Post tenebras lux?

in deutsch •  4 years ago 

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Aus den Tiefen seines heimischen Kellers wagt er sich endlich an die Oberfläche, dann aber gleich mit dem größtmöglichen Pathos: Joe Biden.
Jeder Redner stellt sich auf sein Auditorium ein. Bei einem US-amerikanischen Publikum kommen die Beschwörung von Sendungsbewußtsein („God’s own country“), die Herausarbeitung von Kontrasten (gut - böse, hell - dunkel) und der Rückgriff auf Superlative gut an. Bei einem deutschen Publikum würde eine vergleichbare Rede als lächerlich, undifferenziert und übertrieben durchfallen.
Bei der Metapher vom Sieg des Lichtes über die Dunkelheit klingt bei Joe Biden die Anleihe bei der Tradition der alten Ägypter und der mittelalterlichen Bauhütten an. Vielleicht hat er sich in seinem Kellerverließ vom Zauber der Oper inspirieren lassen. Die wenigsten seiner Landsleute dürften die Anspielung verstehen. Möglicherweise versteht nicht einmal er selbst sie, sollte sie der Feder seines Redenschreibers entsprungen sein. Das Bild vermittelt die Botschaft aber auch den Unerleuchteten. Wie banal hingegen klingt es, wenn ein Joachim Gauck von „Dunkeldeutschland“ spricht. Hier kommen unüberbrückbare Mentalitätsunterschiede zum Ausdruck, die weit unter die Oberfläche reichen.
Daß sich bei uns in vergleichbaren Fällen die schnellen Jungs in den weißen Kitteln auf den Weg machen, zeugt nicht nur von mehr Rationalität, sondern auch von einem Verlust an Spiritualität.

Unser Freund Erasmus Konsul hat die Lage, wie immer, glasklar und mit erfrischendem Sarkasmus analysiert in seinem fulminanten Beitrag.

Joe Biden - oder die Führung durch den Lichtmann

von Erasmus Konsul

Wenn es mir auch schwerfällt, einen Artikel dieses Vertreters (Niall Ferguson) amerikanischer imperialer Politik zu empfehlen, oder - milder gesagt - dieses akademisch-apologetischen Advokaten amerikanischer Superiorität, so tue ich es doch, weil er einen Aspekt herausarbeitet, der in der auf Donald Trump konzentrierten, psychologisierenden Debatte zur amerikanischen Politik viel zu kurz kommt: Der inhärent bellizistische Charakter des amerikanischen Universalismus, der besonders eben von den aus der demokratischen Partei stammenden Präsidenten vorangetrieben wurde, von Wilson (WK I) über Roosevelt (WK II) bis hin zu Johnson (Vietnam) und auch Carter, Clinton oder Obama. Natürlich führt Herr Ferguson das dann so aus, also ob diese Kriege den USA bzw. ihren jeweiligen Präsidenten aufgezwungen worden wären. Genau so - wie er Trump entschuldigend - anführt, dass die Chinesen diesem und den USA den derzeitigen Konflikt aufgezwungen hätten, indem sie diese nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ideologisch und geopolitisch herausforderten.

Das ist dann die zweite Lehre, die man aus dem Artikel ziehen kann: Die “Herausforderung der USA” - noch dazu in China auch noch unterstützt von Intellektuellen und Teilen der Bevölkerung - ist natürlich der eklatante Verstoß gegen das Erste Gebot des quasi göttlich legitimierten Völkerrechts, nachdem es keine anderen Großmächte neben den USA geben soll.

Diese semireligiöse Argumentationslinie, die hier aufgezogen und im säkularisierten, konsumorientierten Alteuropa auch gar nicht mehr verstanden wird, kommt auch in der von Ferguson zitierten Passage aus Joe Bidens Parteitagsrede zum Ausdruck: Er werde im Falle seiner Wahl ein Verbündeter des Lichts sein und diese Zeit der Dunkelheit überwinden. Da wird auf uralte manichäische Glaubensvorstellungen zurückgegriffen. Es fällt nicht schwer, anzunehmen, dass ein europäischer Parteiführer, der sich als Verbündeter des Lichts gegen die Finsternis beschreiben würde, vermutlich ziemlich schnell mit den Leuten in den weißen Mänteln in Berührung kommen würde.

Wie dem auch sei, ein guter Artikel für alle, die alles angeblich oder tatsächlich “Böse” in den USA mit der vermeintlichen “Debilität” eines Donald Trump in Verbindung bringen, wie es auch unsere Medien suggerieren. Die USA als “wohlwollende Vormacht”, als benign hegemon, die nur durch die persönlichen Machenschaften des Donald vom rechten Weg abgebracht worden sind. Nein, im Gegenteil, diese Vormacht hat systemisch-ideologische Anlagen, die sie überhaupt nicht “benign” machen, deren Universalismus nach wie vor aggressiv und auf Vorherrschaft gepolt ist, und die - anders formuliert - vielleicht auch jünger und fordernder, im historischen Ablauf zeitverschoben und später ansetzen, als die bereits im postimperialen Konsumismus saturierten europäischen Staaten, wenn man einmal von nervösen Zuckungen in Paris oder London absieht und den ewig neurotischen querelles polonaises.

Vielleicht wird sich ja später einmal die Erkenntnis verbreiten, dass die Ära des Donald, der - wie Ferguson auch noch einmal schön herausarbeitet - eher militärisch risikoscheu unterwegs war, ähnlich wie die meisten republikanischen Präsidenten abgesehen von George Bush jr., noch eine relativ friedliche Periode war. Immerhin könnte es ja sein, dass der vielgescholtene Isolationismus, dieser Gottseibeiuns der Atlantiker, bei den Republikanern den Hauch eines interessenbezogenen Realismus - oder sollten wir sagen von Realpolitik - darstellt, wie er eher dem postimperialen Europa eigen ist, und damit den sendungsbewussten Ideologismus, der so charakteristisch für die Staaten ist, zumindest etwa einhegt. Hätte nicht Hillary C., die und deren Entourage, nach der Wahlniederlage vor keinem schmutzige Trick in der Innenpolitik zurückschreckte, uns nicht in Konflikte geführt (Ukraine, Syrien), die uns mit dem Donald erspart geblieben sind? Ist das vielleicht sogar Ursache für die atlantische Wut, die diesem “Voluntaristen” gelegentlich entgegenschlägt? Lassen wir es dabei und verbleiben mit der Feststellung, dass unsere Länder demnächst mit einem Land verbündet sein könnten, das von einem “Lichtmann” geführt wird, nicht allzu beruhigend für unsere Nerven sein muss.

Anhang 1:

NZZ-E-Paper vom 31.08.2020

Wird auch der freundliche Joe Biden Krieg führen?

von Niall Ferguson*

Der Anwärter auf das amerikanische Präsidentenamt hat eine rhetorisch brillante Rede gehalten, um die Nation zu einen. Den schwelenden Konflikt mit China hat er jedoch elegant ausgeblendet. Das sollte stutzig machen, wie ein Blick in die Geschichte zeigt.

Erfolgreiche Kandidaten der Demokraten für die Präsidentschaft der USA bestreiten ihren Wahlkampf durchweg mit dem Versprechen von Freigiebigkeit und moralischer Erhebung im Inneren. Fast immer endete es damit, dass sie ihr Land in den Krieg führten. Kann Joe Biden, falls er zum nächsten amerikanischen Präsidenten gewählt wird, eine seltene Ausnahme von dieser Regel werden?

Das wird nicht allein davon abhängen, wie gut er und sein nationales Sicherheitsteam die US-Aussenpolitik führen. Es wird auch davon abhängen, wie stabil die Welt um sie herum ist. Die schlechte Nachricht lautet, dass Frieden nach einer Pandemie historisch gesehen Seltenheitswert hat.

Erstens ist da die erstaunliche Bilanz der Demokratischen Partei über mehr als ein Jahrhundert hinweg – sie macht Wahlkampf mit fortschrittlicher Politik und zieht dann in den Krieg. Nehmen wir Woodrow Wilson, der von heutigen Progressiven als Rassist geschmäht wird, aber 1912 als Progressiver nominiert und gewählt wurde.

Wilsons Antrittsrede bei der Konvention der Demokraten in Baltimore war ein Klassiker im Genre amerikanischer Erhebung. «Nicht um Stimmen zu fangen, müssen wir reden», sagte er den Delegierten, «sondern um das Denken und das Gewissen eines Volkes zufriedenzustellen, das zutiefst von der Überzeugung aufgewühlt ist, dass es einen kritischen Wendepunkt in seiner moralischen und politischen Entwicklung erreicht hat. Wir stehen vor einer erwachenden Nation, die mit Unwillen auf parteiliche Täuschungsmanöver blickt . . . Nie war das Land empfänglicher für selbstlose Appelle an die erhabenen Argumente aufrichtiger Gerechtigkeit.»

Und Wilson weiter: «Die Nation lag unnötigerweise und gegen alle Vernunft im Krieg mit sich selbst.» Doch nun «setzen sich die Kräfte der Nation gegen jede Form besonderer Privilegien und privater Kontrolle ein, und sie streben nach Grösserem, als sie bisher je erreicht haben. Sie fegen hinweg, was ungerecht ist, um erneut die essenziellen Rechte menschlichen Lebens zur Geltung zu bringen.»

Im Amt bot Wilson ebenfalls progressive Politik. Seine Agenda von «New Freedom» senkte protektionistische Zölle, führte zugleich die erste bundesweite Einkommensteuer ein, brachte die Clayton Antitrust Act auf den Weg und richtete die Federal Trade Commission ein, ganz zu schweigen von der Federal Reserve. Als er – zum Teil wegen des Versprechens, die USA aus dem Ersten Weltkrieg herauszuhalten – wiedergewählt worden war, machte er im April 1917 jedoch genau das Gegenteil.

Roosevelt, Truman, Kennedy

In den folgenden hundert Jahren wiederholte sich das Muster. Franklin Delano Roosevelt kam mitten in der Grossen Depression mit dem Versprechen eines New Deal an die Macht. Bei ihrer Versammlung in Chicago im Jahr 1932 erzählte Roosevelt seinen Freunden der Demokratischen Partei: «Lasst uns hier und jetzt beschliessen, dass wir den unterbrochenen Marsch des Landes zu echtem Fortschritt und wahrer Gerechtigkeit und Gleichheit für all unsere Bürger, ob gross oder klein, wieder aufnehmen.» Dem Aufruf folgte das entsprechende Bündel von Gesetzen, die darauf abzielten, Armut und Ungleichheit dadurch zu vermindern, dass die Macht der Bundesregierung gestärkt wurde. Trotz einer noch stärkeren Antikriegsstimmung als bei Wilson traten die USA 1941 unter Roosevelt in den Zweiten Weltkrieg.

Mit seiner Antrittsrede in Philadelphia im Juli 1948 setzte Harry Truman die Tradition wiederum fort: «Die Demokratische Partei ist die Partei des Volkes, und die Republikanische Partei ist die Partei der Sonderinteressen – das war sie immer, und das wird sie immer bleiben . . . 1932 haben wir die Zitadelle der Sonderprivilegien und der Gier angegriffen. Wir haben darum gekämpft, die Geldwechsler aus dem Tempel zu jagen. Heute, im Jahr 1948, sind wir nun die Verteidiger der Hochburg von Demokratie und Chancengleichheit.»

Nachdem Truman sein berühmter, überraschender Sieg über den gemässigten Republikaner Thomas E. Dewey gelungen war, präsentierte er 1949 seinen innenpolitischen «Fair Deal». Kaum 18 Monate später marschierte Nordkorea in Südkorea ein, und Amerika befand sich wieder im Krieg.

John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson setzten gemeinsam neue Standards für rhetorische Erbauung (Kennedy) und für progressive Gesetzgebung (Johnson). Doch Johnsons Präsidentschaft konnte 1968 weder durch seine Bürgerrechtsgesetze noch durch seine «Great Society» vor dem Schiffbruch des Vietnamkrieges bewahrt werden.

Die folgenden demokratischen Präsidenten bemühten sich sehr, dem Schicksal von Johnson zu entgehen. Doch die Welt gönnte Jimmy Carter, Bill Clinton und Barack Obama nicht den Frieden, ihre innenpolitischen Pläne zu verfolgen. Carters Präsidentschaft erlitt verhängnisvolle Schläge – durch die Geiselnahme amerikanischer Diplomaten durch iranische Studenten nach der iranischen Revolution im Februar 1979 und den Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan zehn Monate darauf.

Clinton versuchte jahrelang, ausländische Verwicklungen in Somalia, Rwanda und Bosnien zu vermeiden, bis er durch Letztgenanntes zu einer militärischen Intervention gezwungen wurde. Obama mag immer noch überzeugt sein, dass seine Entscheidung, nicht in den syrischen Bürgerkrieg einzugreifen, zu seinen besten gehört, doch die rote Linie gegen die Verwendung chemischer Kampfstoffe – die sich als gestrichelte rosafarbene Linie erweisen sollte – war in Wahrheit das schmählichste Kapitel seiner Präsidentschaft.

Joe Bidens Rede am 21. August 2020 bildete die Fortführung einer sehr langen Tradition hochtrabender demokratischer Redekunst. «Wenn Sie mich mit der Präsidentschaft betrauen», erklärte Biden, «werde ich auf das Beste von uns zurückgreifen, nicht auf das Schlechteste. Ich werde ein Verbündeter des Lichts, nicht der Dunkelheit sein. Es ist Zeit, dass wir, das Volk, zusammenkommen. Lassen Sie sich nicht täuschen. Vereint können und werden wir diese Zeit der Finsternis in Amerika überwinden. Wir werden uns für Hoffnung statt Furcht entscheiden, für Fakten statt Fiktionen, für Fairness statt Privilegien.»

Wer immer diese Rede geschrieben hat – er hat seine Hausaufgaben gemacht.

Immer Innenpolitik

Mit einer Ausnahme haben alle Antrittsreden der Demokraten seit 1912 eines gemeinsam – der Aussenpolitik widmen sie nur einen winzigen Teil. Diese Ausnahme ist John F. Kennedys Rede zur «New Frontier» in Los Angeles 1960, die gut zur Hälfte aus Rhetorik zum Thema Kalter Krieg bestand und Richard Nixon auf dem Gebiet der nationalen Sicherheit übertrumpfen sollte.

Darauf hat Biden sich nicht eingelassen. Weniger als 3 Prozent seiner Antrittsrede betrafen die Aussenpolitik, und das war so banal wie kurz. Biden versprach, «Verbündeten und Freunden beizustehen», darauf zu verzichten, «mit Diktatoren zu kuscheln» (ohne Namen zu nennen), und nicht über «russische Belohnungen auf die Köpfe amerikanischer Soldaten» oder «ausländische Einmischung» in amerikanische Wahlen hinwegzusehen. Das war schon alles. China wurde allein im Zusammenhang damit erwähnt, dass Amerika unabhängiger von in China produzierter medizinischer Ausrüstung und Schutzkleidung werden solle. Bidens Rede ging mit keinem Wort darauf ein, dass die USA bereits bis zum Hals im zweiten Kalten Krieg stecken.

Zweifellos teilt eine Mehrheit derjenigen, die Bidens Rede live verfolgt haben, seinen unausgesprochenen Wunsch, dieser zweite Kalte Krieg werde einfach verschwinden, sobald er den Amtseid abgelegt habe. Es war Biden, der seine Bewerbung um die Nominierung der Demokraten mit der Aussage begonnen hatte, die Chinesen seien «keine schlimmen Leute» und «keine Konkurrenz für uns», und es war Biden, der Anfang des Monats bereit schien, ein Ende der US-Zölle auf chinesische Importe zu versprechen.

Ich habe schlechte Nachrichten. Es war nicht Donald Trump, der den zweiten Kalten Krieg begonnen hat – es war Xi Jinping. Und dessen Vision eines wiedererstarkenden China, das die USA nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ideologisch und geopolitisch herausfordert, wird weithin von chinesischen Intellektuellen und (auch wenn man sich da kaum sicher sein kann) von vielen normalen Leuten in China geteilt. Man sollte auch zur Kenntnis nehmen, dass antichinesische Ressentiments in den USA in den letzten Jahren unter Demokraten fast ebenso stark zugenommen haben wie unter Republikanern.

Wie wahrscheinlich ist es, dass die Welt von 2021 bis 2024 – der möglichen ersten und wahrscheinlich einzigen Amtszeit Bidens – ein friedlicher Ort sein wird? Nicht ohne Grund konzentrierte sich Bidens Rede am letzten Donnerstag auf die schädlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die USA. Doch die entscheidende Frage für eine anstehende Biden-Regierung wird nicht sein, was wegen der Pandemie zu tun ist; ich vermute – man kann da natürlich nicht sicher sein –, dass sie im Januar nächsten Jahres weitgehend vorbei sein wird.

Die Schlüsselfrage wird nicht – obwohl das viele Demokraten glauben – sein, wie all das Geld, das die USA möglicherweise leihen können, am besten auszugeben ist, nachdem nun alle fiskalischen und monetären Beschränkungen fortgefallen sind. Die entscheidenden Fragen werden sein, wie instabil die Welt nach der Pandemie ganz allgemein sein wird und wie toxisch insbesondere die chinesisch-amerikanischen Beziehungen sein werden.

Deshalb bietet die Geschichte wenig Grund zu Optimismus. Ziemlich häufig folgten – wie 1918 und 1919 – auf Kriegszeiten Seuchenzeiten, doch der kausale Zusammenhang verlief auch umgekehrt. Die grossen Seuchen der antiken Welt – die Pocken im Athen von Perikles (429–426 v. Chr.) oder die Pestepidemien unter Antonius und Justinian, die das Römische Reich heimsuchten – führten nicht zu Zeiten des Friedens. Nur ein Beispiel: Kurz nachdem die Pest durch sein Imperium gefegt war, begann Kaiser Justinian einen erfolgreichen Feldzug, um Italien von den Ostgoten zurückzugewinnen; ausserdem nahm er seinen Krieg mit dem Sassanidenreich (Persien) wieder auf.

Seuche – und Krieg

Der Schwarze Tod in den 1340er Jahren gehörte zu den katastrophalsten Pandemien der Geschichte – er tötete zwischen einem Drittel und drei Fünftel der europäischen Bevölkerung. Doch die Seuche konnte nicht verhindern, dass einer der langwierigsten Konflikte in Gang kam. Der Hundertjährige Krieg zwischen England und Frankreich begann am 24. Juni 1340 mit der Zerstörung der französischen Flotte in der Schlacht von Sluis durch die Expeditionsflotte von Edward III.

Sechs Jahre später begann Edward trotz den Verheerungen durch die Seuche eine Invasion über den Kanal, eroberte Caen und marschierte nach Flandern. David II. von Schottland, mit dem französischen König verbündet, marschierte daraufhin in England ein, wo er besiegt wurde. 1355 führte der Sohn von Edward III., der «Schwarze Prinz», eine weitere Streitmacht nach Frankreich und erzielte bei Poitiers einen wichtigen Sieg. Eine dritte englische Invasion verlief weniger gut und führte 1360 zu einem zeitweiligen Frieden, doch 1369 flammte der Krieg wieder auf und ging mit Unterbrechungen bis 1453 weiter.

Damals wusste niemand, dass die beiden den Hundertjährigen Krieg begannen. Dieser Begriff wurde erst 1823 von Historikern geprägt. Doch so ist das mit der Geschichte. Die meisten Menschen begreifen noch immer nicht, dass der zweite Kalte Krieg begonnen hat. Der erste Kalte Krieg war eine Angelegenheit von vierzig Jahren. Doch wer kann sagen, ob der Konflikt zwischen den USA und China nicht ein weiterer Hundertjähriger Krieg werden wird?

Eine Katastrophe zeugt die nächste. Eine Pandemie erzeugt eine Kaskade wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Probleme, die ihrerseits oft grenzüberschreitende Konflikte hervorrufen können. Seit dem Ausbruch von Covid-19 haben Russland und die Türkei Libyen schon effektiv geteilt, chinesische und indische Soldaten haben an der Grenze miteinander gerangelt, der Hafen von Beirut ist in die Luft geflogen, was zum Sturz der libanesischen Regierung geführt hat, in Weissrussland ist eine Revolution ausgebrochen, und in Mali hat ein Militärputsch stattgefunden.

Ist irgendwo Frieden greifbar? Nun, im Nahen Osten hat sich mit der Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten ein unerwarteter Durchbruch ergeben. Doch jeder, der meint, Iran sei dabei, seine schändlichen Aktivitäten in der Region zu unterlassen, nur weil Joe Biden im Weissen Haus ist, versteht das Regime in Teheran nicht.

Zwischen den USA und China geht es im Kern nicht um Trumps Zölle und auch nicht um seinen Versuch, ein US-Technologieunternehmen zu veranlassen, Tiktok zu übernehmen. Es geht aber auch nicht um Xis Unterdrückung der prodemokratischen Bewegung in Hongkong oder seine an Völkermord erinnernde Politik gegen die Uiguren in Xinjiang – ja nicht einmal um das Ausmass der chinesischen Verantwortung für die Covid-19-Pandemie.

Im Kern geht es um Taiwan

Das zentrale Thema ist Taiwan, und wenn die neuen US-Regeln in Kraft treten, die Huawei von allen importierten Halbleitern abschneiden, die mit amerikanischer Technologie oder Software hergestellt werden, dürfte sich der Konflikt binnen weniger Wochen hochschaukeln. Wie ein Kommentator bei Bloomberg kürzlich meinte, ist das wahrlich die «nukleare Option», weil das «die Gefahr mit sich bringt, das Unternehmen umzubringen, was zu einer Vergeltung durch Peking einlädt».

Haben Sie sich je gefragt, warum Japan im Dezember 1941 Pearl Harbor angegriffen hat? Wie Graham Allison in Harvard uns kürzlich in Erinnerung gerufen hat, lag das an unannehmbaren Wirtschaftssanktionen, die die USA verhängt hatten. Ja, richtig: Das geschah genau unter dem Präsidenten der Demokraten, mit dem Joe Biden am meisten in Verbindung gebracht werden will.

Der virtuelle Konvent der letzten Woche war eine tolle Gelegenheit für Hass auf die Republikaner und speziell auf Donald Trump. Doch ungeachtet all seiner vielen Fehler hat Trump eine grosse republikanische Tradition hochgehalten – keine Kriege im Ausland zu beginnen. Die Ausnahme zur Regel der republikanischen Tauben-Ideologie während des letzten Jahrhunderts war natürlich George W. Bush. Alle anderen – Harding, Coolidge, Hoover, Eisenhower, Nixon und Reagan – waren bemerkenswert wegen der geringen Zahl junger Amerikaner, die sie in die Schlacht schickten: bei weitem weniger als ihre demokratischen Kollegen.

«Timeo Danaos et dona ferentes» ist eine Zeile Vergils, die gewöhnlich mit «Ich fürchte die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen» übersetzt wird. So geht es mir mit den Demokraten, wenn sie erbauliche Reden voller Versprechungen über die Milliarden (Entschuldigung, machen Sie Billionen daraus) halten, die für das öffentliche Gesundheitswesen, für Bildung, Gesundheitsfürsorge und Infrastruktur ausgegeben werden sollen.

Wenn es einen gibt, bei dem ich mir leicht vorstellen kann, dass er – natürlich unabsichtlich und mit den besten Absichten und der erbaulichsten Rhetorik – den zweiten Kalten Krieg in den dritten Weltkrieg verwandelt, dann ist es der selbstgesalbte Erbe von Roosevelt, nämlich Joseph Robinette Biden Jr.

*Niall Ferguson ist Senior Fellow am Zentrum für europäische Studien in Harvard und forscht gegenwärtig als Milbank Family Senior Fellow an der Hoover Institution in Stanford, Kalifornien. Der obenstehende Essay wurde für Bloomberg Opinion verfasst – er erscheint hier exklusiv im deutschen Sprachraum. Wir danken Bloomberg für die Möglichkeit des Wiederabdrucks. – Aus dem Englischen übersetzt von Helmut Reuter.

Anhang 2:

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