Der Weltraum-Held Perry Rhodan feiert seinen 60. Geburtstag - nie wäre er so wichtig wie heute für die rettung der Welt.
Er kam zu spät, um ein paar Wochen nur, aber als Perry Rhodan Anfang September 1961 zum ersten Mal auf die Bühne trat, war dem „Erben des Universums“ (Verlagswerbung) gerade ein Teil seiner potenziellen Leserinnen und Leser abhanden gekommen. Die DDR hatte die Mauer durch Berlin gezogen, Major Perry Rhodan, Kommandant des amerikanischen Mond-Raumschiffes „Stardust“, wurde so notgedrungen in dem einen Deutschland ein Held der Jugend. In dem anderen aber ein Mythos, der allenfalls einmal kurz zu fassen war, wenn eines der schmalen, dünnen Hefte mit der fortlaufenden und also für Gelegenheitsleser schwer komplett zu erfassenden Handlung zu denen geriet, die auch in Rhodans fiktiver Welt den sogenannten „Ostblock“ bewohnen mussten.
Garantie für Ärger
Ein Rhodan-Heft im Schulranzen bedeutete Ärger, denn dabei handelte es sich nach Lesart der DDR-Offiziellen eindeutig um westliche Schund- und Schmutzliteratur. Dass Perry Rhodan nach einer mit Ach und Krach geglückten Landung auf dem Mond, dem Fund eines außerirdischen Raumschiffes, dem Kontakt mit dessen Erbauern und der Übernahme von deren Technik zur Erde zurückkehrt, nicht aber nach Hause in die USA, spielt für die Bewertung des Schmuddelheftes in der DDR keine Rolle. Zwar hat sich Rhodan, ausweislich des Titelbildes der Premierennummer ein weißer, schlanker Amerikaner mit kernigem Kinn und lichtblauen Augen, vom US-dominierten Westblock losgesagt.
Doch statt dem auch in seiner Welt moskautreuen Ostblock zu geben, was er von den Außerirdischen erhalten hat, verhindert er den Ausbruch eines atomaren Weltkrieges, flüchtet in die Wüste Gobi und errichtet hier einen neutralen Staat, den er die Dritte Macht nennt.
Perry Rhodan, in den Tagen des Wettlaufs zum Mond auch in der wirklichen Welt vom Bad Homburger Autor Karl-Herbert Scheer und dessen Koblenzer Kollegen Walter Ernsting erdacht, ist der Feind des Feindes, aber deshalb noch lange kein Freund. Wie im „Perryversum“, so nennen Fans die Parallelwelt, in der die Abenteuer des alterslosen Helden spielen, gilt der smarte, kluge und nie um einen Trick verlegene Deserteur auch im echten Kalten Krieg als Gefährder.
Misstrauen im Osten
Gerade Rhodans Anspruch, für die einzig richtigen Ziele der gesamten Menschheit kämpfen zu wollen, erregt im Osten Misstrauen. Schließlich war das genau die Aufgabe, die sich die Führer der sozialistischen Staatengemeinschaft ungefragt aufgehalst hatten. Perry Rhodans Erfolg verhinderte das nicht. Im Westen wurde der von allen irdischen Großmächten zum Weltfeind Nummer 1 erklärte Deserteur und Staatengründer zum Idol einer Generation: Aus anfangs geplanten 50 bis 60 Heften entwickelte sich eine unendliche Abfolge aus Heften, Büchern, Computerspielen, Modellbausätzen und Filmen, die auch immer wieder jüngere Leser begeisterte.
Zum 60. Geburtstag des bis heute erfolgreichsten deutschen Weltraumpioniers gibt es jetzt von Sony Music eine Nostalgiebox aus zwölf CDs in einer Retroschachtel, auf denen die legendären ersten Abenteuer Rhodans nachzuhören sind, die er in den 80er Jahren bereits auf Hörspielkassetten absolviert hatte.