt.
Der "völkerrechtswidrige Angriffskrieg" jedenfalls dürfte eine kurze Zukunft haben. Denn wenn man den möglichen zukünftigen Kriegsschauplatz betrachtet, die Straße von Taiwan, dann ist diese Floskel nicht zu gebrauchen.
Was immer zwischen Festlandchina und Taiwan geschieht, ist kein Gegenstand des Völkerrechts, sondern der Innenpolitik. Man wird einen neuen Begriff brauchen, um hier den Fuß der NATO in die Tür zu bekommen. Einen neuen sprachlichen Umweg, der diesmal nicht nur alle tatsächlichen völkerrechtlichen Fragen vernebeln muss, sondern zudem noch einen Anspruch generieren, überhaupt mitzuschnattern. Vielleicht wird ja der NATO-Gipfel schon für ein erstes Brainstorming genutzt, um die richtigen Worthülsen parat zu haben, damit hinterher die deutschen Gerichte ebenso folgsam gegen jene vorgehen, die die chinesische Position für legitim halten, wie jetzt gegen die Verfechter der russischen.
Aber das wird schon werden. Wenn man der Mühen enthoben ist, die Wirklichkeit angemessen zu recherchieren, hat man viel Zeit übrig, um die gewünschten Aussagen in passende Worte zu kleiden. Schließlich wird es auch dann wieder ein einfaches Symbol brauchen, durch das der brave Bürger seine Unterwerfung signalisieren kann – wie mit dem "völkerrechtswidrigen Angriffskrieg".
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