18. Juni 2018
Am vergangenen Wochenende fand das prestigeträchtigste Autorennen zwei Mal rund um die Uhr statt, die 24 Stunden von Le Mans (französisch Les 24 heures du Mans) [1] standen zum 86. Mal auf dem Programm [2]. Seit 1932 wird das Rennen auf dem gut 13 Kilometer langen Circuit de la Sarthe [3] ausgetragen. Der Name Sarthe stammt von dem Fluss, der die Stadt Le Mans durchquert und gleichzeitig Namensgeber des dortigen Départements ist.
Die Rennstrecke wurde über die Jahre wiederholt etwas modifiziert, vor allem aus Sicherheitsgründen, 1972 wurden die spektakulären Porsche-Kurven anstelle eine gefährlichen Abschnitts namens Maison Blanche eingebaut, 1990 die einst 6 Kilometer messende Hunaudière Gerade (franz. Ligne Droite des Hunaudières) durch zwei Schikanen in drei kürzere Teile unterteilt. Vor dem Umbau der Geraden erreichten die schnellen Prototypen Runde für Runde Höchstgeschwindigkeiten von 400 km/h auf diesem unebenen, über das Jahr für den normalen Strassenverkehr offenen Streckenabschnitt, was danach als nicht mehr akzeptabel galt, vor allem aus dem Aspekt der Sicherheit. Seither wird seitens des Veranstalters, des Automobile Club de l'Ouest (ACO) [4].
In Le Mans gehen traditionell Fahrzeuge zweier Kategorien an den Start, nämlich zum einen sogenannte Sportwagen oder Prototypen, die wie reinrassige Rennfahrzeuge aussehen und GT-Wagen, deren Silhouetten an strassenzugelassene Sportwagen erinnern. Für letztere ist die Existenz entsprechender Strassenfahrzeuge, die mindestens in Kleinserie gebaut werden, Bedingung. Gegenwärtig gibt es zwei Kategorien für Prototypen, die LMP1 und LMP2, wobei die erste Kategorie auch Fahrzeugherstellern offensteht, die technologische Meisterstücke von Fahrzeugen an den Start bringen sollen. Nachdem in den letzten Jahren, eigentlich seit 2012, seit es die Langstreckenweltmeisterschaft (WEC) [5] wieder gibt, drei Hersteller um den Sieg in Le Mans und der Weltmeisterschaft stritten, ist 2018 nur noch Toyota mit dem TS050 Hybrid [6] angetreten. Bis 2016 war der VW-Konzern mit dem Porsche 919 [7] und dem Audi R18 [8] doppelt involviert. Audi zog sich per Ende 2016 zurück, Porsche per Ende 2017. Es ist das Schicksal des Motorsports, dass die wirklich guten Zeiten meist nur von kurzer Dauer sind, denn die Sache hat, wie könnte es anders sein, ihren ziemlich hohen Preis. Für Le Mans, die entsprechende Vorbereitung und die weiteren Rennen der Serie gaben die Hersteller jeweils einen dreistelligen Millionenbetrag in Euro aus, das geben auch hoch profitable Firmen nicht einfach zum Spass aus.
Die Kategorie LMP1 wurde wegen des Ausstiegs einiger Hersteller wieder vermehrt privaten Teams geöffnet und so gingen 2018 in dieser Kategorie 10 Fahrzeuge auf die einen Tag lange Reise. Am besten schnitt das Schweizer Team Rebellion Racing [9] ab, welches sich den verbliebenen Rang auf dem Podium und den vierten Gesamtrang [10] sichern konnte. Eine Chance gegen die Werkswagen von Toyota hatten sie nicht. Nach 24 Stunden lag zwischen den Gesamträngen 2 und 3 ein Abstand von 10 Runden. Die weiteren Fahrzeuge in der LMP1 Klasse stammen von BR Engineering [11], Enso [12] und Ginetta [13]. Letzterer ist ein durchaus bekannter britischer Hersteller von Sportwagen in kleinen Serien.
Für Toyota war es trotz der schwächeren Konkurrenz als in den Jahren zuvor ein absolut denkwürdiges Rennen. Denn es war nach vielen Anläufen das erste Mal, dass Toyota das 24 Stunden Rennen von Le Mans gewinnen konnte. Immer wieder scheiterten die bisherigen Versuche Toyotas auf dramatische Art und Weise, 2016 schied man weniger als 5 Minuten vor Rennende in Führung liegend aus [14]. Wer meint, das sei unter diesen Voraussetzungen nur Formsache gewesen, dem sei gesagt, dass man ein Fahrzeug, das 24 Stunden Höchstleistung überdauert, auch heute erst einmal bauen muss. Auch die Fahrer sind stets herausgefordert, durch wechselnde Streckenbedingungen - Licht, Wetter, Temperatur - und die Konkurrenz, die allesamt auf langsameren Fahrzeugen unterwegs ist und deswegen dauerüberholt werden muss. 2018 sahen nur 43 von 60 gestarteten Fahrzeugen die Zielflagge, 72 %.
Im Siegerfahrzeug war auch der aus der Formel 1 bekannte Fernando Alonso [15] - seines Zeichens zweifacher Weltmeister - unterwegs. Wie gewohnt leistete er eine fehlerlose Arbeit auf höchstem Niveau und konnte sich so bereits bei seiner ersten Teilnahme als Sieger feiern lassen. Gleiches war im vergangenen Jahr Nico Hülkenberg [16] gelungen, im Porsche 919.
Das Podium in der LMP1 Klasse und gleichzeitig im Gesamtklassement:
Rang | Team | Fahrzeug | Fahrer | Runden |
---|---|---|---|---|
1 | Toyota Gazoo Racing | TS050 Hybrid | Sébastien Buemi (CH), Kazuki Nakajima (J), Fernando Alonso (E) | 388 |
2 | Toyota Gazoo Racing | TS050 Hybrid | Mike Conway (UK), Kamui Kobayashi (J), José Maria Lopez (Arg) | 386 |
3 | Rebellion Racing | Rebellion R13 | Thomas Lauren (F), Mathias Beche (CH), Gustavo Menezes (USA) | 376 |
In der zweiten Prototypenklasse, der LMP2, sind verschiedene kleine Hersteller von Chassis unterwegs, die ausschliesslich von privaten Teams eingesetzt werden, nicht von Fahrzeugherstellern. Die Fahrzeuge werden von einem Einheitsmotor von Gibson Technology [14] angetrieben, einem V8-Motor mit 4 Litern Hubraum, ohne Aufladung und etwa 600 PS Leistung. Auch diese Fahrzeuge sind also leistungsstark und ziemlich schnell, aber günstiger als jene der Topklasse. 2018 waren 20 solche Fahrzeuge am Start und der Wettbewerb war ziemlich eng.
Die LMP2 stammen von Alpine (A470, 1 Fahrzeug, im wesentlichen ein Oreca 07) [15], Dallara (P217, 3) [16], Ligier (JSP217, 8) [17] und Oreca (07, 8) [18].
Auch in dieser Klasse waren einige sehr prominente Fahrer am Start, etwa Loïc Duval [19], der in den vergangenen Jahren im Audi Werksteam fuhr und der ehemalige Formel 1 Fahrer Juan Pablo Montoya [20]. Für das Podium reichte es beiden nicht, sie erreichten die in der Klasse die Ränge 4 (Gesamt 8) und 5 (Gesamt 9).
Das Podium in der LMP2 Klasse, Ränge 5-7 im Gesamtklassement:
Rang | Team | Fahrzeug | Fahrer | Runden |
---|---|---|---|---|
1 | G-Drive Racing | Oreca 07 | Roman Rusinov (Rus), Andréa Pizzitola (F), Jean-Eric Vergne (F) | 369 |
2 | Signatech Alpine Matmut | Alpine A470 | Nicolas Lapierre (F), André Negrão (Bra), Pierre Thiriet (F) | 367 |
3 | Graff-SO24 | Oreca 07 | Vincent Capillaire (F), Jonathan Hirschi (CH), Tristan Gommendy (F) | 366 |
Den Fahrzeugen aus den GT-Klassen werde ich noch einen weiteren Artikel widmen. Denn der engste Wettbewerb des vergangenen Wochenendes verlangt nach entsprechender Würdigung.
Für weitere Informationen über das Rennen auch in deutscher Sprache sind ausdrücklich die Webseiten https://ch.motorsport.com, motorsport-total.com und racingblog.de empfohlen. Die beim RacingBlog zu Le Mans 2018 erschienenen Artikel sind unter [21] aufgelistet.
Sollte ich noch einige spannende Videos finden, werde ich sie in der Folge hier noch auflisten. Zunächst eines von Fernando Alonso aus dem dritten Qualifikationstraining, welches bei Nacht am Donnerstagabend stattfand [22].
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/24-Stunden-Rennen_von_Le_Mans
https://en.wikipedia.org/wiki/24_Hours_of_Le_Mans
https://fr.wikipedia.org/wiki/24_Heures_du_Mans
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/24-Stunden-Rennen_von_Le_Mans_2018
https://en.wikipedia.org/wiki/2018_24_Hours_of_Le_Mans
https://fr.wikipedia.org/wiki/24_Heures_du_Mans_2018
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Circuit_des_24_Heures
https://en.wikipedia.org/wiki/Circuit_de_la_Sarthe
https://fr.wikipedia.org/wiki/Circuit_des_24_Heures
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Automobile_Club_de_l%27Ouest
https://en.wikipedia.org/wiki/Automobile_Club_de_l%27Ouest
https://fr.wikipedia.org/wiki/Automobile_Club_de_l%27Ouest
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft
https://en.wikipedia.org/wiki/FIA_World_Endurance_Championship
https://fr.wikipedia.org/wiki/Championnat_du_monde_d%27endurance_FIA
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Toyota_TS050_Hybrid
https://en.wikipedia.org/wiki/Toyota_TS050_Hybrid
https://fr.wikipedia.org/wiki/Toyota_TS050_Hybrid
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Porsche_919_Hybrid
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Audi_R18
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Rebellion_Racing
https://en.wikipedia.org/wiki/Rebellion_Racing
https://fr.wikipedia.org/wiki/Rebellion_Racing
[10] https://www.lemans.org/fr/page/resultats/101 Gesamtklassement/-bericht PDF-Datei (298 Seiten): https://assets.lemans.org/explorer/pdf/courses/2018/24-heures-du-mans/classification/race/24-heures-du-mans-2018-final-classification-summary.pdf
Startaufstellung PDF-Datei: https://assets.lemans.org/explorer/pdf/courses/2018/24-heures-du-mans/classification/24-heures-du-mans-2018-qualifying-practice-combined.pdf
[11] https://en.wikipedia.org/wiki/BR_Engineering_BR1
[12] https://de.wikipedia.org/wiki/CLM_P1/01
https://en.wikipedia.org/wiki/CLM_P1/01
[13] https://de.wikipedia.org/wiki/Ginetta
https://en.wikipedia.org/wiki/Ginetta_Cars
[14] https://de.wikipedia.org/wiki/24-Stunden-Rennen_von_Le_Mans_2016
https://en.wikipedia.org/wiki/2016_24_Hours_of_Le_Mans
[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Fernando_Alonso
https://en.wikipedia.org/wiki/Fernando_Alonso
[13] https://de.wikipedia.org/wiki/Nico_H%C3%BClkenberg
https://en.wikipedia.org/wiki/Nico_H%C3%BClkenberg
[14] https://de.wikipedia.org/wiki/Gibson_Technology
https://en.wikipedia.org/wiki/Gibson_Technology
[15] https://de.wikipedia.org/wiki/Alpine_Automobilhersteller
https://en.wikipedia.org/wiki/Alpine_automobile
[16] https://de.wikipedia.org/wiki/Dallara
https://en.wikipedia.org/wiki/Dallara
[17] https://de.wikipedia.org/wiki/Groupe_Ligier
https://en.wikipedia.org/wiki/Ligier
[18] https://de.wikipedia.org/wiki/Oreca
https://en.wikipedia.org/wiki/Oreca
https://de.wikipedia.org/wiki/Oreca_07
https://en.wikipedia.org/wiki/Oreca_07
[19] https://de.wikipedia.org/wiki/Lo%C3%AFc_Duval
https://en.wikipedia.org/wiki/Lo%C3%AFc_Duval
[20] https://de.wikipedia.org/wiki/Juan_Pablo_Montoya
https://en.wikipedia.org/wiki/Juan_Pablo_Montoya
[21] 24H Le Mans: Endlich Toyota – Analyse Prototypen LMP1 und LMP2. racingblog.de, 18. Juni 2018, von DonDahlmann https://www.racingblog.de/2018/06/18/24h-le-mans-endlich-toyota-analyse-prototypen-lmp1-und-lmp2/ 24H Le Mans: Analyse GTE Pro und Am – Porsche mal drei. racingblog.de, 18. Juni 2018, von DonDahlmann https://www.racingblog.de/2018/06/18/24h-le-mans-analyse-gte-pro-und-am-porsche-mal-drei/ 24H Le Mans: BoP, EoT und das Safety Car – Eine Kritik. racingblog.de, 19. Juni 2018, von DonDahlmann
https://www.racingblog.de/2018/06/19/24h-le-mans-bop-eot-und-das-safety-car-eine-kritik/
[22] Fernando Alonso ,night laps onboard & team radio, Le Mans 24H 2018 - Q3. auto web YouTube Kanal, 15. Juni 2018
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