Brot backen mit eigenem Sauerteig

in deutsch •  5 years ago 

Immer schneller, immer höher, Zeit ist knapp. Tja, Brotbacken ist nichts für eilige oder stets gestresste Leute – möchte man meinen, aber halt!

Beim Brotbaken muss man zwangsläufig einen Gang runter schalten, denn der Sauerteig hat seine eigene Uhr, er ist fertig, wenn er fertig ist. Es macht Freude mit den wenigen natürlichen Zutaten zu hantieren, es hat etwas beruhigendes. Und zu einem selbst gebackenen Brot hat man ein anderes Gefühl, es ist etwas besonders, dass man so nirgends zu kaufen kriegt.

Außerdem, dass sei auch gesagt, es braucht schon etwas Übung bis man ein Gefühl für die Zutaten und den Teig bekommt. Sei also nicht enttäuscht, wenn dein erstes Brot dich nicht gleich vom Hocker haut. Mein erstes Brot auf diese Art liegt auch erst ein gutes Jahr zurück und ich lerne mit jedem Brot wieder etwas Neues dazu.

Genug der Vorrede, jetzt packen wir an und wenn alles klappt, sieht das Ergebnis in etwa so aus.

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Sauerteig

Am Tag davor wird der Sauerteig schon mal angesetzt, dazu nimmt man:

  • 50g Roggenmehl
  • 50ml Wasser
  • 20ml Anstellgut (Sauerteig vom letzten Mal)

und verrührt dies zu einem geschmeidigen Teig. Die Konsistenz entspricht in etwa dem eines Spätzleteiges, also etwas dicker als man das für Pfannkuchen machen würde. Nach etwa 14 Stunden hat der Teig sein Volumen verdoppelt und sieht dann so wie im nächsten Bild aus.

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Das kleine Glas rechts daneben fasst 100ml, etwa 20ml von unserem Sauerteig geben wir in das Glas und stellen es in den Kühlschrank, dies ist unser Anstellgut für das nächste Brot. Der Rest, also ca. 100g kommen in den Hauptteig.

Hauptteig

  • 600g Mehl
  • 350ml Wasser
  • 100g Sauerteig vom Vortag (oder alternativ gekauften Sauerteig + 5-10g Hefe)
  • Gewürze

Mehl und Gewürze kann man beliebig zusammen stellen, vorzugsweise Vollkornmehl oder Mehl mit hoher Typenzahl. In diesem Brot sind 100g Weizen, 200g Dinkel und 300g Roggenmehl und als Gewürze 2 TL Kümmel, 1 TL Koriander, 1 gestr. TL Schabzigerklee und 1 gestr. EL Salz. Welche Gewürze man verwendet ist natürlich Geschmackssache.

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Eine Küchenmaschine liefert beim Kneten gute Dienste, aber es geht natürlich auch von Hand.

Das besondere Highlight bei der Brotherstellung: Teig an, um und zwischen Fingern, man hat das Gefühl ihn nie wieder loszukriegen, was so manchen Anfänger oder Ungeduldigen an den Rand des Wahnsinns treiben kann. Doch mit einem Teigschaber oder ähnlichen Utensilien und einer Portion innerer Ruhe wird man der Sache schon Herr. Nach 5-10 Minuten Knetarbeit ist der Teig soweit.

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Mit mehligen Händen wird der Teig in die gewünschte Form gebracht und dann erst mal zugedeckt in Ruhe gelassen. Manche Brotbäcker werden jetzt die Augen verdrehen, denn ich bringe den Teig in eine kugelähnliche Form und lege diesen einfach in den Behälter einer Heißluftfritteuse.

Für die Zubereitung im Backofen nimmt man einen Gärkorb oder sonstige geeignete Backform, wie z.B. eine Kastenform.

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Je nach Raumtemperatur und wie der Sauerteig gerade in Stimmung ist, dauert es 4-6 Stunden bis der Teig sein Volumen verdoppelt hat und an seiner Oberfläche rissig wird.

Im Winter hat man vielleicht kein so warmes Plätzchen, an dem sich unser Freund richtig wohl fühlen kann. Dann hilft ein Backofen, ca. 2 Minuten auf kleinster Temperatur erwärmen und dann ausschalten. So 30 °C dürfen es für den Anfang ruhig sein.

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Jetzt sind wir schon fast am Ziel, der Teig wird jetzt an seiner Oberfläche etwas eingeschnitten und gut mit Wasser bestrichen. Die Einschnitte sorgen dafür, dass der Teig schön nach oben aufgehen kann und nicht seitlich einreißt.

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Dann kommt er für knapp eine Stunde in den Backofen oder wie ich es ab und an mal mache, in eine Heißluftfritteuse mit Ober- und Unterhitze, wie z.B. die DeLonghi MultiFry.

  • 10 Min. Stufe 3 mit Ober- und Unterhitze
  • 10 Min. Stufe 4 Umluft,
  • 35 Min. Stufe 3 Umluft

Nach den ersten beiden Schritten, das Brot jeweils mit etwas Wasser bestreichen, sonst trocknet es an der Oberfläche durch die Heißluft zu sehr aus.

Im Backofen wird das Brot noch etwas krustiger, je nachdem mit welcher Hitze man beginnt. Dazu stürzt man den Teig auf das Backblech oder lässt ihn einfach in der Kastenform, beides geht.

  • 15 Min. 220 °C für dunklere Kruste 240 °C
  • 30 Min. 180-200 °C

Brotduft liegt in der Küche und schließlich kann man sein Brot, nachdem es abgekühlt ist auch schon probieren. Immer wieder ein sehr schöner und spannender Moment.

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Sauerteig/Anstellgut zum ersten Mal herstellen

Freilich kann man sich auch einen Sauerteig kaufen, dann erspart man sich die folgend beschriebene Prozedur. Wenn man nur mal ein Brot ausprobieren will, ist das die einfachere Variante.

Wer aber auf den Geschmack gekommen ist, möchte vielleicht nicht jedes Mal neuen Sauerteig kaufen sondern lieber seinen eigenen hegen und pflegen. Es ist wirklich einfach und auch nur ein einmaliger Aufwand.

Dazu verrührt man 25g Roggenmehl (Type 1150 oder Roggenvollkornmehl) mit 25ml Wasser zu einem geschmeidigen Teig. Je nach Mehl etwas mehr oder weniger Wasser. Die Konsistenz sollte schön weich, in etwa wie bei einem Spätzleteig sein. Die Mengenangaben sind nicht so genau zu nehmen, erwischt man etwas zu viel Mehl, gleicht man es mit Wasser wieder aus oder umgekehrt, hat man zu viel Wasser erwischt, gibt man halt etwas Mehl dazu.

Diesen Brei lässt man bei Raumtemperatur zugedeckt stehen. Nur abdecken, nicht luftdicht verschließen.

In den nächsten 4-5 Tagen das gleiche Spiel, es kommen jeweils 25g Roggenmehl und 25ml Wasser hinzu und verrührt dies wieder zu einem geschmeidigen Teig. Jeden Tag wird der Teig etwas strenger im Geruch, von obstartig fruchtig bis ungut sauer kann alles dabei sein.

Wenn der Teig sein Volumen über Nacht verdoppelt und schön sauer riecht, dann ist er startklar. Das wird, je nach Raumtemperatur so um den 5. Tag der Fall sein. Nach dieser Methode entstehen 250g Sauerteig, 50g davon stellt man in den Kühlschrank, dass ist dann das Anstellgut für das nächste Mal. Mit den restlichen 200g kann man sein erstes Brot backen.

Das klingt vielleicht alles etwas kompliziert, ich war zumindest anfangs schon etwas verwirrt. Das folgende Bild soll für etwas Klarheit sorgen.

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Vom ersten Sauerteig entsteht sowohl das Anstellgut für das nächste Brotbacken, als auch der Sauerteig den man für den Hauptteig braucht. Auf diese Weise braucht man nichts wegwerfen, wie es bei manchen anderen Anleitungen im Netz beschrieben wird. Das Anstellgut wird ebenfalls zu 100% wiederverwendet, auch hier gibt es normalerweise nichts was man wegwerfen muss.

Anstellgut pflegen und füttern

Wenn man jede Woche ein Brot backt, passt das schon. Ansonsten rührt man jede Woche ca. 20g Roggenmehl und 20g Wasser zum Anstellgut im kleinen Gläschen hinzu. So haben unsere Sauerteigbewohner wieder neue Nahrung und müssen nicht verhungern.

Tipp: Der erste Sauerteig ist noch sehr jung und hat als Frischling nur wenig SP (SauerteigPower). In den ersten paar Runden ist deshalb die Zugabe von 5-10g Hefe zum Hauptteig empfehlenswert. Um so oller, um so doller - je älter ein Sauerteig wird, um so mehr Triebkraft hat er und man braucht dann keine zusätzliche Hefe mehr.

Ende gut, alles gut, Anstellgut

So, das wären mal die grundlegenden Dinge. Der eigentliche Zeitaufwand um ein Brot zu backen ist überschaubar. Für den Sauerteig am Vortag brauch man keine 10 Minunten, für den Hauptteig mit allem Drum und Dran vielleicht 30 Minuten. Der Rest ist Wartezeit und Beobachten was sich tut.

Wer es ausprobieren will, dem wünsche ich schon mal gutes Anstellen.

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Mein "Horst" (ja, mein Sauerteig hat einen Namen) steht gerade in einer Schüssel auf dem Balkon. Morgen früh wird dann ein Brot draus!

Man kann Sauerteig übrigens auch gut verschicken - entweder im "Normalzustand" in einem kleinen Behälter oder getrocknet. Dafür verstreicht man ihn auf einem großen Stück Backpapier sehr dünn und wartet einfach ein bis zwei Tage.

Mein Horst, ich glaub's ja nicht ;-) Meiner ist ja noch im zarten Alter von einem Jahr, vielleicht muss ich mir auch mal einen Namen überlegen. Wie wär's mit Werner? Nein, sicher nicht.

Das mit dem Backpapier hab ich auch schon gehört, gibt sogar eine https://www.sauerteigboerse.de/

Sehr schön. Muss ich auch mal versuchen.
Gruß vom @bitandi

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Danke für deinen Bericht. Ich möchte schon so lange mal ausprobieren einen Sauerteig zu machen, ist dann leider immer wegen irgendwelchen Ausflüchten gescheitert! Nun hast du mich aber mit deinem Beitrag so was von motiviert, dass ich es nun mal in Angriff nehme!
Sollte es klappen bekommt er auch einen coolen Namen--versprochen!

Ui schön, freut mich. Gutes gelingen!

@miti curation project.png

Genial das probiere ich doch gleich morgen mal aus.
Irgend wie hab ich jetzt Appetit auf ein Leberwurstbrot. Natürlich frisch. 😀

Pfff, dein Brot... Das sieht aus wie vom Bäcker, perfekte Kruste, viele kleine Werners drin, oder Horste. Perfektion in Person, niedergebracht in einem großem Fladen. Verdammter Steem und sein Quality Content. Lass dir dein Werk schmecken. Mein hässliches kleines Brot ist trotzdem schöner und braucht auch keine Wernersense, Horste, Dieterse oder andere Bewohner, die alles in die Luft gehen lassen.
Salve mein Lieber
Alucian

Ich muss gestehen, an dein hässliches Brot habe ich mich noch nicht gewagt.

Das Sauerteigbrot geht zurück zu meinen Wurzeln, meine Mutter hat jeden Freitag Brot gebacken, für alle 3 Generationen die damals am Hof lebten. Der Backofen war so 1,2 auf 1,2 Meter in der Grundfläche und mit meterlangen Holzscheiten beheizt. Ich kann mich noch an den Ofen erinnern, die Holzscheite war schon darin, man hätte sie nur noch anzünden brauchen.

An das Brot kann ich mich leider nicht mehr erinnern, zu meiner Zeit kam leider schon der Bäcker und so kenne ich es nur durch die Berichte meiner Eltern und Geschwister.

Wenn ich ein Brot mache, führt mich das trotzdem zurück in die Zeit, als die Uhren noch langsamer tickten. Es ist nicht nur Brot, ich verbinde damit viel mehr als ich hier schreiben kann.

Schön gesagt. Mein hässliches Brot entwickelt sich immer weiter. Ich experimentiere vermehrt. :-) War seit Monaten nicht mehr beim Bäcker, soviel sei gesagt. Es schmeckt selbst gemacht dann doch am besten und wie du schon sagst, es ist mehr als nur Brot machen.

Das ist ein sehr schöner Post. Resteemed :-)

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