Gestern bereits angekündigt, folgt heute ein Beitrag zur derzeit stattfindenden Ausstellung in den Hamburger Deichtorhallen. HYPER! A Journey into Art and Music, gelbe Schrift auf einem schwarz-weiß Bild. Auf dem Bild der Kuss, der medial aufgeblasen, 2003 um die Welt ging: Madonna küsst Britney Spears auf der Bühne während der Verleihung der MTV Video Awards.
Skandal!
Nun ja, wenn man einen daraus macht.
Ansonsten wohl so interessant, wie das Fahrrad, dass in Münster am Bahnhof umfällt. Könnte man meinen, denn warum um alles in der Welt befindet es sich auf der Werbung für die Ausstellung in den Deichtorhallen? Und diese Werbung erfolgt massiv, man könnte meinen, hier ist etwas alles überragendes, Großartiges am Start, shocking, incredible, das kommt in den nächsten Jahren nicht wieder.
Um es gleich vorweg zu sagen, ich hoffe, dass so etwas in den nächsten Jahren nicht so schnell wiederkommt.
„Was passiert, wenn Musiker (ich lasse hier und im Folgenden den blödsinnig-debilen sog. Gender-Stern in der Mitte des Wortes weg und füge auch keine –innen am Ende der Wörter ein) sich an Ideen und Strategien aus der Kunstwelt orientieren? Und was für Bilder entstehen, wenn Künstler sich von Musik treiben lassen?“, so steht es im Flyer der Ausstellung.
Nun, das Konzept hört sich brillant an, da ist eine Menge möglich, mit dieser Idee könnte man eine Ausstellung zaubern, die den Besucher verzaubert, tief eintauchen lässt in beide Genres der Kunst, die Verbindungen herstellt, und dadurch neue Blickwinkel schafft, die Werke auf einen anderen Level bringt, indem das Neue mehr als nur die Summe seiner ursprünglichen Teile ist.
Nun, hätte und könnte.
Hätte man die geistigen Fähigkeiten zu abstrahieren und könnte man mehr als nur die Oberfläche von Dingen erkennen, dann wäre das durchaus möglich. Nur dann hätte man nicht gleich im Beginn des Rundganges großformatige Porträts rund um das Berliner Berghain gebracht.
Es begann also schon vordergründig. So ging es auch flott weiter. Fotografien abgedunkelter Räume, der Künstler hat diese wochenlang auf sich wirken lassen, bevor er die Fotos machte. „Seine Fotos beschreiben eine Welt unter Druck, Isolation, Gewaltbereitschaft, aber auch Ruhe und Entspannung sind in diesen Bildern spürbar“. Der Text zu den Arbeiten macht nur geistigen Dünnschiss spürbar.
So geht es fast in der gesamten Ausstellung zur Sache.
Die Frottage der Fassade eines Reihenhauses, in dem der Sänger der Band Joy Division einst wohnte findet sich gleich in der nächsten Abteilung und wird als „extremer Akt des Fanseins“ gefeiert. Wie bitte? Oberflächlich wie die Frottage selbst, einfältig, flach. Hinterglasmalerei durfte dann auch nicht fehlen, die Frauengruppe aus der Volkshochschule lässt grüßen.
An Blödheit nicht zu überbieten waren einige Ausstellungsbesucher. Rutherford Chang stellte 3000 Exemplare des Weißen Albums der Beatles aus. Die Installation als Dynamik zwischen Unikat und Massenprodukt war an sich nicht uninteressant, einige Besucher gingen Album für Album durch, nahmen das Vinyl aus den Hüllen, um sich die Scheiben anzusehen, ein wichtiges Gesicht zu machen ohne gleichzeitig die Idee zu verstehen.
Von den Videoinstallationen in abgedunkelten Räumen, die eher an Dark Rooms in Schwulensaunas erinnerten, ließen sich dann auch nicht wenige Besucher von altem 8mm-Filmmaterial begeistern, Filmschnipsel zusammengeschnitten, zu sehen waren Bilder verschwitzter, tanzender Menschen in englischen Clubs. Nun ja, geschichtlich vielleicht interessant und wenn es mit einer Stimme unterlegt würde, könnte es im ZDF bei „History“ von Guido Knopp laufen.
An einer Stelle der Ausstellung dachte ich dann aber doch „Hey, das hier ist eine brillante Performance!“. Weit gefehlt, die Dame war nur damit beschäftigt, 3-D-Brillen aus einem Dark Room zu putzen.
Der Kurator Max Dax, eigentlich Maximillian Bauer, war eindeutig mit der Ausstellung überfordert. Nur weil jemand mal Spex- und Electronic-Beats-Chefredakteur war, ist es kein Siegel für Qualität. Hier ist das Gegenteil der Fall. Nun ja, die Änderung seines Namens ist genauso wenig kreativ, wie es die von ihm kuratierte Ausstellung ist. Übrigens: Electro-Beats ist das Corporate-Publishing-Magazin der Telekom. Nun ja, das muss man nicht kommentieren. Ebenso daneben das „Begleitprogramm“ zur Ausstellung: Hyper!-DJing, 4 Tage Hyper! 4Tage Wach! Fotografie, Musik, Performance Workshop, Hyper! Text Schreibworkshop. Diese Workshops für Jugendliche und für Erwachsene gibt es Blickwinkel-Entdecken Sie die Ausstellung durch den Sucher einer Kamera! Die Kameras werden freundlichst von Olympus zur Verfügung gestellt.
Na dann...
Was hier präsentiert wird, hat mit Kunst so viel zu tun, wie Uran mit Urin, man könnte auch von des Kaisers neuen Kleidern sprechen. Spektakel für Touristen, für Kultursüchtige, die über jedes Stöckchen springen, wenn es denn nur flach genug hingehalten wird.
12 Euro Eintritt sind 13 Euro zu viel. Wer vorhatte, die Ausstellung zu besuchen, dem kann ich nur empfehlen, seine Süße oder seinen Süßen zu einem Kaffee an der Alster oder einem leckeren Eis beim Italiener einzuladen.
P.S.: Als ich aus der Ausstellung kam, sah ich sie dann: die Container, in denen das komplette Programm ohne weiter nachzudenken versenkt werden kann...
Good morning @londoncalling, danke für den amüsanten Bericht zur Ausstellung. Hab einen schönen Tag. Alexa
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danke @alexa57 und dir einen wundervollen Start ins Wochenende :-)
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