Beeindruckender Erfolg für die AfD in Mecklenburg-Vorpommern

in deutsch •  8 years ago  (edited)

Gestern Sonntag, 5. September 2016 fand im deutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern die Wahl für den Landtag statt. Das Resultat vorneweg [1, 2]:

Im Landtag mit dabei sind:
(1.) SPD 30.6 % (-5.0 %), 26/71 (36.6 %) Sitzen
(2.) AfD 20.8 % (+20.8%), 18/71 (25.4 %) Sitzen
(3.) CDU 19.0 % (-4.0 %), 16/71 (22.5 %) Sitzen
(4.) Linke 13.2 % (-5.2 %), 11/71 (15.5 %) Sitzen

Nicht oder nicht mehr vertreten wegen Nichtpassierens der 5 % - Hürde sind:
(5.) Grüne 4.8 % (-3.9 %)
(6.) FDP 3.0 % (+0.2 %)
(7.) NPD 3.0 % (-3.0 %)
(8.) weitere Parteien 5.6 % (+/-0 %)

Die Wahlbeteiligung betrug 61.6 %.
Von denjenigen, die an der Wahl teilgenommen haben, sind 16.4 % (10.1 % der Gesamtzahl Wahlberechtigter) nicht im Landtag vertreten. Die aus meiner Sicht zu hohe Eintrittshürde von 5 % Wähleranteil lässt den Wahlzettel jedes sechsten Wahlteilnehmers bedeutungslos zurück. Mit der grünen Partei und der NPD müssen zwei Parteien den im Schloss Schwerin [3] tagenden Landrat verlassen. Die gestern gewählten Abgeordneten gehören vier Parteien an, in der vorangegangen Legislatur waren es deren fünf.

Zusammen mit denen, die an der Wahl nicht teilgenommen haben und das Ergebnis ohne aktive Beteiligung zu akzeptieren haben, beträgt der Anteil derer, deren Wahl nicht im Landtag vertreten ist, 48.5 %.

Eine kurze Betrachtung der Aussagen, die heute in den Medien veröffentlicht wurden, macht mir klar, dass sowohl in den klassisch meinungsbildenden Publikationen, als auch bei etablierten Politikern eine Quasi-Einheit existiert, wie das Ergebnis zu deuten sei.

Dies liest so, dass der hohe Wähleranteil der AfD

  1. vor allem auf eine grosse Mobilisierung von Protestwählern zurückzuführen sei,
  2. dass angeblich inhaltslose, aber populistisch aufgeheizte Propagande die Wähler beeindruckt hat,
  3. die AfD automatisch wieder verlieren würde, nachdem sie in der Sachpolitik versagt habe, was offenbar unweigerlich zu geschehen hat.

Dazu möchte ich ein paar Anmerkungen loswerden.
Zunächst einmal halte ich es für essentiell, dass Protestbewegungen möglichst rasch in das politische Geschehen zu integrieren sind. Ich persönlich halte das Programm der AfD eigentlich nicht für ein Programm, das für Protestbewegungen typisch ist. Es ist ein Programm, das sich nach meinem Empfinden an Inhalten orientiert, wie sie früher in der Union, insbesondere der CSU üblich waren. Dazu kommt bei einigen AfD-Mitgliedern ein liberales Wirtschaftsdenken, das in Teilen eher an klassisches FDP-Gedankengut erinnert.

Ich persönlich kann mich in weiten Teilen damit identifizieren, bezeichne mich aber garantiert nicht als grossen Fan der Partei AfD. Sich mit guten Inhalten zu identifizieren und die Menschen zu würdigen, die diese wahrhaftig vertreten, halte ich für sinnvoll. Einen Treueschwur an eine Organisation zu leisten, die sich in Zukunft noch stark verändern kann, kann ich mir kaum vorstellen. Nicht Organisationen, sondern sinnvolle Inhalte sind wirklich wichtig.

Warum spreche ich von möglichst rascher Partizipation am politischen Geschehen?
Weil nur durch die direkte Beteiligung ein Zwang zur Übernahme von Verantwortung entsteht. Das Aufkommen von wirklich grossen Protestbewegungen, die ein Land an den Rand einer Revolution bringen könnten, wird damit verhindert. Es ist sicherlich eine Tatsache, dass man auf diese Aussage erwidern könnte, dass sich auf diese Art und Weise nie fundamental etwas ändern wird und dass jede Bewegung zugunsten des Pragmatismus Selbstverrat üben muss. Dies ist aber auch eine Tatsache, die sich in einem demokratischen System wohl unweigerlich ereignet. Wobei es Aufgabe der Bürger ist, den Selbstverrat der Parteien zu überwachen und Wertetreue einzufordern. Wer diese leider vorhandenen Nachteile des demokratischen Systems nicht akzeptieren kann oder möchte, soll entweder mit Planungen für eine Revolution beginnen oder auf das endgültige Scheitern der Demokratie hoffen. Wobei er hoffentlich rechtzeitig mit Lobbying für seine bevorzugte Ordnung beginnen wird, wenn diese wirklich sinnvoll ist.

Die Partizipation im demokratischen System beginnt mit der Arbeit in der Opposition von regionalen Parlamenten. Die Leitung der AfD hat bis auf weiteres ausgeschlossen, sich an Regierungsarbeit zu beteiligen. Eine Entscheidung, die das zu übernehmende Mass an Verantwortung und die Wahrscheinlichkeit des Versagens begrenzt hält. Die AfD wird die Bundesrepublik Deutschland sicher nicht von Grund auf verändern, aber sie hat sich so positioniert, dass sie viele Menschen erreichen kann, denen die Christdemokraten oder auch die FDP zu sehr nach links gerückt sind oder sie sich aus anderen Gründen in der Politik nicht repräsentiert sehen. Aus meiner Sicht ist es sehr wichtig, dass frustrierte oder sich ausgeschlossen fühlende Menschen politisch eine legitime Heimat haben. Das nimmt erst einmal Druck aus dem "gesellschaftlichen Gärtopf" und kann grösseren Frust verhindern oder die Wahrscheinlichkeit eines Umsturzes oder einer Revolution entscheidend verringern. Dass dieser Mechanismus kaum in den Medien erwähnt wird, zeugt entweder von deren Unwissen oder der zu stark gediehenen Treue dem vormaligen Status Quo gegenüber.

Da ich von rascher Integration von Protestbewegungen geschrieben haben, könnte man eventuell schlussfolgern, dass ich mir dies auch für schon oft aufgekommene sozialistische Bewegungen wünschen würde. Dazu möchte ich mich so äussern, dass ich (rechtmässig erwirtschaftetes) Privateigentum weitestgehend respektieren möchte und verbindliche Höchstwerte für Steuern und Abgaben wünsche, die sich im Bereich 10-15 % bewegen und nur via Volksabstimmung und mindestens 3/1 Mehrheit geändert werden können. Ich könnte mir darüber hinaus auch ein geändertes Wahlrecht vorstellen, nach dem z.B. nur diejenigen Menschen an Wahlen und Volksabstimmungen teilnehmen dürfen, die im Vorjahr im Privatsektor gearbeitet, einen Mindestbetrag an Steuern entrichtet haben oder als aktuell Nichterwerbstätige bereits über eine lange Zeit, z.B. 10 Jahre, wertschöpfend tätig waren.

Für mich ist das exzessive Nehmen von Steuern dem Diebstahl sehr ähnlich und bewegt sich somit in der Nähe strafrechtlicher Relevanz. Solange eine staatliche oder staatsähnliche Verwaltungsordnung vorherrscht, wird diese nicht kostenfrei zu betreiben sein, weshalb Steuern kaum je ganz abgeschafft, aber niedrig gehalten werden können und sollen. Da gerade bei sozialistischen Bewegungen immer wieder Bestrebungen zu beobachten sind, die auf den Ausbau des Staatsapparates, die Vernichtung von Privatvermögen, die Wegnahme von Eigenverantwortung der einzelnen Bürger und auf mehr Umverteilung von alles andere als garantiert eingenommenen Geldern abzielen, habe ich Schwierigkeiten, die Legitimität solcher Bewegungen anzuerkennen. Nur weil ich für gewisse Anliegen eine Mehrheit in einem Kollektiv - Bevölkerung, Parlament, Regierung seien als Beispiele genannt - mobilisieren kann, heisst das noch lange nicht, dass das Anliegen auch legitim ist. Für mich bildet das Naturrecht die beste Basis für eine Bewertung der Legitimität von politischen Inhalten und Bewegungen [4]. Aktuellen Zeitgeist, wie er in Medienerzeugnissen, in der etablierten Politik oder von Lobbyorganisationen gepflegt wird, halte ich für diese wichtige Bewertung für nicht tauglich.

[1] ARD Abstimmung im Nordosten - Ratlos im Merkel-Land
http://www.tagesschau.de/inland/ltwmv-103.html
[2] Offizielle Webseite des Landtages Mecklenburg-Vorpommern
https://www.landtag-mv.de/aktuelles.html
[3] Schloss Schwerin, gemeinfrei verfügbares Bild, gefunden bei Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Mecklenburg-Vorpommern
[4] International Common Law Court of Justice Vienna
http://www.iccjv.org/naturrecht

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