Auch schlechter Rat ist teuer!

in deutsch •  6 years ago 


 Auch schlechter Rat ist teuer! Beratungsfirmen  agieren ähnlich wie Bürokraten, und daher haben sie in Bürokratien  nichts zu suchen. Das zeigt sich deutlich um den Berater-Skandal im Verteidigungsministerium.  Da man dem militärisch-industriellen Komplex nicht mit Kita-Plätzen und  Umstandsmode beikommt, hat sich die Verteidigungsministerin  entschlossen für die laufenden und künftigen Rüstungsprojekte externe  Berater zu engagieren, welche den Beamten auf die Finger schauen sollen.  Die Auswirkungen sind schwerwiegend. Die großen Beratungshäuser agieren  heute bereits ähnlich wie Bürokraten und haben nun den Staat als  lukrativen Geldgeber mit unendlich tiefen Taschen entdeckt. Dabei folgen  wir in Deutschland einem Trend, den man bereits in Amerika beobachten  kann.  Insbesondere das Pentagon vergibt umfassend Gelder an externe  Berater. Das Problem dabei ist weniger die Tatsache, dass Gelder an  externe Berater vergeben werden, sondern das Problem der Motive solcher  Berater. Diese sind selbstredend weder altruistisch noch allein am  Wohlergehen und Funktionieren des Staates orientiert. Primär geht es  ihnen um die Maximierung ihrer Umsätze, ähnlich dem vom Ökonomen William  A. Niskanen beschriebenem Beamten, der zunächst sein Budget maximieren  möchte. Dieses Ziel, das größte Budget zu verwalten, ist eng verbunden  mit dem Motiv, das eigene Prestige zu steigern. 


Davon sind nämlich  Politiker genau so betroffen wie Beratungsunternehmen und Beamte, auch  wenn die Gründe verschieden sind: Politiker suchen Prestige, weil sie  sich davon bessere Chancen zum Machterhalt durch Wiederwahl versprechen.  Die Zusammenarbeit mit namhaften  Beratungsinstitutionen verspricht so ein prestigeträchtiges Image als  «Aufräumer» sowie gegen den Dschungel der Bürokratie vorgehenden  «Saubermann». Prestigeträchtige Politiker sichern ebenfalls  innerparteilich ihre Macht und können dann auch stärker Einfluss auf die  politische Richtung dieser Partei ausüben. Prestige ist ebenfalls für  die Berater von großer Bedeutung. Allein die Arbeit bei einem der großen  Beratungshäuser verspricht dem einzelnen persönliches Prestige. Eine  Station in dieser Branche mit gutem Zeugnis befördert in jedem Fall die  Karriere. Doch auch die Zusammenarbeit mit anderen großen Häusern, seien  es Unternehmen oder Behörden befördert das Geschäft der Berater. Nicht  ohne Stolz präsentieren sie ihre Kundschaft. Dies geschieht getreu dem  Motto: seht her, all diese Firmen vertrauen uns. Hier zeigt sich die  Wechselwirkung zwischen Prestige und Geld besonders gut, denn wer hohes  Prestige genießt, ist besser in der Lage weitere (lukrative) Aufträge  für das eigene Unternehmen an Land zu ziehen. Die negative  Wechselwirkung der gleichen Motive von Politikern und Beratern sind  offensichtlich. Sie befördert Kollusion und Korruption. Berater suchen  aber neben Prestige und Geld augenscheinlich, genau wie Politiker, auch  nach Anerkennung. 


Diese Anerkennung vergeben wiederum Politiker gerne,  wenn es ihrem Interesse an Prestige genügt. So wurde Frau Sauer, vormals  Leiterin der Hauptstadtrepräsentanz des Beratungshauses  PricewaterhouseCoopers (PwC), von der Verteidigungsministerin zunächst  als Staatssekretärin angestellt. Gleichzeitig zogen Heerscharen an  Beratern in die Behördenprozesse ein, mit dem Ziel Verschwendung  aufzudecken und zu vermeiden. Welche Ressentiments dies in den Beamten  auslöst, wenn die eigene Führungsetage externe Berater zur Kontrolle  anschafft, kann man sich denken. Einer  der Beamten im Ministerium machte sich mir gegenüber offen über die  «Beraterbubis, ohne Sachkenntnis oder Erfahrung, aber dafür frisch von  irgendeiner BWL-Uni» lustig. Effiziente Zusammenarbeit ist auf einer  solchen Grundlage nicht möglich. Offen ist auch, inwiefern solche  Berater komplexe ingenieurstechnische Fragestellungen, welche mit  Rüstungsprojekten einhergehen, überhaupt effizient bearbeiten oder  einschätzen können.  Es ist vor diesem Hintergrund kein Wunder, dass der  Bundesrechnungshof, augenscheinlich die letzte Bastion der Haushalts-  und Regeltugend, auf diese Vorgänge aufmerksam wurde. Der daraus nun  resultierte „Skandal“ war absehbar, hätte man sich die Motivlage der  Beteiligten angesehen. Der potentielle Gewinn für die beteiligten  Akteure Politik und Berater überwiegt schlussendlich das Risiko. Der  Schaden, welcher dem Staat und seinen Institutionen, in diesem Fall dem  Verteidigungsministerium entsteht, spielt in dieser Rechnung keine  Rolle. Der Slogan des Verfassungsrechtlers Hans Herbert von Arnim vom  «Staat als Beute» passt hier wieder einmal wie die Faust aufs Auge.  Meine innere Resignation geht so davon aus, dass der «Skandal» weder zu  einem substantiellen Wechsel an der Spitze des Ministeriums, noch zu  einem Ende der Zusammenarbeit zwischen Politik und Beratungshäusern  führen wird. Daher können wir uns wohl wieder einmal auf ein für unsere  Zeit typisches «Aussitzen mit Salamitaktik» einstellen. Kosten wird  dieser Skandal also nicht die Ministerin das Amt, sondern nur den  Steuerzahler einige weitere Millionen. Denn auch schlechter Rat ist  teuer.

 Bild: Dirk Vorderstraße /  CC BY-NC-SA 3.0 


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