Warum wir auf's Land gezogen sind, Teil 1

in deutsch •  7 years ago  (edited)

Vor etwas mehr als vier Jahren und drei Monaten sind wir von Köln auf's Land gezogen und in diesem Artikel würde ich gerne die Gründe nennen, die uns in die Region Lippe verschlagen haben.

Zudem würde ich gerne auf die Vorteile, aber auch auf die wenigen Nachteile eingehen, die so ein Landleben mit sich bringt.

Die Kinder

Etwas mehr als ein Jahr bevor wir dann im November 2013 aus Köln auch tatsächlich weggezogen sind haben wir konkrete Überlegungen angestellt aus der Stadt wegzuziehen.

Ich sage es jetzt mal etwas platt: jeder macht sich Gedanken über die artgerechte Haltung von Hühnern und Ziegen, aber kaum einer macht sich wirklich Gedanken über die artgerechte Lebensweise von Menschen und vor allem von Kindern.

Vor allem Kinder brauchen viel Bewegung und Aufenthalt in der "Natur". Ich bin davon überzeugt, dass das Leben in der Großstadt nicht der artgerechten Lebensweise der Kinder entspricht. Auch bei Erwachsenen bin ich mir nicht sicher ob eine Großstadt wirklich das beste ist.


Randnotiz: Ich habe jetzt das Wort Natur extra in Anführungszeichen gepackt, da wir von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, in Europa kaum noch Natur sondern lediglich Kulturlandschaften haben. Das was wir häufig als Natur bezeichnen sind Kulturlandschaften die durch Viehzucht, Land- und Forstwirtschaft geprägt und entstanden sind.


Aber darüber haben wir uns anfangs weniger Gedanken gemacht, da wir schon als die Kinder sehr klein bzw. einige noch nicht geboren waren, an den äußersten Rand von Köln gezogen sind. Eben aus dem Hauptgrund, damit die Kinder etwas kindgerechter aufwachsen können.

Hier gab es viele nur 4-Partei-Häuser mit sehr viel Grünflächen, Sträuchern und Bäumen dazwischen. Das ganze war dann auch noch mit kleineren Spielplätzen garniert. Man konnte das ganze auch als idyllisch bezeichnen.

blick-aus-dem-fenster.jpg
[Ein Blick aus dem Fenster der Wohnung]

Es handelte sich um Werkswohnungen die in den 60er und 70er Jahren entstanden waren.

Also viel Auslauffläche, recht ruhige Straßen und viel Grün. Aber das bald sollte sich schnell ändern.

Energetische Sanierung

Irgendwann in 2012 flatterte bei uns allen Briefe ein in denen wir informiert wurden, dass die "energetische Sanierung" durch den Vermieter, beschlossen wurde. Einige der Mieter haben versucht sich rechtlich dagegen aufzulehnen, aber das war zwecklos. Als wir einzogen war der Vermieter eine Genossenschaft. Kurze Zeit später wurde das ganze an eine Holding verkauft und die hat die Sanierung beschlossen.

Man kennt schon diverse Berichte wie so eine "Sanierung" abläuft, aber wenn man eine durchlebt hat, dann weiß man wie es tatsächlich ist.

Das ganze fing dann an, dass die Balkone, Sträucher und auch einige Bäume abgeschlagen und die ganzen Grünflächen mit Baumaterial und Dixiklos vollgestellt wurden.

Dann passierte eine lange Zeit gar nix. Dann eines frühen Morgens ging es los. Hämmern und Bohren, dass man das Gefühl hatte einem wurden die Ohren bluten. An vielen Tagen konnte ich gar nicht arbeiten, da ich von zu Hause aus arbeite.

Um die Entfernung der Hinterlassenschaften hat man sich nicht wirklich gekümmert. Überall auf den Grünflächen lagen Styropor-Krümel, Nägel, Schrauben und Metallsplitter so dass es gefährlich war sich dort aufzuhalten.

Ich war nicht der einzige, der den Eindruck hatte, dass diese Vorgehensweise lediglich dazu dient, die bestehenden Mieter zu vergraulen. Ich habe zwar keine Beweise, aber wenn man das Prinzip des Ockhams Rasiermessers anwendet, dann ist dies meiner Meinung nach die einzige logische Schlussfolgerung Und tatsächlich war es so, dass wir nicht die einzigen waren die dann weggezogen waren.

Die einen wegen des Lärms und Drecks, wenn ich den ehemaligen Nachbarn glauben kann, dann hat man manche Häuser 7-9 Monate lang "saniert". Das heißt mehrere Monate Lärm, Dreck und eingeschränkter Raum. Andere sind weggezogen, weil die anschließende Mieterhöhung den "Vogel abgeschossen" hat um es mal freundlich zu formulieren.

Bei den meisten war es die Mischung aus den beiden genannten Gründen. Wir sind mitten in der Sanierungsphase unserer Wohnung weggegangen und so schaute es nach etwas mehr als 6 Monaten immer noch aus:

noch-immer-nicht-fertig.jpg

An dem Bild kann man erkennen, dass die Arbeiten noch immer nicht ganz fertig waren. Am rechten Rand kann man erahnen, dass noch die Balkone fehlen. Bis sich die ganzen Grünflächen erholen werden noch Jahre vergehen.

Da der Artikel jetzt schon deutlich länger ist als ich zuerst geplant habe, habe ich mich dafür entschieden zwei Teile daraus zu machen. So lange Texte im Web liest doch kein Mensch. 😀

Hier geht es zum zweiten Teil.

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Ich wohne auch freiwillig in einer ländlichen Gegend. Ich laufe ein paar Meter und ewig lang und weit durch die Natur laufen, ohne einer Menschenseele zu begegnen. Ich würde es nicht gegen ein Stadleben eintauschen wollen.

Bei mir ist es sehr ähnlich. In den Bergen großgeworden und weit und breit keine Menschenseele. Das nächste Dorf circa 2km Fußweg Entfernung.

  ·  7 years ago Reveal Comment

Besonders erschreckend auch, wenn man bedenkt, dass für diese sinnlosen, umweltschädlichen Styroporfassaden Förderungen bezahlt werden. Der Steuerzahler muss also zwangsweise mitzahlen. Geschäftemacherei der Styroporindustrie. Mehr nicht.

Ich habe das auch nicht so ganz verstanden. Ich kann mich an Styropor lediglich als Material im Technik-Unterricht erinnern und wie sehr es gestunken hat wenn man es mit dem heißen Draht zugeschnitten hat.

  ·  7 years ago Reveal Comment

Kenne mich mit Renovierungen (noch) nicht gut aus. Gibt es denn eine gute/günstige Alternative zu Styropor?

Wenn man ehrlich ist, kann man sich als Mieter letztendlich keinen Wohnraum leisten der aufwändig und teuer saniert wurde.

Steinwolle.

Ah okay, danke. Gut zu wissen. Werde ich mich vorm renovieren nochmal genauer informieren.

Bitte. Ich habe Bautechnik studiert, bin also vom Fach.
Styrodurplatten würde ich niemals nehmen, erstens ist die Wasserdampfdurchlässigkeit nie so gut wie angegeben. Daher liegt der Taupunkt dann in der Wand und die Wand wird feucht. Deshalb ist die Einsparung gleich Null oder sogar negativ. Zusätzlich bekommst Du durch die Feuchtigkeit, die dann in der Wand hängt, Algenbewuchs auf der Fassade. Deshalb mischt man vorm Streichen ein Biozid in die Farbe. Nach spätestens 10 Jahren ist das dann ausgewaschen (und das ganze Gift im Grundwasser) und deine Wand wird grün. Wenn es brennt, ist Styrodur eine absolute Katastrophe.
Wenn es dann irgendwann saniert werden muss, ist es Sondermüll und muss in speziellen Müllverbrennungsanlagen verbrannt werden (da bläst man dann das angeblich eingesparte CO2 wieder raus). Steinwolle ist wasserdampfdurchlässiger, brennt nicht und kann als Bauschutt entsorgt werden. Ich würde aber trotzdem nicht die Fassade dämmen. Die größten Einsparungen hat man durch neue Fenster und Dachdämmung. Außerdem wird bei den ganzen Musterberechnungen immer vergessen, dass eine ungedämmte Fassade bei Sonneneinstrahlung auch Wärme aufnimmt und ans Hausinnere abgibt. Dieser Effekt fällt bei einer gedämmten Fassade weg.

Gut zu wissen, danke für die Infos.

  ·  7 years ago Reveal Comment

Ah okay, danke. Gut zu wissen. Werde ich mich vorm renovieren nochmal genauer informieren.

Ich finde es sehr spannend, dass sich immer mehr Menschen entscheiden, etwas an ihrem Lebensumfeld oder ihrem Lebensstil zu verändern. Vielleicht ein Zeichen dafür, dass vielen (zum Glück!) bewusst wird, dass daran wie wir großteils leben, einiges nicht stimmt. Ich bin sehr gespannt auf den zweiten Teil deines Beitrages und darauf, wie ihr jetzt lebt :)

Über lange (Um-)Bauphasen kann ich nichts berichten. Kenne solche langen Bauphasen nur von Neubauten.
Dass es den einzelnen (meist deutlich unterbezahlten) Bauarbeitern ziemlich egal ist ob Dreck, Nägel oder sonstiger Unrat rumliegt, kann ich soweit nachvollziehen. Fürs aufräumen wird dort niemand bezahlt, kommt man nicht hinterher findet sich jemand anderes der es schneller und günstiger macht.

Aufs Land ziehen ist eine sehr gute Entscheidung meiner Meinung nach. Auch wenn ich nun fast 1,5h zur Arbeit brauche ist der Mehrwert an Lebensgefühl deutlich spürbar. Aktuell noch in einem sehr alten, kaum beheizten Haus, kann ich dazu mehr sagen, wenn grumpyhouse fertig ist ;)

Na gut, dann warte ich eben auf Teil 2. Bin gespannt wie das Landleben so läuft. Schön, dass du dir die Arbeit mit der langen Geschichte machst!

Ich mag deinen Blog auch einen Dank für diese Geschichte. Bin gespannt wie es weiter geht. Der positivste Aspekt in einer Großstadt zu leben ist das man da seine Anonymität genießen kann :) Ich selbst lebe auch auf dem Land und das wird sich auch nicht ändern dafür liebe ich die Natur zu sehr

Ich mag deinen Blog...

Vielen Dank dafür.

Da bin ich aber sehr gespannt auf den Lipper Teil, das ist ganz in der nähe bei mir.
Schade wenn solche gewachsenen Grünanlagen dem Erdboden gleich gemacht werden im Zuge solcher „Sanierungen“ Danach ist dann alles schön modern steril. Sauber.
Ich fand diese Siefdlungen im Ruhrgebiet z.b. total nett, wo jeder sein grün, Hühner- und Hasenstall hatte und seine Kartoffeln auf den 3 qm Nutzland gepflanzt hat.
Nunja, es scheint Dir im Lipperland besser zu gehen, jedenfalls schreibst Du ja von wenigen Nachteilen 😀

jedenfalls schreibst Du ja von wenigen Nachteilen

Ja, die Vorteile überwiegen noch. Mal schauen ob das in den nächsten Jahren noch so bleibt. :-)

Hab Ihn gelesen bis zum Schluss :)
Das hört sich nicht gut an das Ganze, aber immer mehr Leute kennen lerne die lieber am Land wohnen, ist einfach Stressfreier.
Ich hoffe das ihr euch am Land auch wohl fühlt.

Ist denn Euer Umzug im Nachhinein ein Fehler gewesen? Sorry, so ganz habe ich den Sinn deines Posts wohl nicht verstanden.

Wir sind immer noch alle froh über unsere damalige Entscheidung.

Ich habe etwas ähnliches vor Jahren in München durch. Zu der Zeit hatte ich noch Schichten arbeiten müssen. Nie wieder Stadt. Wohne jetzt entlegen mit vielen Einschränkungen auf dem Land. Aber ruhig, schön, natürlich uns sicher.

Doch ich hab es bis zum Ende gelesen ;-)
Möchte selber mal von der Stadt aufs Land.
Damit ich zu meinen Katzen auch 2 oder 3 Hühner und mindestens einen Hund haben kann.
Alles gute für die Zukunft am Land und
LG aus Wien
Harry

Ich finde es schrecklich, wie übel mittlerweile mit den Menschen umgegangen wird. Der Einzelne ist nur noch ein Spielball. Wöchentlich neue Skandale, im Grossen wie im Kleinen.
Grüsse Dich

Danke für den Bericht kann ich absolut nachvollziehen - wir sind auch keine Stadtmenschen und wohnen eher im Outback.
Ich kann durchaus Leute verstehen, die sagen ich will in der Stadt wohne, weil alles füßig zu erreichen ist oder mit Bahn, Bus Carsharing. Partygänger die immer viele Leute um sich haben müssen sind evtl. die andere Fraktion.
Mit Kindern würde ich aber auch die Nähe zur Natur suchen damit eben klar wird die Milch kommt ursprünglich nicht aus der Packung oder Fabrik...
Was Luft etc. angeht ist "Land " auch nicht gleich Land, wir wohnen in einem Wohngebiet und wenn ich mir den Luftfilter der Lüsftungsanlage anschaue ist der doch immer sehr verrusst (vermute durch Komfort Holzheizungen), aber die Filter der Abluft sehen meist noch dreckiger aus - vermute durch die ganzen Staub, Stoffussel etc. Rückstände die wir abgeben/verursachen.

Danke für diesen offenen Einblick in dein Leben. Kann deine Beweggründe für das Leben im "Grünen" sehr gut nachvollziehen, tut mir leid, dass du dabei in so eine unglückliche Situation geraten bist.

Achtung - dieser Kommentar könnte pauschalierte Aussagen enthalten!!!

Zum einen weiß ich von einigen Bekannten von einer Verzögerungstaktik bei Sanierungen, um bestehende Mieter loszuwerden und Platz für zahlungskräftige zu schaffen und zum anderen entspricht vielerorts das „wie“ der Sanierung eigentlich nicht mehr dem Stand der Technik und noch weniger nachhaltigen Aspekten.

Ich habe eine Quintessenz mit Handwerkern herausgefunden. Angebot und Ausführung sind nur selten ident und Zeitpläne sind etwas für die Tonne :)

I not undestand to your post because it is not english.
Nice post,friend

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