Finanzpolitik 002 - Die Abschaffung des Bargeldes darf von keinem Freiheitsliebenden akzeptiert werden

in deutsch •  8 years ago  (edited)

In diesem Artikel - der Titel mag etwas dogmatisch anmuten - werde ich auf eine der zentralen Figuren eingehen, die als Visionäre der Abschaffung des Bargeldes gelten. Es handelt sich um einen Professor an der amerikanischen "Provinzuniversität..." zu Harvard [1], Kenneth Saul Rogoff (geb. 1953). Harvard ist eine der renommiertesten Universitäten weltweit und trägt das lateinische Wort VERITAS - zu Deutsch Wahrheit - als einziges Wort gross in ihrem Wappen. Einen kleinen Teil des Artikels habe ich ähnlicher, aber viel kürzerer Form schon einmal als Kommentar auf einen Artikel über Kenneth Rogoff veröffentlicht [2]. Den Titel habe ich deswegen so gewählt, weil für mich individuelle Freiheit nicht mit unfreiheitlichen bis diktatorischen Massnahmen von oben herab bewahrt oder gar vergrössert werden kann. Nur mit der konsequenten Ablehnung von Zentralismus, Überregulierung und Diktatur, kann Freiheit entstehen.


2007 Presidential $1 Coin image from the United States Mint [3].

Neulich habe ich in einer Buchhandlung die übersetzte Version seines 2016 veröffentlichen Buches "The Curse of Cash" gesehen. Sie trägt den Titel "Der Fluch des Geldes: Warum unser Bargeld verschwinden wird" und ist beim Finanzbuchverlag erschienen [4]. Die Handvoll Rezensionen auf der deutschen Amazon-Webseite zu lesen, halte ich für durchaus lohnenswert. Auf der amerikanischen Amazon-Seite sind wesentlich mehr Rezensionen vorhanden. Fast alle zeugen davon, dass die Leser mit Herrn Rogoff alles andere als einig sind und sehr wohl auf den Zustand ihrer individuellen Freiheit achten. Ich selber bedaure es, dass sich Professoren an sehr renommierten Universitäten für solche Programme wie das hier thematisierte hergeben. Die Wahrheitsfindung, wie sie die Universität in Harvard gemäss ihrem Wappen anstrebt, hat aus meiner Sicht nicht nur viel mit individueller Freiheit zu tun, sondern sie hängt existenziell von dieser Freiheit ab. Als ich die deutsche Übersetzung von Rogoffs Buch kurz durchgeblättert habe, ist mir besonders die Widmung ins Auge gestochen. Rogoff widmet das Buch seinen Eltern. Ein Buch, das möglicherweise extreme Konsequenzen für die nachfolgende Generation hat, widmet er seinen Eltern, die entweder schon Vergangenheit sind oder es bald sein werden. Da Rogoff 63 Jahre alt ist, dürfte ich mit dieser Mutmassung nicht weit daneben liegen. Gemäss den Angaben auf Wikipedia hat Rogoff zwei Kinder, die mit den Konsequenzen der von ihm propagierten Abschaffung des Bargeldes umzugehen hätten [5].

Das Vorgehen bei der Bewerbung der Abschaffung des Bargeldes scheint mir ganz typisch zu sein. Etwas wird in den Raum gestellt, die Vorzüge der Konformität damit - in diesem Fall das bargeldlose Leben - werden angepriesen, bis der Boden zur Umsetzung bereitet ist. Dafür stehen allerlei Möglichkeiten der Propaganda bereit. Da es sich beim Finanzsektor, den man mit Recht auch als Finanzkartell bezeichnen kann, um eine sehr finanzkräftige Branche handelt, dürfte das dafür nötige Geld in mehr als ausreichender Menge verfügbar sein. Negativzinsen wurden jetzt auch eingeführt, ohne darauf einzugehen, dass ein negativer Zinssatz in traditioneller Logik eigentlich etwas absurdes ist.

Beim Thema Geld gibt es offensichtlich ein Paar Probleme. Erstens wollen die Menschen, die sparen möchten, knallhartes, stabiles Geld. Zweitens gibt es viele, die sich für grosse Anschaffungen wie Wohneigentum massiv verschulden und deshalb Inflation mögen. Diese Inflation mag auch der notorische Schuldner namens Staat, der den Menschen via Propaganda eine grosse Angst vor der für Sparer interessanten Aufwertung des Geldes, der Deflation eingeimpft hat. Drittens ist das Geldsystem heute mit Rekordschulden und gleichzeitig rekordniedrigen Zinsen eigentlich vollkommen am Ende. Da es sehr viel zu verlieren gibt, wird daran wie es scheint koste es was es wolle festgehalten.

Immerhin gibt es gegen die Absicht, das Bargeld abschaffen zu wollen, Opposition von vielen Ökonomen. Nicht nur aus Nischen wie der österreichischen Schule der Nationalökonomie und den zahlreicher vorhandenen ordoliberalen Ökonomen, sondern auch von Volkswirtschaftern unterschiedlichster Prägung. So ist gestern bei der NZZ online ein Artikel von Mathias Binswanger erschienen, der den Titel "Irren mit Rogoff - Segen statt Fluch des Bargeldes" trug. Darin wird gegen einige Punkte, die Rogoff für eine Abschaffung des Bargeldes ins Feld führt, opponiert und Rogoff sogar ein "kreativer Umgang mit der Realität" unterstellt [6]. Es ist leider auch nicht so, dass die Verlagerung sämtlicher Finanztransaktionen ins Bankensystem die Kriminalität erwiesenermassen vermindern würde. In der jüngeren Vergangenheit wurden einige Bankhäuser gerade in den USA wegen Verstrickungen in kriminelle Aktivitäten wie Geldwäsche von Erträgen, die aus dem Handel mit Drogen stammten. Aber es gab auch Manipulationen z.B. des Libor-Zinses oder auch Mithilfe bei Korruption im grossen Stil und bei Rüstungsgeschäften. Daraus resultierten meist keine Gerichtsprozesse, aber Vergleiche mit Strafzahlungen in US$-Milliardenhöhe. Ein Rückgang krimineller Aktivitäten wird mit diesem Argument weder nahegelegt, noch bewiesen.

Das erzwungen bargeldlose Leben wäre unter aktuellen Voraussetzungen eine erneute Ermächtigung des Kartells aus Banken und Staaten. Die persönliche Freiheit und die Privatsphäre werden massiv eingeschränkt, dazu gäbe es kaum noch Möglichkeiten, diesem Kartell zu entkommen. Insbesondere wenn zur Abschaffung von Bargeld noch der Besitz von Edelmetallen, Edelsteinen eingeschränkt oder verboten und auch der Besitz von Schmuck deklarationspflichtig würde. Die Möglichkeiten, auf dieser Grundlage eine regelrechte Tyrannei aufzubauen, scheinen sehr gross zu sein.

Aus diesem Grund unterstelle ich jedem, der ein bargeldloses Zeitalter fordert oder begrüsst, so auch dem Herrn Rogoff, mindestens latent dazu bereit zu sein, Tyrannei zu akzeptieren. Oder selber gerne Tyrann zu sein. Dies sage ich, obwohl Rogoff, den ich selber natürlich nicht persönlich kenne, immer wieder als sympathischer und höflicher Mensch bezeichnet wird. Vielleicht ist er ja ein Gutmensch oder ein Ideologe und glaubt felsenfest daran, mit seinen Ideen für eine gute Sache einzustehen. Als Professor für Ökonomie an einer sehr renommierten Hochschule könnte sich Rogoff, falls er eine finstere Seite hat, ausrechnen, in Zukunft selber aufseiten der Tyrannen stehen zu können und nicht auf der Seite der Unterdrückten, respektive der nützlichen idioten, die willfährige Erfüllungsgehilfen waren.

Es gibt eine Möglichkeit, aus den Fängen der kontrollsüchtigen Krake zu entkommen. Die lautet, bis zur Abschaffung des Bargeldes private Währungen in welcher Form auch immer so stark ausreifen zu lassen, dass sie aus dem täglichen Zahlungsverkehr nicht mehr wegzudenken sind. So, dass sich viele Menschen vorstellen können, auf staatliche Währungen in Zukunft zu verzichten. Dies würde die staatlichen Währungen nach der Abschaffung des Bargeldes in einem ziemlich raschen Prozess abwickeln, mit allen Konsequenzen für diejenigen, die ihr Einkommen garantiert in Staatswährung bekommen, etwa Rentner. Für das Bankensystem sind private Währungen heute schon eine latente Bedrohung, weil man z.B. im Umgang Kryptowährungen in der Regel keine vermittelnden Institute wie Banken braucht. Da ihre Rolle als Bedrohung empfunden werden kann, müssen genannte private Währungen mit nicht zu korrumpierenden Sicherheitselementen ausgestattet sein, um möglichen Angriffen des Kartells standhalten zu können.

Rogoff wurde im Mainstream mehrfach als marktnahe bezeichnet. Ich sehe dafür keine Begründung. Seine Biographie enthält nur Positionen beim Staat als Professor und bei Kartellorganisationen der Finanzindustrie wie dem Board of Governors der Fed und des IWF [5]. Dazu ist er in globalistischen Organisationen, u.a. als Senior Fellow beim CFR, als Member der Trilateralen Kommission usw [7]. Seine Frau, die TV-Serienproduzentin Natasha Lance Rogoff ist auch beim CFR dabei. Leider sehe ich immer wieder, dass aus globalistischen Organisationen und von deren Mitgliedern Gedankengut herkommt, das ich nur für nicht im Interesse des mittelständischen Normalbürgers erkennen kann. Ich habe hier auch schon gegen die UNO und den Club of Rome geschrieben und kann nur dazu raten, die Vorschläge aus diesen Kreisen mit den Interessen des Mittelstandes abzugleichen und sich bei Differenzen in Opposition zu diesen Vorschläge zu positionieren.

Kriegführung in eng begrenzten bis geschlossenen Systemen dürfte Rogoff als Schach-Grossmeister drauf haben, offene Systeme wie eine Marktwirtschaft sind aber ungleich, sprich um Welten komplexer als ein Schachbrett. Zum Thema Schach und Steemit habe ich vor ca. einem Monat auch einmal ein Video auf Youtube veröffentlicht, das die hier diskutierten Themen auch teilweise abhandelt [8].

Bei mises.org gibt es einen einigermassen aktuellen Artikel über Rogoff und dessen Kriegserklärung an das Bargeld [9, 10], allerdings nur in Englisch.

Abschliessend muss ich zum Thema Gutmenschen eine Sache immer wieder neu sagen. Es nützt nichts, sich von Propagandisten Honig um den Mund schmieren zu lassen und dann davon verreinnahmt mit dem religiösen Eifer eines frisch Bekehrten mit der entsprechenden Botschaft in die Welt hinauszuziehen. Man kann und wird sich als Mensch immer wieder irren, aber das ändert nichts daran, dass man die Dinge, die man vertritt, erst mit dem eigenen Verstand auf Herz und Nieren prüft und Vor- und Nachteile so objektiv wie möglich abschätzt.

Beim Thema Abschaffung des Bargeldes ist entschiedener Widerstand gegen alle Pläne der Einschränkung des Bargeldverkehrs erforderlich, zur Not auch ein Verzicht auf sämtliche Dienstleistungen von Banken, die solche Massnahmen fördern und ihre Möglichkeiten zur Kundenkontrolle weiter ausbauen möchten. Auch Banken sollen kein Recht darauf haben, ihren Kunden irgendwelche Zwänge auferlegen zu können, sondern auch sie sollen sich wieder an mehr Marktwirtschaft gewöhnen müssen. Dort muss ausnahmslos immer nach den Bedürfnissen der Kunden gehandelt werden.

Für die Probleme des aktuell herrschenden Geldsystems werden in Zukunft Lösungen gefunden werden müssen. Die besten Lösungen werden diejenigen sein, die sich frei am Markt etablieren können. Zum Scheitern verurteilt werden diejenigen sein, die von einer Seite als (zwangsläufig unvollständige) Idee vorgeschlagen und womöglich durch Zwang durchgesetzt werden. Die Menschen als Kunden und Marktteilnehmer sollten gerade in diesem Fall unbedingt auf einer Lösungsfindung im marktwirtschaftlichen Rahmen bestehen und sich nicht auf Scheinlösungen, die von der Politik oder der Finanzbranche selber vorgeschlagen werden, einlassen.

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Harvard_University
[2] https://steemit.com/deutsch/@fabio/kenneth-rogoff-minuszinsen-und-bargeldverbot#@saamychristen/re-fabio-kenneth-rogoff-minuszinsen-und-bargeldverbot-20160920t184218627z
[3] Das Bild ist auf der Wikipedia-Seite über die 1 US$ Münze erschienen. Mit dem Bilduntertitel darf es gemäss den dort stehenden Angaben frei verbreitet werden.
https://en.wikipedia.org/wiki/Dollar_coin_(United_States)
[4] https://www.amazon.de/Fluch-Geldes-Warum-Bargeld-verschwinden/dp/3898799662/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1478069457&sr=8-1&keywords=rogoff+der+fluch+des+bargelds
https://www.amazon.com/Curse-Cash-Kenneth-S-Rogoff/dp/0691172137/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1478069879&sr=8-1&keywords=rogoff+curse+of+cash#customerReviews
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Kenneth_S._Rogoff
[6] http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/irren-mit-rogoff-segen-statt-fluch-des-bargeldes-ld.125478#kommentare
[7] http://scholar.harvard.edu/files/rogoff/files/cv_rogoff_071216.pdf
[8] Ansichten eines einfachen Menschen 064 - Steemit, Rogoff, Schach.

Authors get paid when people like you upvote their post.
If you enjoyed what you read here, create your account today and start earning FREE STEEM!
Sort Order: