Trauer: das bittere Nie-Wieder

in deutsch •  5 years ago  (edited)

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Der Corona-Virus hat Tod und Trauer ins kollektive Bewußtsein gerufen. Dies geschieht immer dann, wenn Sterben, das üblicherweise individuell und still geschieht, als Massenphänomen auftritt.

Sogar über die USA, die Nation, die auf Optimismus programmiert zu sein scheint, hat sich ein düsterer Schleier der Betrübnis gelegt. New York, die Stadt, die niemals schläft, findet keine Ruhe mehr. Ihre ansonsten von Geschäftigkeit überquellenden Straßenschluchten wirken befremdlich verödet und leer. Der Glitter der strahlenden Metropole, in der alles übergroß, grandios und nichts unmöglich erschien, ist abgeblättert.

Was macht ein Verlust mit den Zurückbleibenden? Was genau geschieht bei der Trauer? Ist Trauer nur mit dem Tod verbunden?

Trauer äußert sich innerhalb einer großen Bandbreite auf sehr unterschiedliche Weise, abhängig vom individuellen Naturell der Trauernden. Das reicht vom regungslosen Erstarren, über geschäftige Suche nach Ablenkung, bis zu Verzweiflung und totalem nervlichem Zusammenbruch.

Ein Verlust durch den Tod ist immer endgültig. Versäumtes läßt sich dann nicht mehr nachholen: all die nicht gestellten Fragen, die nicht gesagten Worte, die nicht geklärten Mißverständnisse, die versäumten Bitten um Vergebung. Positive gemeinsame Erlebnisse sind nicht mehr wiederholbar. Sie transformieren sich zu kostbaren und bisweilen bitter-schönen Erinnerungen.
Religiös Eingestellte können sich der Illusion anheimgeben, das Endgültige wäre doch nur temporär, und es folgte eines Tages eine Fortsetzung. Diese Haltung, wem sie aufrichtig gegeben, ist sicher hilfreich bei der Überwindung von Trauer, täuscht sie doch über deren schlimmste Konsequenz hinweg: die Erkenntnis des Nie-Wieder, dieser letzten Endgültigkeit, hinter die kein Weg mehr zurückführt, wenn das Tor sich für immer geschlossen hat. Von diesem Augenblick an nimmt auch das eigene Leben eine definitive Wendung. Das Leben geht weiter, aber es wird, zumindest teilweise, nie wieder so sein wie zuvor. Jemand fehlt, und kann in seiner Individualität und seinem einzigartigen Stellenwert im eigenen Leben auch nie ersetzt werden. Andere mögen neu in unser Leben treten und darin einen Platz einnehmen, doch es wird niemals der Platz sein, den jemand anders für immer verlassen hat und der auf ewig vakant bleiben wird.
Dieses Phänomen vollzieht sich nicht nur beim Tod, sondern bei jeder endgültigen Trennung auch unter Lebenden.
Sogar bei Abschieden versichert man einander ein baldiges Wiedersehen, selbst wenn dieses völlig unbestimmt sein sollte, um den Schatten des Nie-Wieder zu bannen.

Mit dem Ablauf von Zeit gewinnt man Distanz. Aber die Gegangenen bleiben dennoch stets präsent, waren sie doch ein integraler Bestandteil des eigenen Lebens. Es stirbt immer auch ein Teil von einem selbst mit ihnen.
Im Laufe unseres Lebens erleben, respektive sterben wir viele Tode. Dennoch wird der Tod nie zur Gewohnheit, noch verliert er seine bedrohliche Wirkung.

Mit jedem Verlust erinnert uns das bittere Nie-Wieder daran, daß wir die Gegenwart viel intensiver erleben sollten. Dennoch sind wir so angelegt, daß uns das kaum gelingt, da die Gegenwart schon gleich vergangen ist, und die Zukunft vorbereitet werden will. Auch die erfreulichste Gegenwart ist belastet mit der Gewißheit, sie nicht festschreiben zu können und mit der Ungewißheit, ob sie sich fortsetzen wird. Das Nie-Wieder bleibt immer als Damoklesschwert über uns.

https://www.msn.com/de-de/nachrichten/coronavirus/corona-und-die-trauer-tränen-sind-für-alle-da/ar-BB13xFan

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