Ostdeutsche und Rußland, Westdeutsche und die USA - ein facettenreiches Thema

in deutsch •  3 years ago 

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Was für die Westdeutschen die USA waren, war für die Ostdeutschen die Sowjetunion: die Besatzung nach dem verlorenen zweiten Weltkrieg.

Kriegsverbrechen an der deutschen Bevölkerung hatten sich beide Seiten schuldig gemacht. Die der US- (und GB-) Seite überwogen an Gravität und Anzahl bei weitem (Bombardierungen deutscher Städte ohne militärische Bedeutung, Ermordung Kriegsgefangener, Diebstahl deutscher Patente). Auf sowjetischer Seite schlägt sich der verbrecherische Entzug der deutschen Ostgebiete durch Stalin nieder. Geraubtes deutsches Kulturgut harrt bis heute seiner Rückgabe durch Rußland.

In der Nachkriegszeit erwiesen sich die USA als die weitaus geschickteren Eroberer der Sympathien, indem sie die Westdeutschen für ihre Lebensweise und Produkte zu begeistern wußten (Hollywood-Filme, US-amerikanische Musik, Coca-Cola, Kaugummi, Petticoats, Eyeliner). Den Großmeistern der (Schleich-)Werbung und der Öffentlichkeitsarbeit hatte die Sowjetunion für die Ostdeutschen nichts Vergleichbares entgegenzusetzen. Die russische Lebensart war der deutschen zu ähnlich. Dies bedingte, daß die Sowjetunion in Ostdeutschland stärker auf Repression setzen mußte. Das bei den Westdeutschen geweckte Interesse an den USA erstreckte sich automatisch auch auf die Sprache. Es bedurfte keiner Ausübung von Druck; Westdeutsche lernten freiwillig Englisch. In Ostdeutschland war dies in Bezug auf das Russische anders. Zahlreiche Ostdeutsche lehnten den obligatorischen Russischunterricht ab und sabotierten ihn klammheimlich.
Während den Westdeutschen ihre Kaperung durch den US-Imperialismus lange nicht bewußt war, lehnte man sich in Ostdeutschland eher gegen die Besatzer auf, die auf deutsche Kollaborateure setzten, über die sie ihre Macht ausübten und die sich dadurch für Vorteile qualifizierten. Erst Im Zuge des Vietnam-Krieges entwickelte sich in Westdeutschland Antiamerikanismus, da plötzlich das häßliche Gesicht der USA auch für breite westdeutsche Kreise sichtbar wurde.

Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, dem durch Michail Gorbatschow verkörperten freundlichen Bild Rußlands und enttäuschten Erwartungen in Ostdeutschland nach dem Anschluß an den westlichen Landesteil verschwand in Ostdeutschland weitgehend die Aversion gegen die einstige Besatzungsmacht. Die Ostdeutschen wandten sich desillusioniert von der westlichen Lebensart ab und damit auch von den USA. Alte Verbindungen nach Rußland stellten in Ostdeutschland eine weitgehende Äquidistanz zu beiden Lagern her und sorgten dort für eine selbstbewußt-kritische Sichtweise auf die amerikanisierte westdeutsche Gesellschaft.
Das mag der Grund dafür sein, daß Ostdeutschland sich als resistent erweist gegen die derzeit in Westdeutschland grassierende Russophobie. Hinzu kommt, daß schon das Kasner-Regime schlimmste Erinnerungen bei Ostdeutschen an die Zeiten der der SED-Herrschaft weckte. Dies setzt sich unter dem Nachfolgeregime fort.

Die ostdeutschen Landsleute bringen damit ein sehr notwendiges und willkommenes Gegengewicht in die gesamtdeutsche Gesellschaft ein, die noch immer starke Schlagseiten hin zu den US-Despoten aufweist. Nach der Teilwiedervereinigung setzte in Deutschland - nach der Phase der Begeisterung über deren Architekten, Michail Gorbatschow - ein neuer US-Indoktrinationsschub ein, der jedoch nicht ganz linear verlief. Der Deutschland sehr zugewandte Wladimir Putin konnte mit seiner Rede im Deutschen Bundestag zunächst noch fast an die Sympathiewerte Michail Gorbatschows anknüpfen. Eigenartigerweise aber drehte sich dann das Blatt recht schnell. Die in Deutschland von US-Seite installierten Unrechtsregime brachten das Land in eine Lage, in der es zum Vasallen der USA mutierte, der selbst seine vitalsten Interessen verrät.

Deutschlands Zukunft hängt ab vom Bruch mit Washington und von der erneuten Hinwendung zu Moskau. Einen gewogeneren Partner als Wladimir Putin wird Deutschland auf russischer Seite nicht finden. Schon jetzt rettet er mit seiner Weitsicht und klugen Besonnenheit Deutschland weitgehend vor den Konsequenzen seines ihm aufgezwungenen irrationalen Verhaltens. Jederseiner präsumtiven Nachfolger wird weniger nachsichtig sein. Möge es uns vergönnt sein, mit ihm zusammen den Systemwechsel zu bewältigen.

https://www.dw.com/de/ostdeutsche-und-russland-ein-komplexes-verh%C3%A4ltnis/a-61962900

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