Ideologie 022 - Diktatur in den Köpfen - Wo ist der Sinn für Freiheit?

in deutsch •  8 years ago  (edited)

10. März 2017
Neben der Veranstaltung, von der ich bereits berichtet habe [1], ist in der Schweiz diese Woche eine weitere politische Veranstaltung abgesagt worden. Eine Demonstration in Bern, die von der Jungen SVP für den 18. März angemeldet wurde, um gegen die Art der Umsetzung der vom Volk angenommenen Initiative gegen Masseneinwanderung zu protestieren [2].

Auch wenn ich der Ansicht bin, dass die Umsetzung, die zustande gekommen ist, nicht wirklich der Forderung der Initiative entspricht, muss ich als Freiheitlicher, der sich nicht gern in die Eindimensionalität des Links-Rechts-Schemas pressen lässt, konstatieren, dass eine derartige Umsetzung erwartet werden musste.

Bei der zweiten Veranstaltung haben neben der organisierenden JSVP auch radikalere Elemente wie Mitglieder der Kleinstpartei "Partei national orientierter Schweizer" (Pnos) ihre Teilnahme angekündigt. Dies hat im linksradikalen Lager offenbar Widerstandskämpfer auf den Plan gerufen, die in der Kundgebung nun eine Propagandaaktion für Rassismus und Faschismus zu erkennen glauben. In der Schweizer Landeshauptstadt Bern sind die extremen Linken seit langem stark vertreten. Das Kulturzentrum Reithalle nahe des Berner Bahnhofs kann durchaus als einer der Mittelpunkte der linken Szene in der Schweiz beschrieben werden.


Das wunderschöne Kulturcasino Bern, dessen Konzertsaal ich letztes Jahr mit meinen Freunden bespielen durfte und mich im Konzertsaal vom ersten Ton an wohl fühlte [3].

Schon im vergangenen Jahr musste etwa die jährlich stattfindende Generalversammlung der politisch rechts-konservativ einzuordnenden "Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz" (Auns) vom Hotel National in Bern aufs Land verlegen [4]. Damals wurde vor allem der Gastwirt, das Hotel National, massiv bedroht. Für mich sind solche Drohungen eine nicht tolerierbare Sache. Die Organisation Auns [5] gehört wie die SVP und JSVP ins rechtsbürgerliche Lager, welches in der Schweiz stark, aber nicht über alle Massen dominant vorhanden ist. Mit angeblich 34'000 Mitglieder ist sie nicht gerade klein, aber auch kein mehrheitsbestimmender Machtfaktor in der Schweiz. Dasselbe gilt - wahrscheinlich in höherem Masse - auch für diejenigen, die es für sinnvoll erachten, Veranstaltungsorte des politischen Gegners mit Angriffen und Zerstörung zu bedrohen.

Ich war im vergangenen Jahr auch mehrfach in Bern. Eigentlich ist es eine Stadt, die ich bisher immer sehr friedlich erlebt habe. Einmal war ich dort, um ein Konzert zu spielen, wobei am selben Tag die Kundgebung "Marsch fürs Leben" stattfand. Es ist klar, dass nicht jeder mit dem konservativ-christlichen Gedankengut übereinstimmt, welches die meisten Teilnehmer pflegen. Die Demonstrierenden, die das tapfer ertrugen, wurden aber von erkennbar links-alternativen als Menschenhasser, Tyrannen, Ewiggestrige usw. beschimpft, sozusagen als Menschen ohne Daseinsberechtigung. Dazu wurde auf ein evangelisches Gemeindezentrum ein Farbanschlag ausgeführt.


Bild der Berner Reithalle aus dem Jahr 2003 [6].

Was ist die einzig vernünftige Konsequenz daraus?

Sich endlich aus der vom politischen System verordneten eindimensionalen links-rechts Positionierung zu lösen! Die Dialektik, die aus der These "Rechts" gegen Antithese "Links" (oder umgekehrt, je nach Blickwinkel) besteht und als Synthese meist einen zentralistischen Obrigkeitsstaat vorschlagt, ist abzulehnen. Es ist auch abzulehnen und klar aufzuzeigen, wenn Extremisten auftreten und vorgeben, ihre Ideen bewegten das ganze Volk, obwohl sich 95 % nicht einmal im Ansatz darüber Gedanken machen. In der Instrumentalisierung eines sogenannten "Volkswillens" sind die Rechten meist noch talentierter als die Linken, welche sich traditionell eher international aufstellen.

Anstelle des Hereinfallens auf die bewusst erstellte Dialektik sollten sich die Menschen endlich wieder einmal Gedanken über individuelle Freiheitsrechte machen, die sie - wo vorhanden - sich erhalten oder, wo geraubt, sich zurückholen sollen. Freiheit ist ein Wert, der in der Schweiz immer noch über eine - natürlich zu geringe - Popularität verfügt, worauf dringend wieder aufgebaut werden muss. Ich war angenehm überrascht, wie viele der Kommentare unter [2] ein Bekenntnis zur Freiheit enthielten.


[1] https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/ideologie-020-diktatur-in-den-koepfen-gefaehrdet-die-demokratie-ii
https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/ideologie-019-diktatur-in-den-koepfen-gefaehrdet-die-demokratie
[2] Links gegen rechts - Gegner stören Polit-Events – Demokratie in Gefahr? 20min.ch, 10. März 2017
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/Gegner-stoeren-Polit-Events---Demokratie-in-Gefahr--12198273
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturcasino_Bern
Das Bild wurde unter dem obenstehenden Wikipedia-Eintrag gefunden und darf via GNU-Lizenz für freie Dokumentation verbreitet werden. Urheber ist Andreas Praefcke.
[4] Proteste in Bern - Auns weicht mit AfD-Petry in den Mysterypark aus. 20min.ch, 15. April 2016 http://www.20min.ch/schweiz/news/story/23833386
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Aktion_f%C3%BCr_eine_unabh%C3%A4ngige_und_neutrale_Schweiz
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Kulturzentrum_Reithalle
Das Bild wurde unter dem obenstehenden Wikipedia-Eintrag gefunden und darf via GNU-Lizenz für freie Dokumentation verbreitet werden. Urheber ist Roland Zumbühl von Picswiss.

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