Es gibt bei den Studienabgängern offenbar eindeutige Defizite. Mindestens hat das eine Befragung von Personalverantwortlichen von 1'000 Firmen durch Randstad und das Ifo-Institut ergeben. Spiegel online hat gestern über die Ergebnisse berichtet [1].
Das Polytechnikum in Zürich im Jahr 1865 [2].
Ich bin selber dieser Unzufriedenheit auch schon öfter begegnet, allerdings nicht als Personalverantwortlicher, sondern als Absolvent, dessen Profil gemäss den Personalverantwortlichen nicht in ihre Firmen passt. Meinen längeren Kommentar will ich nicht als Jammerei verstanden wissen, darum geht es mir bei weitem nicht. Mir ist es wichtig, dass die Generationen zusammenfinden und dass junge Leute die Kompetenzen erlangen, die nachgefragt werden. Ebenso gilt es stets im Kopf zu behalten, dass lange Ausbildungen wie ein Studium sehr teuer sind und sich entsprechend auch lohnen sollen, auch wenn diese Kosten momentan nicht vom Auszubildenden sondern von den Steuerzahlern bezahlt werden.
In diesem Zusammenhang fehlte mir bisher eine Liste von konkreten Erwartungen, die berechtigterweise an die Absolventen gestellt werden können und eine Liste von essentiellen Kompetenzen, die an den Universitäten nicht wirklich gelernt werden können. Eine solche Liste sollte aber für Studenten, die nicht wirklich an einer akademischen Karriere interessiert sind, zur Verfügung stehen, damit sie eigeninitiativ an ihren Sekundärkompetenzen feilen können. Diesbezüglich bin ich der Meinung, dass z.B. Industrievereinigungen und Branchenverbände unbedingt solche Mängellisten erstellen und damit bei den Universitäten Lobbying betreiben sollen. Nicht weil ich die Freiheit der Forschung gerne gefährdet sehe, sondern weil ich ganz genau weiss, dass mindestens 90 Prozent der Absolventen keine akademische Karriere verfolgen werden, sondern bei Firmen angestellt werden, in den öffentlichen Dienst gehen oder selbständig tätig werden. Dazu sollte immer die weltweite Wettbewerbsfähigkeit im Auge behalten und konstruktive Zusammenarbeit in eine Zukunft mit positiven Perspektiven als Ziel angestrebt werden. Untätig zur Schau gestellte Frustration, Unzufriedenheit und eventuell kollektives Vom-Leder-Ziehen über den unfähigen Nachwuchs an humanen Ressourcen verbessert gar nichts und gefährdet mindestens aus meiner Sicht ganz Westeuropa. Man hat nur den einen Nachwuchs, also sollte man ihn so auf seine Aufgaben vorbereiten, dass er sie auch erfüllen kann. Ganz sicher ist, dass man auf der ganzen Welt kaum Leute mit mehr kreativem Potential wie Europäer findet. Das können mindestens statistisch Ost- und Südasiaten, Araber und Afrikaner bei weitem nicht so gut.
Auch im verlinkten Artikel fallen leider nur Schlagworte, die nicht alle gleich einfach mit Werten zu füllen sind. Auch sind die untenstehenden Kompetenzen vonseiten der Absolventen nicht unbedingt einfach nachzuweisen:
2. Problemlösungskompetenz
3. Abstraktionsvermögen
4. Fähigkeit zur Selbstreflexion
5. Grundlagenverständnis
6. Allgemeinbildung.
Zu allen Punkten möchte ich meine eigenen Gedanken kurz hinschreiben.
In meiner Studienzeit war sowohl im Bachelor- und Master-Programm praktisch alles vorgegeben. Selbständigkeit zeigen konnte ich nur in den obligatorischen Forschungsprojekten, die bis auf die Masterarbeit aber nicht benotet werden, sondern nur als Pflichtprogramm absolviert werden müssen. Ich versuchte, in diesen Projekten viel zu lernen und mich als akribischer, fokussierter und selbständiger Problemlöser zu etablieren. Wie man diese Ziele und Resultate anhand unbenoteter Leistungen einem Personalchef vermitteln sollte, ist mir schleierhaft, dies geht allerhöchstens mit einem persönlichen Empfehlungsschreiben.
Da ich mich bei den Prüfungen eher wie ein Spielball der Prüfungsautoren fühlte als selber unter Kontrolle aller Umstände und dementsprechend Schwierigkeiten bezüglich der Effizienz bekundete, fühlte ich mich nach der Studienzeit massiv weniger selbständig als zuvor.
Diese zeigt sich vor allem im Arbeitsalltag, wenn es täglich andere Probleme zu lösen gibt, die in kein vorgefertigtes Schema passen. An einer Universität kann diese Kompetenz vor allem in Arbeiten gezeigt werden, in denen tatsächlich im Labor gearbeitet werden muss.
Um dies möglichst realitätsgetreu zu können, ist häufiges Üben an Beispielen nötig, speziell an solchen, die nicht in Schemata gepresst werden können. Ich übe immer wieder mit politischen Themen, so war z.B. die US-Präsidentschaftswahl eines meiner Beispiele. Der Wahlsieg von Trump für mich deswegen keine grössere Überraschung, allerdings ist es schwierig, aus grosser Entfernung die quantitativen Ausmasse der einzelnen Gründe zu ermitteln.
Die habe ich ganz eindeutig. Da ich in meiner Studienzeit eine ganze Reihe an ungenügenden Noten fabriziert habe, hatte ich viele Gründe über mein Vorgehen und meinen Weg zum Erfolg nachzudenken. Leider hat sich kaum je Bestätigung eingestellt, was dann eher zur Selbstdemontage, denn zur Selbstreflexion geführt hat. Wie ich dies den Personalverantwortlichen beibringen soll, halte ich nicht für ganz einfach. Leute, bei denen sozusagen alles in Ordnung ist und die dementsprechend wenig negative oder kritische Rückmeldungen bekommen, haben auch weniger Anlass, sich selber tiefgreifend zu reflektieren und zu hinterfragen.
In jedem Bereich gibt es absolut essentielle Kernkompetenzen, über die man als Spezialist Bescheid wissen muss. Dort muss man in die Tiefe gegangen sein. In vielen Studiengängen ist man, um die Leistungsfähigkeit der Studenten bezüglich der Verarbeitung grosser Mengen an Lernstoff auszuloten, stofftechnisch massiv in die Breite gegangen. Dies macht es nicht einfacher, die ganz wichtigen Dinge zu erkennen und gleichzeitig dort noch in die Tiefe zu gehen.
Mir ist diese sehr wichtig, weswegen ich nach dem Ende meiner Ausbildung eine ganze Menge Zeit darin investiert habe, mich persönlich weiter zu entwickeln und zu verstehen, wie die grossen wirtschaftlichen und politischen Zusammenhänge zu verstehen sind. Nicht zuletzt auch aufgrund der jüngeren Geschichte, vom 19. Jahrhundert bis heute. Auch die Geschichte der Industrie ist für mich ein faszinierendes Thema. Leider muss ich konstatieren, dass ich mit meinen Interessen nicht selten eher alleine dastehe, was mich aber bei weitem nicht daran hindert, meinen Weg weiter zu gehen.
[1] Berufseinsteiger: Personalchefs sind unzufrieden mit Uni-Absolventen. Spiegel Online, 2016.12.06
http://www.spiegel.de/karriere/berufseinsteiger-personalchefs-sind-unzufrieden-mit-uniabsolventen-a-1124519.html
[2] Das Bild wurde von S. Zurlinden gemalt und taucht in folgendem Buch auf:
Hundert Jahre: Bilder aus der Geschichte der Stadt Zürich in der Zeit von 1814–1914. Band 1, Zürich 1914.
Online ist es auf der Wikipedia-Seite der ETH Zürich zu finden:
https://de.wikipedia.org/wiki/ETH_Zürich
Ja, ist schon komisch. Erst treibt die Wirtschaft den Bologna-Prozess voran, um die Studenten "besser auf das Arbeitsleben vorzubereiten" - und dann regen sie sich darüber auf, dass genau das passiert, was vorhergesagt wurde.
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Das passiert, wenn sich "die Wirtschaft" beim Staat anbiedert. Die Unternehmen und Verbände sollten lieber ihre Eigeninteressen verständlich schildern, dann kann man als Individuum immer noch selber entscheiden, wie man selber zu diesen Interessen kompatibel werden möchte.
Gerade bei der Bildung wurde in den vergangenen Jahren extrem viel an funktionierenden Systemen herumgebastelt um nicht zu sagen herumgeschindludert. Zentral wäre eigentlich immer, bestehende Probleme anzugehen, diese zu lösen, um somit das funktionierende System zu konsolidieren. Aber was sage ich, eine grosse Bildungsreform durchzuziehen, lässt sich medial spektakulärer vermarkten als eine kleine Verbesserung. Das gilt überall, insbesondere auch bei der EU, dem Umweltschutz (globaler Klimaveränderungswahn anstatt gelebter, regionaler Umweltschutz) und dem Gesundheitswesen.
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Personalverwaltung erinert mich an Affen in Zoo. Die warten auf Bananen, und wollen nichts selber unternehmen. Das ist eine Mentalität einer Parasit, und nicht normal.
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Die erste Frage, die ich mir zum verlinkten Artikel gestellt habe, war die:
"Warum werden eigentlich Personalverantwortliche zum Thema Kompetenzen der Studienabgänger gefragt?"
Wirkliche Einschätzungen können eigentlich nur durch die Teamleiter und Ressortchefs abgeben. Meist haben die aber noch 2-3 andere Dinge zu tun, als ihre Juniors zu durchleuchten und zu bewerten.
Eines der Hauptprobleme dürfte wohl sein, dass die genaue Form und Grösse der Bananen nicht den Erwartungen entspricht oder vielleicht auch mal nur Obst und Gemüse zu haben ist, das vielleicht auch gar nicht schlecht schmeckt...;-)
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