Auch schlechter Rat ist teuer! Beratungsfirmen agieren ähnlich wie Bürokraten, und daher haben sie in Bürokratien nichts zu suchen. Das zeigt sich deutlich um den Berater-Skandal im Verteidigungsministerium. Da man dem militärisch-industriellen Komplex nicht mit Kita-Plätzen und Umstandsmode beikommt, hat sich die Verteidigungsministerin entschlossen für die laufenden und künftigen Rüstungsprojekte externe Berater zu engagieren, welche den Beamten auf die Finger schauen sollen. Die Auswirkungen sind schwerwiegend. Die großen Beratungshäuser agieren heute bereits ähnlich wie Bürokraten und haben nun den Staat als lukrativen Geldgeber mit unendlich tiefen Taschen entdeckt. Dabei folgen wir in Deutschland einem Trend, den man bereits in Amerika beobachten kann. Insbesondere das Pentagon vergibt umfassend Gelder an externe Berater. Das Problem dabei ist weniger die Tatsache, dass Gelder an externe Berater vergeben werden, sondern das Problem der Motive solcher Berater. Diese sind selbstredend weder altruistisch noch allein am Wohlergehen und Funktionieren des Staates orientiert. Primär geht es ihnen um die Maximierung ihrer Umsätze, ähnlich dem vom Ökonomen William A. Niskanen beschriebenem Beamten, der zunächst sein Budget maximieren möchte. Dieses Ziel, das größte Budget zu verwalten, ist eng verbunden mit dem Motiv, das eigene Prestige zu steigern.
Davon sind nämlich Politiker genau so betroffen wie Beratungsunternehmen und Beamte, auch wenn die Gründe verschieden sind: Politiker suchen Prestige, weil sie sich davon bessere Chancen zum Machterhalt durch Wiederwahl versprechen. Die Zusammenarbeit mit namhaften Beratungsinstitutionen verspricht so ein prestigeträchtiges Image als «Aufräumer» sowie gegen den Dschungel der Bürokratie vorgehenden «Saubermann». Prestigeträchtige Politiker sichern ebenfalls innerparteilich ihre Macht und können dann auch stärker Einfluss auf die politische Richtung dieser Partei ausüben. Prestige ist ebenfalls für die Berater von großer Bedeutung. Allein die Arbeit bei einem der großen Beratungshäuser verspricht dem einzelnen persönliches Prestige. Eine Station in dieser Branche mit gutem Zeugnis befördert in jedem Fall die Karriere. Doch auch die Zusammenarbeit mit anderen großen Häusern, seien es Unternehmen oder Behörden befördert das Geschäft der Berater. Nicht ohne Stolz präsentieren sie ihre Kundschaft. Dies geschieht getreu dem Motto: seht her, all diese Firmen vertrauen uns. Hier zeigt sich die Wechselwirkung zwischen Prestige und Geld besonders gut, denn wer hohes Prestige genießt, ist besser in der Lage weitere (lukrative) Aufträge für das eigene Unternehmen an Land zu ziehen. Die negative Wechselwirkung der gleichen Motive von Politikern und Beratern sind offensichtlich. Sie befördert Kollusion und Korruption. Berater suchen aber neben Prestige und Geld augenscheinlich, genau wie Politiker, auch nach Anerkennung.
Diese Anerkennung vergeben wiederum Politiker gerne, wenn es ihrem Interesse an Prestige genügt. So wurde Frau Sauer, vormals Leiterin der Hauptstadtrepräsentanz des Beratungshauses PricewaterhouseCoopers (PwC), von der Verteidigungsministerin zunächst als Staatssekretärin angestellt. Gleichzeitig zogen Heerscharen an Beratern in die Behördenprozesse ein, mit dem Ziel Verschwendung aufzudecken und zu vermeiden. Welche Ressentiments dies in den Beamten auslöst, wenn die eigene Führungsetage externe Berater zur Kontrolle anschafft, kann man sich denken. Einer der Beamten im Ministerium machte sich mir gegenüber offen über die «Beraterbubis, ohne Sachkenntnis oder Erfahrung, aber dafür frisch von irgendeiner BWL-Uni» lustig. Effiziente Zusammenarbeit ist auf einer solchen Grundlage nicht möglich. Offen ist auch, inwiefern solche Berater komplexe ingenieurstechnische Fragestellungen, welche mit Rüstungsprojekten einhergehen, überhaupt effizient bearbeiten oder einschätzen können. Es ist vor diesem Hintergrund kein Wunder, dass der Bundesrechnungshof, augenscheinlich die letzte Bastion der Haushalts- und Regeltugend, auf diese Vorgänge aufmerksam wurde. Der daraus nun resultierte „Skandal“ war absehbar, hätte man sich die Motivlage der Beteiligten angesehen. Der potentielle Gewinn für die beteiligten Akteure Politik und Berater überwiegt schlussendlich das Risiko. Der Schaden, welcher dem Staat und seinen Institutionen, in diesem Fall dem Verteidigungsministerium entsteht, spielt in dieser Rechnung keine Rolle. Der Slogan des Verfassungsrechtlers Hans Herbert von Arnim vom «Staat als Beute» passt hier wieder einmal wie die Faust aufs Auge. Meine innere Resignation geht so davon aus, dass der «Skandal» weder zu einem substantiellen Wechsel an der Spitze des Ministeriums, noch zu einem Ende der Zusammenarbeit zwischen Politik und Beratungshäusern führen wird. Daher können wir uns wohl wieder einmal auf ein für unsere Zeit typisches «Aussitzen mit Salamitaktik» einstellen. Kosten wird dieser Skandal also nicht die Ministerin das Amt, sondern nur den Steuerzahler einige weitere Millionen. Denn auch schlechter Rat ist teuer.
Bild: Dirk Vorderstraße / CC BY-NC-SA 3.0