TheDeadFrog Legends - Der Schatz von Lagavulin

in deutsch •  6 years ago  (edited)

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The Treasure of Lagavulin – Der Schatz von Lagavulin

Die Legende besagt, dass der junge Jonathan O ‘Luinachan O ‘Flannery sehr früh in seinem Leben verwaiste. Die Eltern kamen bei einem tragischen Unfall ums Leben. Dem Sturz in einen Brunnen, dem beide Elternteile zum Opfer fielen, konnte er nur durch einen Zufall entgehen. Als Kleinkind blieb er im Eimer des Brunnens stecken, während seine Eltern ins Verderben stürzten.
Er schlug sich mehr schlecht als recht auf den Straßen der Isle of Islay durch seine frühe Kindheit, er klaute und verrichtete Aushilfsaufgaben. Eines Tages begab es sich jedoch, dass ein Schornsteinfeger, der sich über die Wintermonate etwas fett gefressen und gesoffen hatte, einen dürren Kerl suchte, der ihm bei seiner Arbeit zur Hand zu gehen sollte. Er streifte durch die Gassen von Port Ellen und fing einen hageren Burschen, der sich gerade mit einer Flasche Whisky aus dem Staub machen wollte. Der Junge war eben jener Jonathan O ‘Luinachan O ‘Flannery. Nach einem kleinen Gerangel um die Flasche Whisky und einem kurzen Verhandlungsgespräch war es beschlossene Sache: Der junge Jonathan wurde der Gehilfe des Schornsteinfegers.
Der anfängliche Widerwillen gegen diese ehrliche Arbeit verflog und Jonathan erkannte seine Passion. Bald stand er auf eigenen Füßen und hatte er als Stöpsel noch mit Kaminen von Wohnhäusern vorliebnehmen müssen, so wuchsen die Schornsteine mit ihm. Es begab sich, dass ihm eine besondere Ehre zu Teil wurde, John Lagavulin, der Gründer der Lagavulin Destillerie erteilte ihm den Auftrag, die Schornsteine seiner Destille zu reinigen. Am Anfang schien es, als hätte Jonathan seine Nemesis gefunden, so groß und mächtig schien ihm alles. Doch von dem alleinigen Anblick angespornt, machte er sich daran, die Kamine der Brennerei zu reinigen. Das tat er mit einer solchen Hingabe und Gründlichkeit, dass ihm John Lagavulin eine Festanstellung mit Kost und Logis anbot. So kam es, dass Jonathan O‘Luinachan O‘Flannery über 20 Jahre lang die Kamine, Schornsteine, Böden, Brennblasen und Lagerräume der Destillerie putzte und in Schuss hielt.
In diesem Zeitraum ließ es Jonathan niemals an Sorgfalt und Elan mangeln, so wuchs er nicht nur seinen Kollegen ans Herz, sondern auch dem guten alten John Lagavulin. Dieser machte Jonathan ein ganz besonderes Geschenk, seinen kostbarsten Besitz, die aller erste Flasche Lagavulin Whisky, die jemals die Brennblase verlassen hatte. Jonathan weinte vor Glück, dieses Kleinod der Brennkunst war auch für ihn etwas ganz Besonderes. Er hütete die Flasche wie sein Augenlicht, doch nach und nach erfasste ihn eine immer größer werdende Angst, diesen Schatz zu verlieren. Erst wachte er schlaflos in seiner Kammer, dann begann er, einen Plan auszutüfteln. Er wollte diese Flasche Whisky verstecken, nicht einfach in seiner Kammer, nein, irgendwo auf dem Areal der Destille, so sicher und geheim, dass niemand außer ihm sie finden könnte. In einer ganz besonders dunklen Nacht war es so weit, die legendäre Flasche verschwand vom Angesicht der Erde und wurde nie wieder gesehen. Jonathan, zufrieden und erleichtert, betrank sich im Laufe dieser Nacht, und als er gerade zu seiner Kammer torkeln wollte, stolperte er und viel in einen Brunnen.

So findet diese urbane Legende ihr Ende. Die erste Flasche Lagavulin soll noch immer auf der Lagavulin Destille versteckt sein. Manche halten diese Geschichte für eine PR-Aktion, andere glauben daran und so manche haben sogar die Suche aufgenommen.
Doch bei meinen langen Recherchen zu dieser Erzählung bin ich über ein sehr altes Pergament gestoßen, das diesem Gemunkel ein etwas anderes Ende verleiht.

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In jener Zeit, in der Jonathan O ‘Luinachan O ‘Flannery seine wertvolle Flasche Whisky zu verbergen suchte, gab es an einer Bucht direkt neben der Lagavulin Bay eine weitere kleine Destillerie. In dem Fjord dieser Brennerei und in den umgebenden Gewässern hauste ein Kelpie, eines jener mystischen Wasserwesen, halb Pferd, halb Fisch. Das Kelpie hatte genug davon, arglose Wanderer hereinzulegen und zu ertränken. So kam es, dass es an der Küste entlang schwamm und beobachtete, wie Jonathan mit einem Spaten bewaffnet am Strand ein Loch grub und etwas darin verbarg. Neugierig, was denn wohl ein Mensch verstecken würde, machte sich der Wassergeist daran, das frisch zu geschüttete Loch zu untersuchen … und fand eine leere Flasche mit einem Zettel darin, auf diesem stand geschrieben: „Wusste ich es doch, Hamish! Du versoffener Sohn einer hurenden Banshee! gheibh thu bàs!“
Durch diese Notiz erst richtig neugierig, schlich das Kelpie weiter hinter Jonathan her. Dieser streifte eine Weile ziellos zwischen den Lagerhäusern hin und her, betrat schließlich eines davon und verschwand zwischen den gigantischen Fassreihen. Als er das Lagerhaus wieder verließ, drückte sich das Kelpie durch die langsam zu schwingende Tür und stand nun ebenfalls in den langen Schatten der Whiskyfässer. Mit den Nüstern auf dem Boden verfolgte es die Spur von Jonathan und erreichte schließlich ein Haufen kaputter Fässer. Unter den gebrochenen Holzdauben und gerissenen Fassreifen zog es die Flasche Whisky hervor, die Jonathan so gern versteckt hätte. Gierig entkorkte es die Flasche und wurde vom Geschmack des ersten Lagavulins verzaubert. Nach einigen Schlucken war es der Meinung, dass dieses Getränk sein Eigen sein sollte. Es verkorkte die Flasche und schlängelte sich auf den Boden geduckt aus dem Lagerhaus.
Das Kelpie entführte die Whiskyflasche in die kalten Fluten des Meeres um die Isle of Islay. Es tauchte tief unter die steinigen Wurzeln der Insel und legte die Flasche nahe einer Quelle bei seiner Heimatbucht ab.
Doch der grausame Zufall sollte auch vor dem Kelpie nicht halt machen. Denn seine Zähne und Hufe waren nicht dafür gemacht, eine Flasche zu verkorken und so tropfte immer wieder etwas Lagavulin in das Wasser der Quelle. Dieses Wasser allerdings wurde von der benachbarten Brennerei, der Ardbeg Destillery, verwendet, um ihren außergewöhnlichen Whisky herzustellen.

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