Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!
Muammar Gaddafi war lange Zeit der hofierte Exot der internationalen Szenerie. Seine schrillen und skurrilen Auftritte nahm man gelassen hin, denn man bediente sich gerne seiner Dienste, besonders bei Kontakten zu Parias, mit denen man nicht selbst in Verbindung gebracht werden wollte. So wurden auch deutscherseits Lösegeldzahlungen bei Entführungen schon mal über seine Stiftung geleitet.
Dann wurde er zum enfant terrible stilisiert. Zuletzt war er von allen verlassen. Er sollte nicht das einzige Opfer bleiben. Deutschland zahlt heute einen hohen Preis für den Verrat an ihm.
Unser Freund Notan Dickerle erinnert an Muammar Gaddafi und skizziert, warum das Blatt sich für ihn plötzlich wendete.
Muammar Gaddafi
von Notan Dickerle
Im Oktober werden es zehn Jahre, daß der libysche Diktator Muammar Gaddafi von einer angeblichen Wertekoalition der Willigen gestürzt und ermordet wurde, die vornehmlich aus den USA, GB und Frankreich bestand. Deutschland hatte sich damals zurückgehalten, bekommt die Folgen der bis heute andauernden Destabilisierung des nordafrikanischen Landes aber spätestens seit der Flüchtlingskrise 2015 (und der Ausrufung einer „Willkommenskultur“ durch das System Merkel) an vorderster Front zu spüren. Auch die ehemalige Kolonialmacht Italien hatte sich den Unmut der drei WK II-Siegermächten durch einen 2008 abgeschlossenen Freundschaftsvertrag mit Libyen zugezogen und ist als unmittelbarer Frontstaat seither massivem Migrationsdruck ausgesetzt. Ob es auch so etwas wie eine „Rachekultur“ gibt? Die derzeit in Berlin stattfindende Libyen-Konferenz bietet im Rahmen der „Erinnerungskultur“ jedenfalls Anlass, einige Merkwürdigkeiten in Erinnerung zu rufen.
Gaddafi war als "enfant terrible" bekannt und dem Westen mehr als einmal auf die Füsse getreten. Nicht zuletzt hatte er die US-Armee aus dem Land entfernt und sämtliche ausländischen Militärstützpunkte geschlossen. Seine großspurig-selbstgefälligen Anklagen wurden fast 40 Jahre lang mehr oder weniger stillschweigend hingenommen, von der ehemaligen Kolonialmacht Italien sogar honoriert - freilich unter nicht ganz uneigennützigen Bedingungen, vgl. https://www.dw.com/de/gaddafi-und-berlusconi-feiern-freundschaft/a-5955588
Dort heißt es:
"Am 30. August 2008 schlossen beide Staaten einen Freundschaftsvertrag ab. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatte damals Entschädigungszahlungen in Höhe von mehreren Milliarden Euro für die 30 Jahre währende Besatzungszeit zugesagt. Libyen verpflichtete sich im Gegenzug, den Strom von Flüchtlingen über das Meer nach Italien zu stoppen. Seit dem italienisch-libyschen Freundschaftsvertrag von 2008 haben sich die gegenseitigen Beziehungen stetig verbessert: besonders eng sind sie in der Wirtschaft und dabei vor allem im Energiesektor."
Der "Energiesektor" ist für God's own country und seine britische Verwandtschaft bekanntlich von besonderer strategischer Bedeutung. Der Deal mit Berlusconi hat damals der italienischen ENI einen für BP und andere Konkurrenten schwer verdaulichen Wettbewerbsvorteil gebracht, dazu kamen Gaddafiss Ambitionen, den US-Dollar als internationale Leitwährung zu demontieren und innerhalb der OPEC durch eine neue, goldgedeckte Währung („Dinar-Gold“) zu ersetzen. Im Vergleich dazu waren von G. provozierte Skandale wie der Anschlag von Lockerbie Ende 1988 (in den möglicherweise auch das damals noch real existierende "bessere Deutschland" verwickelt war - es dürfte heute unter Kasnerinchen und Kahanita weniger denn je den politischen Willen zu einer diesbezüglichen Aufklärung geben!) von untergeordneter, eher symbolischer Bedeutung. Den Petrodollar als Leitwährung für das weltweite Erdölgeschäft abzulösen war indessen eine Todsünde, welche die USA in schwerste finanzielle (und im Gefolge politische) Bedrängnis gebracht hätte. Da gab es nur ein Mittel: ein „regime change“ musste her und wie üblich lautete das Narrativ: perverser Diktator massakriert friedliche Demonstranten aus dem eigenen Volk. Hillary Clinton, als US-Aussenministerin unter Barack Obama für das Geschehen verantwortlich, kommentierte den grausamen Mord (bei dem Gaddafi auch sodomisiert worden sein soll) mit dem ihr eigenen, trocken-sadstischen Charme: „We came, we saw, he died.“
Gaddafi hatte schon Ende des letzten Jahrhunderts prophezeit, in Afrika warte mindestens eine Million junger Männer mit gepackten Koffern auf ihre Überfahrt in den gelobten Kontinent Europa - ein Unternehmen, das nur er, G., verhindern könne. Seid also lieb zu mir, sonst werdet ihr mit Negern geflutet! Derartige Perspektiven waren den 17 amerikanischen "Diensten" (und anderen vier, fünf oder noch mehr anglophonen "Augen") sicherlich nicht unbekannt, ebenso wie die Tatsache, daß die schwarzen Jungs nur in den seltensten Fällen in den Ländern der "Five Eyes" landen würden. Dagegen konnte man mit der Ausschaltung Gaddafis mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Nur der Vollständigkeit halber: Gaddafis Sohn Saif al-Islam lebte eine Zeitlang in Österreich und war dort mit dem bitterbösen Jörg Haider befreundet, der noch vor dem libyschen Diktator in die ewigen Jagdgründe berufen wurde....