Geschichte und Vorgeschichte der Deutschen 8

in deutsch •  7 years ago 

Von den Rechten eines Stammes – Die Stammesrechte

Als Stammesrechte, bezeichnet man die schriftliche Niederlegung der Rechte der einzelnen Germanenstämme während der Völkerwanderungszeit und dem Frühmittelalter. Zeitlich also von der 450- 810. Der Name Stammesrechte für die „Leges“ ist umstritten. Man hat zwar zu Recht angemahnt, dass die Germanenrechte kein rein germanisches Rechtsverständnis widerspiegeln, allerdings sind sie deswegen um nichts weniger Stammesrechte. Also Rechtstexte welche nur für einen bestimmten Stamm gelten, und sonst für niemanden. Man muss hier bedenken, dass wir uns in einer Zeit befinden in welcher es (fast) kein Territorialrecht, sondern (fast nur) ein Personalrecht gibt! Also hängt auch das Recht nicht davon ab wo man ist, wie dies bei uns heute der Fall ist (oder sein sollte), sondern vielmehr wer man ist, welchem Volk oder Stamm man angehört. Dies kommt umso mehr zum Ausdruck, wenn man die Sonderrechte für die Romanen bedenkt, welcher man ja sonst leicht hätte entbehren können!
In wie weit aber diese Stammesrechte nun germanisches Recht widerspiegeln ist schwer zu sagen. Fest steht eigentlich nur, dass es kein rein germanisches ist.

Was damit gemeint ist, möchte ich am Beispiel des „Codex Euricianus“ zeigen. Als König Eurich diesen Rechtstext um 475 abfassen lässt, befinden sich die Westgoten seit 100 Jahren auf Wanderschaft oder Flucht. Das heißt, dass niemand mehr am Leben war der wusste was Frieden eigentlich ist! Man sehe sich heute Afghanistan, Somalia oder den Irak an, und man bekommt einen guten Eindruck davon, was jahrzehntelange kriegerische Konflikte für negative Auswirkungen haben. Eben auch auf das Rechtsverständniss.
Aber nicht nur die Verrohung konnte Einfluss auf das Recht nehmen. Auch der Kontakt mit den Römern hat seine Spuren hinterlassen. Man bedenke die Abfassung der Gesetze selbst, etwas was bei den Germanen bis dato vollkommen unüblich war. Noch dazu, wenn man bedenkt, dass wir von einer oralen Gesellschaft ausgehen. Oder man denke an die Abfassung aller dieser Texte in Latein! Auf der anderen Seite konnte nun, in unsicheren Zeiten, wenigstens ein Mindestmaß an Rechtssicherheit gewährt werden.
Auch hat sich gezeigt, dass die einzelnen Stämme sich gegenseitig beeinflusst haben. Dies umso mehr als sie ja von Beginn an ähnliche Auffassungen vertraten. So übte z.B. das salische Recht der Franken Einfluss auf die Stammesrechte der dem Frankenreich angehörenden Germanenstämme aus.
Und als drittes großes Moment kommen dann noch Arianismus und Katholizismus hinzu, welche gewiss keinen geringen Einfluss auf die Gesetzgebung gehabt haben dürften. Man bedenke nur das Verbot der Hexenverfolgung unter Karl dem Großen, oder, allgemein, den Schutz von Witwen und Waisen aber auch von religiösen Stätten(was ja völlig unantik war).

Nimmt man all dies zusammen so fällt es schwer sich vorzustellen, dass die Stammesrechte rein germanisches Recht widerspiegeln. Eher dürfte man richtigliegen, wenn man von einem weiterentwickelten germanischen Recht spricht.
Weiterentwickelt vor allem deswegen, weil sie ja nichts desto trotz immer noch Germanen waren, und die Texte für Germanen gedacht waren. Und zwar Germanen je eines bestimmten Stammes.
Wichtige Rechtstexte sind, das „Edictum Theoderici“, von ca. 450, als „gotisches Recht“; der „Codex Euricianus“ von 475, als Recht der Westgoten; die „Lex Salica“ von 510, als Recht der Salfranken; die „Lex Ribvaria“, als Recht der Ripuarischen Franken, und der „Pactus Alamanorum“, als Alemannisches Recht, beide um 620/30 herum. Der Letzte große Rechtstext war dann das „Edictum Rothari“ um 645, als Recht der Langobarden.
Alle späteren Rechtstexte fallen, geschichtlich betrachtet, schon ins Frühmittelalter, da sie in aller Regel auf vorangegangenen Rechtstexten basierten, oder diese sich als Vorbild nahmen.
Hierzu zählen die „Lex Alamanorum“ um 725 herum, als Alemannisches Recht; und die „Lex Baiuvariorum“ um 740, als bayrische Recht; sowie die „Lex Ribuaria“ von 810, als ostfränkisches Recht, in welchem auch das thüringische, sächsische und das friesische Recht enthalten war.

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Wenn man sich viele Rechtstexte oder Gesetzeswerke bis in die heutige Zeit betrachtet, haben alle eins gemeinsam: sie sind zuvorderst Gebote aus welchen Verbote abgeleitet werden. Man stellt aber bei genauer Betrachtung fest, dass sie der Konfliktvermeidung nicht dienlich sind. Wenn man Regeln=Gesetze erlässt, sollten diese so formuliert sein, dass sie der Konfliktvermeidung dienlich sind. Da wäre zuvorderst das Eigentumsrecht, beginnend am Recht am eigenen Körper. Daraus ließe sich jede Rechtsfindung ableiten. Doch nichts dergleichen lässt sich finden, nur so ca. Eigentumsrecht mit dehnbaren Interpretationen. Selbst die verfassten Menschenrechte sind bei genauer Betrachtung keine Eigentumsrechte. Wenn Menschen sich regeln geben wollen um sich nicht immer auf die Birne zu klopfen, beginnt das beim Eigentumsrecht.

Danke für Deinen Post.

Durchaus ein sehr interessantes Thema, dem ich auch selbst seit vielen Jahren verfallen bin.