Zwischen Autarkie und Abhängigkeit

in deutsch •  3 years ago  (edited)

Isabella Klais / Aufbruch - Wir für Deutschland!

Die vollkommene Autarkie, bei der alles Notwendige und Gewünschte im eigenen Land produziert würde, wäre der Idealzustand, denn sie verliehe vollkommene Unabhängigkeit von anderen Staaten. Leider ist sie Utopie.

Ein an Rohstoffen armes Land wie Deutschland ist auf deren Import angewiesen. Andere Produkte werden woanders besser, schöner oder preiswerter angeboten oder fehlen zur Gänze im deutschen Sortiment. Daher hat die international arbeitsteilige Wirtschaft durchaus ihre Berechtigung. Sie optimiert und bereichert das Warenangebot in Deutschland.

Strategisch bedeutsame und lebensnotwendige Güter dagegen müssen - was tatsächlich heute auch schon nicht mehr geschieht - unbedingt im Inland produziert werden, um faktische Abhängigkeiten von Imponderabilien in den Produktionsländern und politische Erpreßbarkeit auszuschließen.
Für Vorprodukte deutscher Produktion sollte zumindest eine hinreichende Lagerhaltung vorgehalten werden, wenn sie aus dem Ausland bezogen werden.

Im Zuge der Globalisierungseuphorie, aber auch getrieben durch immer weitere Rationalisierungs~ und Einsparungsbestrebungen, griff die Praxis um sich, auf Lagerhaltung völlig zu verzichten und die Vorprodukte erst kurz vor der Verarbeitung zu ordern.
Dies führt dazu, daß jedes Problem bei der Herstellung oder dem Transport der Vorprodukte sich sofort negativ bei der Inlandsproduktion niederschlägt. In der Folge der Corona-Krise kam es aufgrund ausländischer Produktionsstillegungen, aber auch durch die erratische Auslastung von Transportkapazitäten, zu weitreichenden Lieferengpässen. Die Havarie eines im Sues-Kanal verkanteten Containerschiffes schließlich zeitigte weltweite Auswirkungen und bewies, wie fragil und störanfällig die internationalen Lieferketten sind. Selbst lokale Probleme werden dadurch schnell zu globalen.
Auch die unprofessionelle und unverantwortliche Überschwemmung der Finanzmärkte mit Liquidität fördert über inflationäre Tendenzen die Güterknappheit zusätzlich.

In Deutschland können derzeit Aufträge wegen fehlender Vorprodukte nicht abgearbeitet werden, was zu einem Verlust von 25 Milliarden Euro im Jahr führt. 45% der Betriebe klagen über einen Mangel an Rohstoffen. Ungeachtet gut gefüllter Auftragsbücher sind viele Unternehmen gezwungen, Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken. Eine Entspannung der Lage ist derzeit nicht absehbar, wird aber an dem Bauchladen von Aufträgen wenig ändern, den Unternehmen unbearbeitet vor sich herschieben, denn es kommen ja (hoffentlich) neue dazu. Die frühere Gier der Unternehmen zur Gewinnmaximierung durch Produktionsauslagerungen rächt sich nun bitter.

Frankreich reagiert auf diese Situation mit einer Rückverlagerung großer Teile der Produktion ins Inland. Der Inlandsmarkt scheint dies zu honorieren, denn die Kundschaft fragt vermehrt Waren aus eigener Produktion nach. Es sollte aber davon abgesehen werden, dies zu subventionieren, wie es in Frankreich geschieht. Die Unternehmen, die zuvor reichlich Gewinne über ihr Mißmanagement einfuhren, sollen diese nun auch zum Rückbau einsetzen, denn die Korrektur ihrer Fehler liegt in ihrem ureigenen Interesse. Der inakzeptablen Tendenz, Gewinne zu privatisieren und Verluste zu vergemeinschaften, muß ein Riegel vorgeschoben werden.

Deutschland sollte sich daran erinnern, daß das einst zur Stigmatisierung deutscher Waren gedachte „made in Germany“ sich zum Qualitätsausweis entwickelte. Daran erneut anzuknüpfen, ist unter den gegebenen Umständen dringend anzuraten. Dinge aus Billigproduktion erweisen sich nicht selten als die teuerste Entscheidung, wenn Qualität und Lebensdauer dementsprechend niedrig sind - von der Umweltbelastung erst überhaupt nicht zu reden.

https://www.dw.com/de/franz%C3%B6sische-firmen-holen-produktion-zur%C3%BCck-ins-land/a-58127052
https://jungefreiheit.de/wirtschaft/2021/lieferengpaesse-setzen-deutscher-industrie-zu/
https://www.dw.com/de/materialmangel-bremst-deutsche-produktion/a-58199064

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