Wie wird man eigentlich Rettungssanitäter?

in deutsch •  6 years ago  (edited)

"Du arbeitest doch im Rettungsdienst?", hat @corneliastrunz gefragt. Da es in den vergangenen Monaten öfter zu Vermutungen über meine Praktikumstätigkeiten als festen Job gab, gebe ich hier mal wieder, was eigentlich bei Wikipedia und vielen anderen Quellen gut nachgelesen werden kann.

Rettungssanitäter ist eine anerkannte Berufsbezeichnung, die Ausbildung dafür gliedert sich im wesentlichen in vier Teile und ist teilweise von Regelungen der einzelnen Bundesländer abhängig. Ich beschreibe die Situation in Bayern und übernehme keine Garantie für die Richtigkeit meiner Angaben in anderen Bundesländern Deutschlands.

Zunächst kommt (und das ist meines Wissens in allen Bundesländern so) eine 160stündige schulische Ausbildung. Diese kann in einem vierwöchigen Vollzeitkurs oder - das ist wohl häufiger - an 10 Wochenenden à 16 Stunden absolviert werden. Dabei geht es tief in die Theorie, aber es werden auch praktische Übungen gemacht. Letztere meist in Zweierteams, denn auf dem Wagen ist man in der Regel auch zu zweit. Abgeschlossen wird der Kurs mit einer Prüfung, die einen schriftlichen und einen praktischen Teil beinhaltet.

Je nach Bundesland ist man nach Bestehen dieser schulischen Ausbildung schon für einfache Aufgaben im Krankentransport (nicht dem Rettungsdienst!) qualifiziert - meist fällt demjenigen die Aufgabe zu, den Wagen zu fahren. Wer sich berufen fühlt, kann das haupt- oder nebenamtlich machen oder als Bundesfreiwilligendienstler. Auch im Patiententransport innerhalb von Kliniken wird der sog. Rettungsdiensthelfer, wie er in Bayern heißt, schon mal eingesetzt.

Im Sanitätsdienst, also der Versorgung von Veranstaltungen, sind Rettungsdiensthelfer auch gefragt, fallen aber irgendwie aus dem Qualifikationsschema heraus, das Berechnungsgrundlage für den Personalbedarf ist - sie stehen also zwischen den Fachsanitätern mit etwa 80stündiger Ausbildung und den fertigen Rettungssanitätern.

In der Regel machen diejenigen, die die schulische Ausbildung absolviert haben, darum auch weiter. Die bayrische Verordnung, die die Ausbildung regelt, sieht dafür eine Frist von drei Jahren vor: innerhalb von 36 Monaten nach Bestehen der zum schulischen Ausbildungsteil gehörenden Prüfung müssen die anderen 3 Ausbildungsteile absolviert sein, ansonsten darf man von vorn anfangen. Wer das aus beruflichen oder anderen Gründen nicht schafft, beläßt es meist bei dem schulischen Ausbildungsgang.

Die nächsten beiden Teile der Ausbildung sind jeweils 160 Stunden Praktikum auf einer Rettungswache und in einer Klinik. Für die Klinik sind seit 2016 (in Bayern) folgende Bereiche vorgeschrieben: Anästhesie oder Intensivmedizin. Notaufnahme, Allgemeine Pflege, Geriatrie, zu jeweils mindestens 40 Stunden.
Auch hier bietet sich das Absolvieren der Praktika in Vollzeit-Tätigkeit an, was aber besonders auf Rettungswachen oft schwer zu planen ist, da es mehrere Praktikanten gibt, die ihre Stunden brauchen ...

Schon mal 4 Wochen am Stück Urlaub genommen? Nein? Ich auch nicht ... Deshalb darf die Klinik-Ausbildung auch in Wochenblöcke aufgeteilt werden.
Auf dem Rettungswagen sind je nach Betreiber 8- oder 12stündige Schichten üblich. Festangestellte Rettungsdienst-Mitarbeiter bei der Feuerwehr haben auch mal 24stündige Schichten, die Praktikanten aber wegen der Ruhezeiten nicht.

Auf der Klinik wie auf dem Rettungswagen läuft man mit dem Stammpersonal mit (meist in derselben Kleidung) und bekommt nach und nach mehr Aufgaben übertragen. Über die Tätigkeiten ist Buch zu führen, für den Nachweis, daß man die vorgeschriebene Praxiserfahrung gesammelt hat. Dafür statten die Schulen die Auszubildenden mit Praktikumsheften aus.

Sind alle Praktika absolviert, bescheinigt und anerkannt, kann sich der Auszubildende für den letzten Teil der Ausbildung anmelden: die Abschlußwoche in der Schule. In etwa 24-32 Stunden werden alle oder die wichtigsten Ausbildungsinhalte wiederholt, bevor es am letzten Tag Zeit für die Abschlußprüfung ist, die sich wiederum in einen schriftlichen und einen praktischen Teil aufteilt. Ein mündlicher Teil kommt auch noch hinzu. Diese Woche ist noch mal extra intensiv und definitiv kein Urlaub. ;)

Da die gesamte Gruppe aber im selben Boot sitzt, schweißt die Teilnahme an den schulischen Ausbildungseinheiten zusammen. Moderne Technik macht auch hier nicht halt; so hatten wir 2014 eine Whatsapp-Gruppe für den Kurs und es gab auch Treffen außerhalb des Kurses.

Ich habe also die 3-Jahres-Frist schon überschritten. In der bis 2015 oder Anfang/Mitte 2016 gültigen Verordnung gab es wohl eine Regelung, die erlaubte, innerhalb von 10 Jahren nach der ersten Prüfung bei erfolgreichem Absolvieren der Praktika den schulischen Ausbildungsteil zu wiederholen. Ich werde nach (hoffentlich wieder erfolgreichem) Bestehen desselben sehen müssen, ob die absolvierten Praktikumsstunden anerkannt werden. Die Schule ist, da ich nicht wieder als Selbstzahler antreten kann, diesmal eine andere.

Nach dem Bestehen der Abschlußprüfung steht es dem Auszubildenden frei, sich hauptamtlich als Fahrer oder neben- bzw. ehrenamtlich in der Sanitätsversorgung von Veranstaltungen zu engagieren. Auch der bereits erwähnte Patiententransport in Kliniken ist ein möglicher Tätigkeitsbereich.

Weiterlesen:
Bayrische Rettungssanitäter-Verordnung

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Danke für deinen ausführlichen Bericht. Verdient man denn gut dabei?, frage ich mich. Im sozialen Bereich ist das ja eher nicht so. Oder?

Üblicherweise nicht besonders, gerade werden aber welche gesucht, was regional oder arbeitgeberspezifisch die Löhne etwas nach oben getrieben hat.

Respekt vor Deinem Beruf. Der Sanitätsdienst fordert einen
körperlich und auch psychisch. Man wird mit vielen
Grenzsituationen konfrontiert und muss diese auch
verarbeiten.
Aber wenn man im Team arbeitet kann man sich
gegenseitig unterstützen und ermutigen.
Vielen Dank für Deine Beschreibung. Alles Gute.

Wo steht denn, daß es mein Beruf ist?

Oh, sorry. Das habe ich dann nicht richtig gelesen.
Der Beruf ist im Allgemeinen sehr wichtig.
Ich fand den Artikel sehr interessant.