Und schon geht der Richtungsstreit weiter.
Es irrt die Frage im Raum, findet keine Antwort und gibt entnervt den Staffelstab weiter.
„Wer empfindet im Nachhinein noch Mitleid mit Erna Koslowski, die am 22. Januar um 8:23 Uhr am Bahnhof Giesing stand und sich nicht entscheiden konnte, ob sie das Gemüse nun auf dem Viktualienmarkt oder bei EDEKA, gleich um die Ecke, kaufen sollte?“
Alle Menschen um sie herum schienen vollends mit sich selbst beschäftigt. Ausgenommen einem jüngeren Mann in einem blauen Winter-Blouson, der hinter der großen Werbetafel am Ende des Bahnsteiges, erst behutsam, aber dann immer vehementer nach empfindsamen Stellen am Körper einer Frau suchte, deren blondes Haar, mit räumlichem Abstand betrachtet, so echt schien, wie ihr beachtlicher Busen, den sie (weil so teuer) auch an kühleren Tagen meist nur leicht bedeckt durch Münchens Stadtteile trug.
Doch viel bemerkenswerter schien, dass kein Mensch, keine Institution oder zumindest der Schriftführer eines eingetragenen Vereins auf die Idee kam, Erna Koslowski bei der Bewältigung ihres eigentlichen Problems hilfreich zur Seite zu stehen. Erwartete diese Frau vielleicht zu viel?
Spätere Nachfragen ergaben, sie erwartete in jenem Moment lediglich Beistand – egal von welcher Seite. Doch der Pfarrer bereitete zur gleichen Zeit eine anstehende Beerdigung vor, das soziale Gewissen Münchens genoss die letzte Abfahrt in Garmisch und der ADAC fühlte sich nicht zuständig, da die Koslowskis nie den fälligen Jahresbeitrag überwiesen hatten.
Erna konnte, wenn man nur länger über ihre Situation nachgedacht hätte, einem schon fast leidtun. Niemand reichte ihr ein Taschentuch oder ein erfrischendes Glas Hefeweizen. Noch nicht einmal einen dieser kleinen Hocker, die so gute Dienste leisten, wenn in der Küche im obersten Regal nach dem Vanille-Pudding gesucht wird. Alle Voraussetzungen waren somit geschaffen für eine unaufhaltsam nahende menschliche Überforderung.
Erna Koslowski musste schmerzhaft am eigenen Leib erfahren, was es heißt, vollkommen auf sich selbst gestellt und alleingelassen das Treiben auf dem Giesinger
U-Bahnhof beobachten zu müssen und dabei zur gleichen Zeit einem innerlich tobenden Richtungsstreit machtlos ausgeliefert zu sein.
Reichlich frustriert, doch um einiges mehr ratlos, verließ sie wieder den Bahnsteig und nahm stattdessen den Bus nach Tegernsee, wo sie auf direktem Weg das Grab von Franz-Joseph Strauß aufsuchte. Der ewig währende, wache Geist dieses großen Staatsmanns schien Erna in dieser, so ausweglos erscheinenden Situation wie ein letzter Hoffnungsschimmer.
Denn nach Franz-Joseph bliebe dann nur noch der Allmächtige.
Doch, dieser einst, für alle Zuwendungen stets offene Beinahe-König Bayerns und allen angrenzenden Dynastien schien an jenem Tag nicht geneigt, nur wegen eines schlecht vorbereiteten Bestechungsversuchs in Form eines Straußes weißer Nelken, seinen Kampf gegen die Schmeißfliegen und das ganze linke Gesindel zu unterbrechen. Der alte Grantler interessierte sich offensichtlich nicht mehr für die Probleme seiner Untertanen. So sehr Erna Kowalski auch hoffte. Keine Stimme ertönte aus dem Jenseits und erst recht kein Handzeichen, welches ihr den rettenden Ausweg in diesem Richtungsstreit erleichtert hätte.
Noch bevor die mittlerweile arg geplagte Frau den Ausgang des Friedhofs am Tegernsee erreicht hatte, war Erna sich sicher, den Grund für das Scheitern der Wallfahrt gefunden zu haben.
Koslowski
Sie hätte nie im Leben in Giesing einen Koslowski heiraten dürfen.
Kurze Zeit später stand sie an der Bushaltestelle und wartete geduldig auf den nächsten Bus nach Giesing. Wieder zuhause in ihre Drei-Zimmer-Wohnung wärmte sie den Eintopf vom Vortag auf.
Sie hätte auch den Fleischkäse mit Spiegelei und Bratkartoffeln zubereiten können. Doch noch einmal eine Entscheidung zu treffen, nach all dem, was der Tag ihr bisher beschert hatte …. Außerdem war auch kein frisches Gemüse verfügbar.
heist die jetzt Kozlowski oder Kowalski :D
Beste Grüße aus Germering
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Hallo Michael,
schon als mir Erna aus den Fingern floss, bemerkte ich die Wandlungsfähigkeit dieser Frau. Obwohl ich nachher den Text wieder überflogen habe, ist mir diese Unkonzentriertheit nicht wirklich aufgefallen. Anstatt zu überfliegen, sollte ich es mal mit Lesen versuchen. Danke Dir für deinen Hinweis.
Gruß, Wolfram
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Hehe, und ich hatte das für ein besonders abgefahrenes literarisches Stilmittel gehalten, das meine Kapazitäten überschreitet :-). So einfach ist die Lösung manchmal.
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Ich glaube zu erahnen, auf was du hinauszielst.
Stell dir vor,
ich würde das Geheimnis für mich behalten.
Es soll möglich sein, am Rhein Klavier zu spielen, obwohl meiner Oma die Erdbeermarmelade ausgegangen ist.
Stell dir vor, es gäbe nie das erste Mal.
Ich habe den Geburtstag meiner Frau vergessen, obwohl ich erst letztes Jahr zur gleichen Zeit die Speichen meines Rades habe nachziehen lassen.
Und das gewissenhaft!
Kannst du dir das vorstellen?
Jemand hat mir erzählt, dass er eine Viertelstunde auf dem Kopf stehen kann. Ich dagegen rege mich schon tierisch auf, wenn mir mal das Klopapier ausgeht.
Ich kann fast alle Zahlen im Kopf speichern. Die von 1-20 habe ich besonders gut drauf. Und trotzdem hat meine Tante Margot das Rezept für die Eierpfannkuchen zum x-ten Mal verschludert.
Gestern habe ich mich auf mein neues Sofa gelegt. Genau zur gleichen Zeit musste mein Nachbar betroffen feststellen, dass es doch sein neues Auto war, das seit drei Wochen seine Garage blockierte, ohne einen gültigen Mietvertrag unterschrieben zu haben.
Man kann es drehen, wie man will, aber diese Begebenheit erinnert mich fatal an den Tag im letzten Jahr, als meinem Gemüsehändler eine vollreife Wassermelone auf das linke Knie fiel und dieser dafür einen Wetterumschwung in Luxemburg verantwortlich machte. Die sofort eingereichte Klage wurde in letzter Instanz vor dem Europäischen Gerichtshof abgewiesen. In der Urteilsbegründung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Übelkeit sich breitzumachen pflegt, wenn Frühlingszwiebeln lila Blüten tragen.
Einer meiner Bekannten beklagte sich, er füttere jeden Morgen seine Katze mit Frischmilch, obwohl sein Nachbar in vierter Ehe lebe. Die sofort einberufene Ethikkommission beschloss, ungeachtet der verworrenen Situation, den Findungsprozess erst weiterzuführen, wenn eine Wiederauferstehung erstmals nachgewiesen wird. Als dieser Nachweis auch nach 4 Monaten nicht erbracht werden konnte, einigte man sich nach drei weiteren Lichtjahren darauf, dass zukünftig der Pförtner bei Krupp/Thyssen sein Butterbrot unter Ausschluss der Öffentlichkeit essen darf.
Als Entschädigung sozusagen.
Gruß, Wolfram
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Aus einem Versehen heraus war der Account meiner Nichte geöffnet. Daher nimm die Antwort über @donna.lion als die Meinige.
Spielt auch keine Rolle - Hauptsache der Inhalt kommt an.
Gruß Wolfram
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immer wieder gern
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