Bildung jenseits der staatlichen Einheitslösung

in deutsch •  6 years ago 

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Über das Aufwachsen in einer freien Gesellschaft.

Weil ich der festen Meinung bin, dass dieses Thema der Bildungsvielfalt von enormer Wichtigkeit für freiheitliches Marketing ist und darüber hinaus das Potenzial hat, Menschen aus allen politischen Lagern auf uns aufmerksam zu machen, möchte ich gerne kurz auf dieses Thema eingehen.

Bei einem solch interessanten Thema wie dem der Erziehung fühlt man sich zweifelsohne geneigt, Hals über Kopf in die Diskussion einzutauchen und sich über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Ansätze (Homeschooling, Unschooling, etc.) auszutauschen. Was dabei jedoch verloren ginge, wäre der ökonomische Kontext. Viele unserer Mitmenschen werden sich schon deshalb nicht für Bildungsalternativen begeistern lassen, weil sie eine Welt vor sich sehen, in der beide Elternteile 40 Stunden in der Woche arbeiten müssen und es in dieser Situation als Befreiung empfinden, wenn der Staat zur Hilfe eilt und die Erziehung der Kinder (kostenlos, wie es scheint) übernimmt.

Es ist also hilfreich, wenn man zuallererst klärt, dass dieses Hamsterrad der Moderne, das nach Jahrzehnten des technologischen Fortschritts immer noch beide Partner in Vollzeitjobs sperrt, nicht etwa vom medial oft beschworenen Neoliberalismus angetrieben wird, sondern von dem interventionistischen Staat und seinem ungedeckten Papiergeld. Hätten die Menschen die Möglichkeit, auf ehrliches Geld umzusteigen, würden sie sich in der Mehrheit sicher für solche Zahlungsmittel entscheiden, die nicht beliebig vermehrbar wären. Sie würden der Früchte der steigenden wirtschaftlichen Effizienz nicht länger beraubt werden, sondern eine Zukunft vor sich sehen, in denen sie (aufgrund der dann fallenden Preise) jedes Jahr weniger arbeiten müssten, um den Lebensstandard des Vorjahres zu erreichen. An die Stelle von Altersarmut würde langsam, aber sicher Optimismus treten und man sähe sich viel eher als im realexistierenden Sozialismus unserer Tage in der Lage, mehr Zeit mit dem eigenen Nachwuchs zu verbringen. Solch eine Zukunftsaussicht wäre es auch, die die Basis für eine flächendeckende Abkehr von der Staatsschule bilden und eine Hinwendung zu lokaleren Strukturen einleiten könnte.

Ein visionäres Beispiel, das zeigt, wie diese konkret aussehen könnten, liefern die Autoren Gordon Neufeld und Gabor Maté in ihrem Buch Unsere Kinder brauchen uns! (dessen von mir verfasste Rezension weiter unter verlinkt sein wird). Als Alternative zu unserem aktuellen Schulssystem wird dort die „dorfähnliche Bindungsgemeinschaft“ präsentiert, die die Autoren in dem französischen Ort Rognes verwirklicht sehen. Neufeld beschreibt die in einem dortigen Urlaub gewonnenen Eindrücke so: „Das gesellschaftliche Zusammensein umfasste gesamte Familien, nicht Erwachsene mit Erwachsenen und Kinder mit Kindern. Im Dorf fand immer nur eine Veranstaltung zur selben Zeit statt, sodass die Familien nicht in verschiedene Richtungen gezogen wurden. Die Sonntagnachmittage waren für Familienspaziergänge in die Umgebung reserviert. Sogar am Dorfbrunnen, dem Ortstreff, verkehrten Teenager mit Senioren. Feste und Feiern, von denen es sehr viele gab, waren immer Sache der ganzen Familie. Musik und Tanz brachten die Generationen zusammen, anstatt sie zu trennen.“ (Der Fokus auf die Eltern-Kind-Bindung ist hier deshalb so stark, weil das Buch in erster Linie das Phänomen der Gleichaltrigenorientierung behandelt).

In einer solchen Gemeinschaft wäre es sicher nur noch ein kleiner Schritt hin zu lokalen Bildungseinrichtungen, in denen ausgebildete Lehrer Seite an Seite mit halbtags arbeitenden Müttern und Vätern unterrichten würden. Als Elternteil hätte man eine direkte Verbindung zu dem Lehrer, dem man den eigenen Nachwuchs anvertraut, und das Ganze ließe sich in der Tat mit wenigen Straßenzügen organisieren, da man nicht dazu länger gezwungen wäre, eine Klasse mit 30 Schülern desselben Alters zu füllen (Ein Vorgehen, das der ehemalige Lehrer und Aktivist John Taylor Gatto sehr stark kritisierte, da er darin die Lektion versteckt sah, dass man der eigenen gesellschaftlichen Schichtung nicht entkommen kann).

Eine solche Gemeinde, in der man nicht länger nur nebeneinander wohnt, sondern generationenübergreifende Verbindungen hat, zusammen Feste feiert, seine Kultur pflegt und die Kinder miteinander großzieht, wäre wohl die größtmögliche Antithese zu unserer heutigen Welt, in der junge Menschen von einer staatlichen Einrichtung zur nächsten geschoben und in fast jedem Bereich ihres Lebens von der Politik eingehegt und als anonyme Einheiten verwaltet werden (Noam Chomsky verwendete diesbezüglich einmal die Formulierung „manufactured people“; deutsch: „gefertigte Menschen“). Man wäre unabhängig von irgendwelchen in fernen Hauptstädten gelegenden Bildungsministerien und endlich in der Lage, den Lehrplan an den Bedürfnissen der Kinder auszurichten.

Dass Letzteres sich nicht nur über das Lernen, sondern auch das Leben an sich sagen lässt, ist klar. Das Freilernen, eine Erziehung ohne körperliche Disziplinierung, die gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg – All das wird unter amerikanischen Libertären rege diskutiert und verdient, so glaube ich, auch in Deutschland mehr Aufmerksamkeit.

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Zu dem Thema möchte ich hier gerne auch noch einen Vortrag teilen, den die @kadna unter einem meiner letzten Artikel gepostet hat und der in diesen Fragen sehr erhellend ist =)

Do schools kill creativity?

Danke für die Erwähnung. Dieses Video ist zwar nichtneu, aber Ken Robinson bringt es auf den Punkt. Inzwischen gibt es viele Menschen/"Experten", die aufzeigen, was in unserem Bildungssystem nicht stimmt und auch Alternativen vorschlagen - und das nicht nur in Deutschland. Ich frage mich nur, wieso im Land der Dichter und Denker so wenig von diesen Erkenntnissen aufgegriffen wird? Wieso wird sich so vehement dagegen gesträubt, dass Eltern neue/eigene Wege finden für ihre Kinder? Dies kann nicht mit pädagogischen Argumenten zusammen hängen.

Also, warum? Gibt es wirtschafdtliche Gründe? Politische? ...? In Bildungsfragen ist der Weg in die Freiheit noch seeeeehr lang.

Ich würde sagen: Wie alle staatlichen Systeme dient das Schulsystem nicht den Kindern, sondern sich selbst.

In Deutschland hat es das Bildungssystem und das freie Lernen schwer. Die Schulpflicht wurde in der Weimarer Republik eingeführt, unsere jetzige Gesetzgebung wurde jedoch fast vollständig von den Nationalsozialisten übernommen. Zum ersten Male flächendeckend eingeführt wurde sie von den Preußen. Die Ursprünge und damaligen Motivationen für dieses Gesetz sind den meisten bestimmt nicht bewusst (mir auch nicht, kenne mich letztlich mit diesem Thema auch nicht so gut aus). Trotzdem scheint mir gerade der Deutsche sehr erpicht darauf zu sein, seine Kinder für mehrere Stunden pro Tag einzukasernieren und sie dort allem möglichen auszusetzen, worüber die Eltern keine Kontrolle haben. Andere Schüler, schlechte Lehrer, fehlleitende Lerninhalte. Stures Auswendiglernen und Nachplappern. Zu einem Bildungsbürger macht das einen kaum, zu einem starken Individuum eher weniger. Und trotzdem reiben sich die Menschen ungläubig die Augen, wenn von Homeschooling und anderen Alternativen die Rede ist.

Ich glaube, ich habe da etwas für dich ;)

The Prussian Connection to American Schooling (Part 1)

Verdammt, mach mir nicht noch die alten Preußen noch madig. Aber ja, bei deren Schulsystem scheint der Individualismus ganz hinten auf der Prioritätenliste zu stehen.

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Gespeichert

Nebengedanke: An den bisherigen Linkes & Kommentaren kann ich sehr gut sehen, wer sich nicht für Fußball interessiert :P

(Heute ist letzter Spieltag)

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https://www.ef-magazin.de/2017/12/21/12010-bildung-jenseits-der-staatlichen-einheitsloesung-ueber-das-aufwachsen-in-der-freien-gesellschaft

Och, @cheetah. Halt den Babbel jetzt.

Wenn man sich selbst plagiiert, kann man sich dann auch deswegen verklagen? Mal cheetah fragen

Eine Frage für Homer Simpson.

Ich glaub auch. Cheetah will nicht antworten