Dieser Beitrag ist in ähnlicher Form bereits auf meinem Google+ Konto erschienen [1]. Wenn ich den Inhalt nicht für sehr wichtig und auch aktuell bedeutsam halten würde, stünde er aber nicht hier.
Im verlinkten Video findet sich eine sehr gute Beschreibung des klassischen Vierstufenprogramm der Gutmenschen gegen unliebsame Kritiker [2]. Es beinhaltet einen Ausschnitt aus einer älteren Ausgabe der Sendung "Club" des Schweizer Fernsehens, welche jeweils am Dienstagabend im ersten Kanal zu sehen ist. In genannter Sendung war auch der deutsche Autor und Politiker Thilo Sarrazin zu Gast, der in seinen Büchern für ein SPD-Mitglied ungewöhnliche Aussagen verbreitet hat.
Im Video spricht Alain Pichard, ein Schweizer und Lehrer an einer Realschule. Er war Mitglied der grünen Partei, bevor er nach einem umstrittenen Gang an die Öffentlichkeit die Partei nach seinen Angaben nicht ganz freiwillig verliess. Es ging um seine eigenen Erfahrungen, die er als Lehrer mit der Integration von muslimischen Schülern gemacht hat. Er veröffentlichte seine Beobachtungen, dass es anders als bei anderen Zuwanderern in der zweiten und dritten Generation wenig nennenswerte Fortschritte bezüglich Integration verglichen mit der ersten Generation gibt. Daraus leitete er Schwierigkeiten im Umgang mit jungen Muslimen in den Schulen ab, die sich weiter in die Berufsausbildungen und ins Berufsleben fortpflanzen werden und in Konsequenz die Schweizer Sozialwerke viel Geld kosten werden. Es ging im keineswegs darum, Muslime generell zu diffamieren oder sie als Menschen schlechtzureden. Sondern er hat selbst ein Problem festgestellt und dazu eine öffentliche Diskussion angestrebt, was von einigen Menschen überhaupt nicht erwünscht war. Dazu ist entschieden anzumerken, dass es vielleicht schon ein Paar Mal so war, dass Probleme, die man verschwiegen hat, sich irgendwann von selbst erledigt haben. Im Allgemeinen werden Probleme dann wirkungsvoller gelöst, wenn man sie diskutiert und in frühem Stadium proaktiv angeht.
Nach dem Austritt aus der grünen Partei ist er in die grün-liberale Partei GLP eingetreten, die sich weniger links-sozialistisch und wirtschaftlich weniger restriktiv positioniert. Für diese sitzt Pichard aktuell in Biel im Stadtrat. Alain Pichard halte ich aus zwei Gründen für eine interessante Persönlichkeit.
- beschreibt er, der absolut nicht im Verdacht steht, ein Hetzer, Nazi, Rassist oder Rechtsextremist zu sein, wie er von Menschen, die sich selber für gut und moralisch im Recht halten, niedergemacht und öffentlich denunziert wurde.
- hat er sich mehrfach gegen die Schweizer Bildungsreform "Lehrplan 21" ausgesprochen.
Dabei handelt es sich um den Schweizer Versuch, die Outcome Based Education (OBE) einzuführen [3]. Meines Wissens nach hat kein Land, das OBE bisher eingeführt hat, damit wirklich Erfolg gehabt. Im Gegenteil gab es massive Kritik von Lehrern, Schülern und Eltern.
In den USA wurde OBE unter anderem von Charlotte Thomson Iserbyt (geboren 1930) massivst kritisiert. Ich habe diese Dame vor einiger Zeit kurz porträtiert [4].
Nun aber zum versprochenen Mechanismus
Es ist ein "Vierphasen-Mechanismus", den man gut und gerne auch als "Fünfphasen-Mechanismus" bezeichnen kann. Denn dem vierten Punkt erwächst noch eine Konsequenz:1. Deckel drauf. Verschweigen aller unschöner Tatsachen.
2. Öffentliche Diffamierung derjenigen, die als erste wagen, unliebsame Dinge anzusprechen. Trotzdem gibt es erstes Lob dafür, dass man etwas gewagt hat.
3. Diffamierung von denjenigen, die gewagt haben, dieses Lob auszusprechen. "Ängstlicher Mittelstand führt zum Faschismus und das muss bekämpft werden..."
4. Eigentlich sei das unliebsame, was ausgesprochen wurde, schon lange bekannt. Sie hätten dies natürlich schon lange gewusst. Die Empörten von vorher steigen auf den Zug auf.
5. Konsequenz aus Punkt 4. Der Staat soll es anders angehen. Da er zuvor versagt hat, soll nun mit viel mehr finanziellen Mitteln alles besser werden. Natürlich ohne vorheriges Überlegen des Kostenhorizonts und ob dies langfristig auch zu leisten ist. Wer gegen ein solch menschliches oder philanthropes Programm aufzutreten versucht, ist moralisch immer unterlegen. Sämtliche Einwände dieser Kritiker werden mit Vorwänden wie Minderheitenschutz oder Verhinderung von Rassismus abgebügelt.
Interessant ist auch, dass die Moderatorin ziemlich fordernd auftritt und direkt versucht, die mechanistische Theorie von Herrn Pichard als persönliches Leiden darzustellen. Mit einer Herabsetzung auf die individuelle, persönliche Ebene wäre diese Theorie einigermassen einfach niederzumachen, was im Fall dieser Diskussionsrunde zum Glück nicht funktioniert hat.
[1] https://plus.google.com/106613867040667347381/posts/S7X7nuMVxZm
[2] "Wie Gutmenschen auf Kritiker losgehen SF1 Sarrazin". Ausschnitt auf der Sendung Club vom 02.11.2010 auf dem ersten Kanal des Schweizer Fernsehens. Damals hiess er SF1, heute ist dessen Name SRF1.
Ganze Sendung: http://www.srf.ch/play/tv/club/video/club-vom-02-11-2010?id=da0cf0c8-bfe5-4acb-b268-06cc1ef14673
[3] Artikel über OBE, 26. Januar 2016
https://plus.google.com/106613867040667347381/posts/M4qSJ3tB7EA
[4] Kurzportrait von Charlotte Thomson Iserbyt, 2. Januar 2016
https://plus.google.com/106613867040667347381/posts/irXZekbnmKg
Das Denunziantentum ist in der Schweiz so tief verwurzelt wie Fondue und Trockenfleisch 😮 das betrifft nicht nur die muslimische Gemeinschaft...
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Danke für den Kommentar.
O ja und ob du Recht hast. Das was ich hier erwähne ist auch nur ein Beispiel.
Ein wenig aufeinander aufpassen ist in Ordnung, aber Neidkultur und Kontrollwahn über andere wie auch Hobbypolizistentum mag ich gar nicht. Weil es die Menschen vor allem Energie kostet und gute Leistungen mehr verhindert als ermöglicht. Vielleicht gibt es irgendwann noch mehr dazu.
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