Recht einfach #2: Welche Rechte hat man, wenn eine gekaufte Sache kaputt ist?steemCreated with Sketch.

in deutsch •  6 years ago 

Willkommen zum zweiten Teil meiner "Recht einfach"-Reihe! Heute beschäftigen wir uns mit einem Thema, das die meisten wohl selbst schon betroffen hat oder noch betreffen wird. Man hat eine Sache gekauft und später stellt sich dann heraus, dass diese Sache kaputt ist. Was kann man da machen?

Es ist ein etwas umfangreicheres Thema. Fast zu umfangreich für ein Format wie dieses. Ich habe versucht, alles möglichst einfach zu halten, an manchen Stellen ist mir das aber nur bedingt gelungen. Ich hoffe dennoch, dass der Artikel einigermaßen verständlich und nicht zu unübersichtlich geworden ist. Ich habe stellenweise Paragraphen verlinkt, diese sind aber nur für die besonders Wissbegierigen. :)

Um das Ganze nicht zu theoretisch zu machen, gibt es einen kleinen Fall dazu:

Karl kauft bei Händler Viktor einen Toaster. Als er sich am nächsten Morgen Toast machen will, merkt er, dass das Gerät wegen eines Wackelkontakts nicht richtig funktioniert.

(So ähnlich sehen übrigens auch die Fälle im Jurastudium aus, wobei da oft noch verschiedene Besonderheiten und Probleme eingebaut sind. Die Anfangsbuchstaben der Namen entsprechen normalerweise den Stellungen der Personen, um Verwechslungen zu vermeiden. Karl ist hier Käufer und Viktor Verkäufer.)

Die Rechte, die Karl jetzt hat, ergeben sich aus § 437 BGB.

All diese Rechte sind aber an gewisse Grundvoraussetzungen geknüpft. Ich will daher erst die allgemeinen Voraussetzungen erklären, bevor ich dann auf die einzelnen Rechte eingehe. Zum Schluss gibt es eine kurze Zusammenfassung.

A) Grundvoraussetzungen

Voraussetzung für alle Rechte ist, dass die gekaufte Sache im Zeitpunkt der Übergabe schon mangelhaft war und kein wirksamer Ausschluss der Gewährleistung besteht. Die einzelnen Punkte will ich knapp erklären:

I) Mangel

Ein Mangel liegt grundsätzlich vor, wenn die Sache schlechter ist, als sie sein sollte.
Wie eine Sache sein soll ergibt sich aus der konkreten Vereinbarung. Sollte diesbezüglich nichts vereinbart worden sein, richtet es sich nach dem, was man gewöhnlich erwarten kann, wobei auch die Werbung des Herstellers maßgeblich sein kann.

Vermutlich haben Karl und Viktor nicht vereinbart, dass der Toaster keinen Wackelkontakt hat. Nachdem man aber gewöhnlich erwarten kann, dass die gekaufte Sache einwandfrei funktioniert, liegt hier problemlos ein Mangel vor.

Die genaue Prüfung ist eigentlich viel komplizierter, aber das würde hier den Rahmen sprengen. In den meisten Fällen ist das Vorliegen eines Mangels auch nicht problematisch. Wen es genauer interessiert, kann einen Blick in § 434 BGB werfen.

II) Übergabe

Der Mangel muss schon bei der Übergabe bestanden haben. Dieser Punkt klingt unproblematisch und ist es auch meistens. Streng genommen müsste man hier den Zeitpunkt des "Gefahrübergangs" prüfen, der zwar meist, aber nicht immer mit der Übergabe zusammenfällt. Die Erklärung würde aber zu weit führen. Solltet ihr es genau wissen wollen, könnt ihr euch § 446 BGB und § 447 BGB durchlesen.

Der Käufer müsste aber grundsätzlich beweisen können, dass der Mangel zu diesem Zeitpunkt schon bestanden hat. Das ist in vielen Fällen schwierig und ohne Sachverständigen sogar fast unmöglich. Deshalb hat der Gesetzgeber mit § 477 BGB eine Beweislastumkehr für Verbraucher gegenüber Unternehmern geschaffen. Wenn sich der Mangel innerhalb des ersten halben Jahres zeigt, wird vermutet, dass er schon zum Zeitpunkt der Übergabe bestanden hat, außer das ist mit der Art der Sache oder des Mangels nicht vereinbar.

Innerhalb des ersten halben Jahres wird also vermutet, dass der Wackelkontakt schon bestanden hat als Karl den Toaster gekauft hat.

Wenn eine Haltbarkeitsgarantie besteht, kann diese sich hier auswirken: Wenn z.B. der Verkäufer verspricht, dass die Sache 3 Jahre lang funktioniert, dann reicht es, dass der Mangel innerhalb dieser Zeit auftritt. Der Käufer muss nicht mehr beweisen, dass der Mangel bereits beim Kauf bestand.

III. Kein Ausschluss des Gewährleistungsrechts

In bestimmten Fällen ist das Gewährleistungsrecht ausgeschlossen. Auch dies will ich nur ganz knapp darstellen. Mögliche Ausschlussgründe sind:

  • Kenntnis des Käufers vom Mangel im Zeitpunkt des Kaufes
  • Vereinbarung - allerdings kann das ein Unternehmer gegenüber einem Verbraucher nur in engen Ausnahmefällen
  • Verjährung: grundsätzlich nach 2 Jahren ab Übergabe der Sache

Karl kannte den Mangel natürlich nicht als er den Toaster gekauft hatte. Es gibt auch keine Vereinbarung über einen Gewährleistungsausschluss. Ein solcher wäre gegenüber dem Verbraucher Karl auch nicht wirksam. Schließlich sind auch noch keine 2 Jahre seit dem Kauf vergangen.

B) Die einzelnen Rechte

I) Nacherfüllung

Dies ist in der Praxis das wichtigste Recht. Der Käufer darf sich grundsätzlich aussuchen, ob er will, dass der Verkäufer die Sache repariert oder ihm eine neue Sache liefert. Der Verkäufer muss alle dabei anfallenden Kosten tragen. In Ausnahmefällen darf der Verkäufer die gewünschte Art der Nacherfüllung verweigern, z.B. wenn der Verkäufer die Sache ohne großen Aufwand reparieren kann, darf er eine kostspielige Neulieferung verweigern. Umgekehrt kann er die Reparatur verweigern, wenn diese im Vergleich zur Neulieferung absolut unverhältnismäßig wäre. Einzelheiten finden sich in § 439 BGB.

Karl kann also grundsätzlich nach seiner Wahl verlangen, dass Viktor den Toaster repariert oder ihm einen neuen liefert.

Achtung: Wenn man die Sache selbst repariert oder sich eine neue kauft, kann man die Kosten dafür nicht vom Verkäufer ersetzt verlangen! Das folgt aus dem "Recht zur zweiten Andienung" des Verkäufers.

II) Rücktritt oder Minderung

Rücktritt bedeutet, dass man als Käufer die kaputte Sache zurückgibt und dafür das Geld zurück bekommt. Sollte der Käufer vor dem Rücktritt länger benutzt haben, kann der Verkäufer einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung haben.

Achtung: Wenn man ursprünglich mit Geld bezahlt hat, hat man hier nicht die Pflicht, sich mit einem Gutschein zufrieden zu geben. Das darf man aber nicht mit denen Fällen verwechseln, in denen der Verkäufer eine Sache aus Kulanz zurücknimmt, z.B. weil die Sache einem doch nicht gefällt.

Der Rücktritt setzt neben den unter A) genannten Grundvoraussetzungen grundsätzlich voraus, dass man dem Verkäufer zuerst erfolglos eine angemessene Frist zu Nacherfüllung setzt. Was angemessen ist, ergibt sich aus dem einzelnen Fall. Es reicht, wenn der Käufer durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen deutlich macht, dass dem Verkäufer für die Erfüllung nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung steht.

Eine Fristsetzung ist nicht erforderlich, das heißt, der Käufer kann direkt zurücktreten, wenn z.B.:

  • die Nacherfüllung unmöglich ist. Das ist z.B. bei unreparierbaren Unikaten der Fall.
  • der Verkäufer die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert.
  • die gewählte Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen (z.B. ab dem 2. erfolglosen Reparaturversuch) oder unzumutbar ist.

Den Rücktritt muss der Käufer dann dem Verkäufer erklären. Dabei muss das Wort "Rücktritt" nicht unbedingt fallen. Es reicht, wenn es sich aus der Erklärung ergibt.

Karl müsste Viktor also eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen. Dabei reicht es, wenn er sagt: "Ich verlange, dass du mir sofort einen neuen Toaster gibst!". Auch dies setzt eine angemessene Frist in Gang. Sofern Viktor den Toaster noch vorrätig hat, würde hier eine Frist von 3 Tagen wohl vollkommen reichen. In dieser Zeit kann er überlegen, ob er das Verlangen des Karls für begründet hält. Danach kann Karl zurücktreten. Wenn Viktor aber gleich sagt, dass er das auf keinen Fall machen werde, kann Karl sofort zurücktreten. Der Rücktritt kann z.B. dadurch erfolgen, dass Karl sagt, dass er mit dem Geschäft nichts mehr zu tun haben will und er das Geld zurück haben möchte.

Wenn die Sache nur einen ganz kleinen Mangel hat (z.B. einen kleinen Kratzer an einer ohnehin kaum sichtbaren Stelle) ist das Rücktrittsrecht ausgeschlossen.

Statt zurückzutreten kann man auch den Kaufpreis mindern. Es bestehen dafür also die gleichen Voraussetzungen wie beim Rücktritt, nur dass man auch bei ganz geringfügigen Mängeln mindern darf.

Die Höhe der Minderung bekommt ihr mit folgender Formel heraus:

Geminderter Preis = Gezahlter Preis * Wert der mangelhaften Sache / Wert der Sache im mangelfreien Zustand

Karl könnte also den Toaster auch behalten und dafür einen Teil des gezahlten Kaufpreises zurückverlangen.

Weitere Informationen zu Rücktritt und Minderung sowie Musterbriefe findet ihr z.B. hier.

III. Schadensersatz

Das Schadensersatzrecht ist alleine schon sehr umfangreich, daher werde ich mich bemühen, es besonders knapp zu machen, zumal im Normalfall gar kein Schaden eintritt. Auf die genauen Details, Unterschiede und besonderen Voraussetzungen gehe ich daher nicht ein.

Ein Schadensersatzanspruch kann sich z.B. ergeben, wenn:

  • die kaputte Sache eine andere Sache kaputt macht.
  • der Käufer sich die gleiche Sache deshalb zu einem höheren Preis kaufen muss. Der Preisunterschied stellt den Schaden dar. Dies setzt wie der Rücktritt aber grundsätzlich eine Fristsetzung voraus.
  • der Käufer wegen einer Verzögerung der Nacherfüllung einen Schaden erleidet. Das setzt grundsätzlich aber eine Mahnung voraus.

Die Einzelheiten sind vor allem in § 280 BGB und in den darauf folgenden Paragraphen geregelt.

Der kaputte Toaster hat dazu geführt, dass die Toastscheiben im Toaster verbrannt sind. Theoretisch kann Karl dafür Ersatz verlangen.

Schadensersatz und Rücktritt (bzw. Minderung) können übrigens auch nebeneinander angewandt werden.

C) Zusammenfassung

Wenn die gekaufte Sache schon beim Kauf kaputt war, hat man grundsätzlich folgende Rechte:

  • Nacherfüllung (also Reparatur oder Neulieferung)

  • Rücktritt (man gibt die Sache zurück und bekommt dafür sein Geld zurück) oder Minderung (man behält die mangelhafte Sache und bekommt einen Teil des Geldes zurück) => setzt eine Fristsetzung oder Entbehrlichkeit der Fristsetzung voraus

  • Schadensersatz => setzt natürlich einen Schaden (und evtl weitere Kriterien) voraus

Karl hat jetzt genug von Toastern und beschließt, von nun an Müsli zu essen. Soll sowieso gesünder sein.


Solltet ihr selbst einmal in der Situation von Karl sein, wisst ihr jetzt hoffentlich ein bisschen besser, was ihr tun könnt. Aber bitte beachtet, dass ich grundsätzlich nur den Standardfall dargestellt und stellenweise sogar auch noch verkürzt habe. Im Recht können kleine Änderungen schon zu anderen Ergebnissen führen. Außerdem heißt Recht haben nicht zwingend, dass man auch Recht bekommt! Spätestens, bevor ihr gerichtlich gegen jemanden vorgehen wollt, solltet ihr wirklich einen Anwalt konsultieren!

Und was besonders Juristen gerne vergessen: Das Beste ist es immer, wenn sich alle Beteiligten um eine gemeinsame Lösung bemühen. Viele Händler werden schon aus Kulanz eine Sache umtauschen, selbst wenn es zweifelhaft ist, ob dazu ein Recht besteht. Ein freundliches Gespräch ist oft wesentlich zielführender als die Drohung mit einem Anwalt! :)


Ich hoffe, der Artikel war einigermaßen verständlich. Ich hätte zu fast jedem Punkt noch eine Menge schreiben können, da es aber sowieso schon fast zu ausführlich war, habe ich das sein lassen. Solltet ihr etwas nicht verstanden haben oder ihr irgendwelche Fehler entdeckt haben, schreibt mir das bitte. Über Anregungen, Verbesserungsvorschläge und Kritik freue ich mich immer!

Und wenn ihr zu diesem oder anderen rechtlichen Themen etwas wissen wollt, schreibt das auch gerne in die Kommentare! :)

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Hallo @lammbock guter Post verständlich und die Länge ist auch ok auch wenn's länger wäre zum kürzen ein schwieriges Thema.
VgA

Danke :)

Hi Thomas, vielen Dank für Deinen neuen Blog übers Recht. Hab ein sonniges Wochenende. Alexa

Danke! Ich wünsch dir ebenso ein schönes Wochenende! :)

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Hallo mein lieber besten Dank für deinen interessanten Beitrag.

Kannst du beim nächsten mal erklären wann die Grenze der üblen nachrede oder Verleumdung überschritten wird?

Würde @hatoto sicherlich auch interessieren

Grüsse

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Für ein eigenes Thema wäre das wohl zu wenig, aber ich könnte über die strafrechtlichen Grenzen von Diskussionen schreiben. Da könnte ich dann auch die Spannung zwischen Meinungsfreiheit auf der einen Seite und Beleidigung, Volksverhetzung, üble Nachrede und Co. auf der anderen Seite erläutern.

Das wäre bestimmt interessant und würde vielleicht auch ein wenig zur Problematik passen, die @redpalestino angesprochen hat.

Inwieweit das @hatoto betrifft, kann ich aber gerade nicht nachvollziehen.

Hatoto hatte mich vor zweit tagen daraufhin beleidigt, das mein Post Rechte Propaganda sei. Aber wahrscheinlich auf Druck von redpalestino hat er es jetzt geändert. Außerdem hat er unter dem vorletzten Post von Red nicht sehr schmeichelnd über mich und den wissenskrieger geredet.

Und er will mal ein unvoreingenommener Richter werden?

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Klingt nach einem guten Thema, hab ich auch noch nicht behandelt.

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Das kann ich jetzt nicht wirklich beurteilen, aber es klingt nicht so, als ob das auch nur ansatzweise strafbar wäre.

Und er will mal ein unvoreingenommener Richter werden?

Natürlich haben auch Richter eine eigene Meinung und dürfen diese grundsätzlich auch äußern. Solange dabei nicht zu vermuten ist, dass sie sich in ihren Entscheidungen rechtswidrig beeinflussen lassen, ist das auch kein Problem.

Ach so wie ich das verstanden habe kann man ja auch Berufung einlegen und dann kommt ein anderer Richter .

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