Liebe Steemit Community,
Liebe Freiheitsfreunde,
Liebe Freiheitsfeinde,
wie versprochen starte ich heute mit der Buchbesprechung von:
Zum Nassim Nicholas Taleb habe ich ja schon in folgendem Artikel einiges geschrieben:
https://steemit.com/deutsch/@stehaller/nassim-taleb-randomness-antifragility-black-swans-skin-in-the-game-und-momentane-situation-an-der-boerse.
Nassim Talebs Bücher zu besprechen, finde ich immer immens schwierig, da sie einen so weiten Bereich, angefangen von Geschichte über Philosophie, Statistik, Finanzmärkte bis hin zu Option Trading umfassen. Aber gerade deshalb sind Nassim Talebs Bücher so wertvoll.
Oder wie die Amerikaner sagen:
“You get the most bang for your buck.”
Bevor ich über Skin in the Game sprechen werde, möchte ich erst noch ein historisches Beispiel von skin in the game zeigen, welches auch Nassim Taleb in seinem Buch erwähnt:
Der korrupte Richter Sisamnes
Der Richter Sisamnes lies sich bestechen und fällte darauf hin ein ungerechtes Urteil. Der König Kambyses II. lies in darauf lebendig häuten und mit dem Leder der Haut den Richterstuhl beziehen, auf welchem dann der Sohn des Sisamnes, als neuer Richter sitzen musste.
Hier das Gemälde zur Häutung von Sisamnes von Gerard David (1498):
Skin in the Game ist noch besser als ein Überaschungsei, es behandelt nämlich vier Themen auf einmal:
1. Bullshit Detection:
Also den Unterschied zwischen Theorie und Praxis und zwischen echtem Wissen und Scheinwissen zu erkennen.
2. Symmetry in human affairs (Gerechtigkeit, Verantwortung und Wechselseitige Beziehungen):
Wer Risiken eingeht, um Gewinne zu erzielen, muss auch selbst die Verluste tragen. Berater und Experten sollten auch selbst die Konsequenzen ihrer Ratschläge zu spüren bekommen.
Oder wie es Nassim Taleb ausdrückt:
”Don’t tell me what you think, just tell me what’s in your portfolio.”
3. Information sharing in transactions:
Welche Informationen sollte man an einen Kunden oder Geschäftspartner weitergeben.
4. Rationality in complex systems and in the real world.
Es ist nicht entscheidend, was irgendwelchen sogenannten Experten vernünftig erscheint, oder was in irgendwelchen theoretischen Modellen funktioniert, sondern was sich in der realen Welt, über lange Zeiträume als vernünftig erwiesen hat.
Diese vier Dinge sind laut Taleb untrennbar miteinander verbunden, wenn jemand skin in the game hat.
Für Taleb geht es bei skin in the game hauptsächlich um Gerechtigkeit, Ehre und Aufopferung.
Das Lernen durch schmerzliche Erfahrung oder auch durch trial and error ist für Nassim Taleb der theoretischen Forschung an Universitäten weit überlegen.
”The knowledge we get by tinkering, via trial and error, experience, and the workings of time, in other words, contact with the earth, is vastly superior to that obtained through reasoning, something self-serving institutions have been very busy hiding from us.”
Die sogenannten Experten im US Außenministerium sind Nassim Taleb ein besonderer Dorn im Auge. Sie sind zwar alle hochgebildet, es fehlt ihnen aber an der Schlauheit des einfachen Mannes von der Straße ,ein paar Schritte weiter zu denken und die möglichen Konsequenzen seines Handelns durchzudenken. Das stellen wir ja bei unseren Politikern auch immer wieder fest. Man vergleicht die Taten eines Diktators, mit den von gewählten westlichen Präsidenten, anstatt mit den Alternativen vor Ort.
Wir hören ja auch immer wie böse und undemokratisch Putin oder Assad sind, man zeigt uns aber keine Alternative.
Oder weiß von euch jemand, wer Putin ersetzten sollte?
Etwa Vladimir Schirinowski?
Man unterstützt sogenannte “moderate Rebellen”, nur um hinterher festzustellen, dass die Rebellen doch nicht so moderat waren und ein paar Jahre später muss man dann den nächsten Krieg führen. Man könnte fast schon glauben, da steckt eine Strategie dahinter. Wobei ich so ein langfristiges Denken unseren großartigen Politikern nicht zutraue.
”And when a blowup happens, they invoke uncertainty, something called a Black Swan (a high-impact unexpected event), after a book by a (very) stubborn fellow, not realizing that one should not mess with a system if the results are fraught with uncertainty, or, more generally, should avoid engaging in an action with a big downside if one has no idea of the outcomes. What is crucial here is that the downside doesn’t affect the interventionist. He continues his practice from the comfort of his thermally regulated suburban house with a two-car garage, a dog, and a small play area with pesticide-free grass for his overprotected 2.2 children.”
Heutige Staatenlenker haben eben kein “skin in the game”.
Frühere Staatenlenker, wie Alexander der Große, kämpften noch selbst an vorderster Front. Sie hatten skin in the game.
Man findet das heute noch zum Teil bei Adelsfamilien.
Prinz Andrew kämpfte als Hubschrauberpilot im Falklandkrieg und Prinz Harry kämpfte in Afghanistan.
”Because noblesse oblige; the very status of a lord has been traditionally derived from protecting others, trading personal risk for prominence— and they happened to still remember that contract. You can’t be a lord if you aren’t a lord.
Adel verpflichtet…
Im Vergleich dazu müssen heutige Politiker und Bürokraten keine negativen Konsequenzen mehr für ihre Handlungen befürchten.
Als Abhilfe gegen diesen Zustand, schlägt Nassim Taleb radikale Dezentralisierung vor.
”Decentralization is based on the simple notion that it is easier to macrobull*** t than microbull*** t.
Decentralization reduces large structural asymmetries.
Ohne Dezentralisierung werden wir immer wieder Ereignisse wie die Finanzkrise 2008 erleben müssen.
Leider musste bis heute, keiner der damals Verantwortlichen, für seine Fehler geradestehen.
Bei Politikern, Spitzenbeamten und den Top Bändern gilt immer noch:
Läuft etwas gut, klopft man sich selbst auf die Schulter, scheitert man schiebt man die Schuld auf Black Swan Events oder schiebt die Schuld auf die bösen Märkte.
Und natürlich finden sich immer irgendwelche Experten, die bestätigen, dass die Bänker, Politiker und Bürokraten keine Schuld trifft.
Ohne dass die obersten Entscheider skin in the game haben, werden wir die selben Fehlentscheidungen und dadurch folgende Katastrophen immer wieder erleben müssen.
Oder um es mit Nassim Taleb zu sagen:
”Skin in the game keeps human hubris in check.”
Immer wieder geht Nassim Taleb auf die über 3800 Jahre alte babylonische Sammlung von Rechtsprüchen Codex Hammurabi ein.
(Mehr dazu hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Codex_Hammurapi)
Hier ein Auszug:
”“If a builder builds a house and the house collapses and causes the death of the owner of the house— the builder shall be put to death.”
Mehr skin in the game geht wohl nicht.
Als etwas modernere Form dieser Regel nennt Talib die sogenannte Silver Rule:
“Do not treat others the way you would not like them to treat you.”
Es gibt laut Taleb zwei Möglichkeiten die Bürger vor räuberischen Großkonzernen zu schützen:
1. Vorschriften:
Hier ist das Problem, dass die Freiheiten der Bürger eingeschränkt werden. Der Aggressor ist jetzt zwar nicht mehr ein mächtiger, skrupelloser Großkonzern, sondern der Staat und seine Freunde (meist wieder Großkonzerne).
Als Bürger ist man also wieder der Dumme, den die Großkonzerne finden mit ihrer Rechtsabteilung immer einen Weg, um das System auszutricksen.
Diese Form des Bürgerschutzes wird vor allem in Europa verwendet.
2.Haftbarkeit und die Möglichkeit verklagt zu werden:
Diese Form des Bürgerschutzes herrscht vor allem in der angelsächsischen Welt vor.
“If a big corporation pollutes your neighborhood, you can get together with your neighbors and sue the hell out of it. Some greedy lawyer will have the paperwork ready. The enemies of the corporation will be glad to help. And the potential costs of the settlement would be enough of a deterrent for the corporation to behave. This doesn’t mean one should never regulate at all. Some systemic effects may require regulation (say hidden tail risks of environmental ruins that show up too late). If you can’t effectively sue, regulate.”
Hiermit möchte ich den ersten Teil meiner Buchbesprechung schließen.
Wie befürchtet, ist sie viel länger geworden als geplant und natürlich bin ich bei weitem nicht so weit gekommen, wie ich geplant habe.
Ich hoffe, es hat Euch trotzdem gefallen.
Bald kommt Teil 2.
Bis bald,
Stephan Haller
Schwierig, soviel grundsätzliche Ideen in einen kleinen Artikel zu pressen. Jede der vier Themen hat wohl noch seinen eigenen Artikel verdient. Weiß ja nicht, was du noch vor hast.
Trial&Error ist ja letztendlich Evolution und hat sich in der Natur bewährt und eigentlich überall, wo es nicht viel zu verlieren gibt. Neben einer gewissen Intelligenz zum Lernen und der Fähigkeit der Selbstreflektion setzt es aber voraus, dass es mehrere Trials geben können muss, dass die Konsequenzen erfahrbar sind, allerdings ohne, dass sie zu groß sind bzw. tödlich. Also die negativen Konsequenzen der Fehler müssen immer lokal begrenzt bleiben bzw. nur Teilsysteme betreffen. Und die Moral ist dann auch noch ein "Problem", die uns von bestimmten Trial&Error abhält.
Wir sollten keine Atomkriege beginnen um zu schauen, ob es eine erfolgreiche Strategie ist. Wir sollten auch mit Genmanipulation an Pflanzen vorsichtig sein, die dann weltweit sehr viele essen. Wir sollten nicht alle unsere persönlichen Daten in die Cloud schieben. Wir sollten nicht die gesamte Umwelt verschmutzen etc. Alles so Dinge, die nicht rückgängig gemacht werden können, wenn es schief läuft.
Downvoting a post can decrease pending rewards and make it less visible. Common reasons:
Submit
Downvoting a post can decrease pending rewards and make it less visible. Common reasons:
Submit
Herrjeh, mein "muß ich noch lesen" Stapel ist eh schon heftig hoch. Und dann machst Du einem so den Mund wässerig. Mal schauen, ob und wie das noch dazwischenpasst.
"Ohne Dezentralisierung werden wir immer wieder Ereignisse wie die Finanzkrise 2008 erleben müssen.
Leider musste bis heute, keiner der damals Verantwortlichen, für seine Fehler geradestehen."
Als Ausnahme sehe ich hier Island. Die haben schon ein wenig aufgeräumt, was auch immer der Antrieb war. Vielleicht klappt sowas nur (noch) in einer kleinen und überschaubaren Gemeinschaft und nicht mehr in den anonymen Lemming-Massen...
Downvoting a post can decrease pending rewards and make it less visible. Common reasons:
Submit
Island ist ein gutes Beispiel.
Je kleiner die Einheit, desto besser klappt es auch mit der Demokratie.
Gerade die Anonymität macht das gegenseitige bestehlen in der Demokratie möglich.
Niemand würde zu seinem kinderlosen Nachbar gehen und verlangen, dass er für Ausbildung der eigenen Kinder oder für sein Fernsehprogramm bezahlt. Durch die Anonymität in der Wahlkabine kann man es aber machen, ohne sich dafür schämen zu müssen.
Downvoting a post can decrease pending rewards and make it less visible. Common reasons:
Submit
This post received a $3.150 (67.30%) upvote from @upvotewhale thanks to @stehaller! For more information, check out my profile!
Downvoting a post can decrease pending rewards and make it less visible. Common reasons:
Submit