#Fotofreitag - Landleben

in fotolern •  7 years ago  (edited)

1. Leben am Rand, Leben auf dem Land

Bevor es zu spät ist möchte ich mal wieder bei #fotolern von @altobee mitmachen. Das liebe Landleben oder aber ein Leben am Rand kann ja viel bedeuten, soziale Ausgrenzung im Netz zum Beispiel. Andernfalls gibt es noch Leute, die im hintersten Eck leben müssen, aufgeschmissen zwischen Kühen und ohne vernünftige Netzanbindung.

Das "richtig, echte Landleben" an einem solchen Ort, hab ich vor mehr als zwanzig Jahren aus nächster Nähe kennen lernen dürfen. Dafür bin ich im Nachhinein echt dankbar, das waren tolle Erfahrungen. Auch wenn ich mich damals oft ausgenutzt fühlte. Für zwei Mark die Stunde habe ich drei Monate lang beim Nachbarsbauern in Schreyahn geholfen.
Bebildern lässt sich die Geschichte für mich jetzt nicht mehr so einfach, damals habe ich wenig fotografiert.

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  • Belichtungszeit: 1/40
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2. Arbeiten vor historischer Kulisse

Vater hatte (als Schriftsteller) ein Stipendium für neun Monate in dem ca. sechzig Einwohner zählenden Rundlingsdorf auf dem Künstlerhof bekommen. Er bezog ein hübsches Fachwerkhaus. Insgesamt habe ich ein halbes Jahr dort gelebt und eine super Zeit verbracht, viel geangelt und die Natur der Umgebung erforscht.

Mein Grundstein für selbstständiges Arbeiten wurde damals gelegt, neben dem Job beim Bauern habe ich, den fast täglich im Ort einfallenden Touristengruppen, selbst gesammelte Wallnüsse für 3 Mark pro Tüte verkauft.

Rundlingsdörfer sind neben Strassendörfern eine alte Form der Häuseranordnung innerhalb von Siedlungen. Beim Rundlingsdorf geht alles vom zentralen Dorfplatz, wie bei einem Wagenrad, aus und beim heute wesentlich häufiger anzutreffenden Strassendorf zieht sich alle Bebauung entlang einer Strasse.

3. Das Landleben

Die Arbeit beim Bauern damals war oft sehr schön, nur musste ich auch bei 50 Grad auf dem Heuboden mit einer Forke in der Menschenkette die geernteten Heuballen weiter werfen und wurde dabei ohnmächtig. Auch riesige Silos streichen war ätzend und ich sah danach aus wie eine "Sau". Am schönsten war das Kalben einer Kuh zu erleben, am Strick das Kalb zu ziehen und mit Stroh abzureiben, zu sehen wie die Mutter es dann ableckt.

Auch hatten alle Kühe Namen (Die Töchter der Mutterkuh immer mit selben Anfangsbuchstaben), die Herde hatte ca. 40 Kühe, die ich täglich mit Hund Axel (Nachnahme war Schweiß) auf die Weide getrieben habe. Man musste mit einem großen Stock aus hartem Plastik ab und zu leicht auf das Hinterteil einer Kuh schlagen, damit sie weiter geht.

Dann hat die aber oft nur doof geguckt, also hatte sie keine Schmerzen :) Und einen Deutz Trecker durfte ich regelmäßig selber auf die Weide fahren um Wasser zu bringen. Das Ding war von 1930 und super winzig, die Gänge hat man mit dem Fuss rein gekloppt und man musste den Trecker mit einer Kurbel anmachen.


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  • Belichtungszeit: 1/400
  • Iso : 100

Alle Leute im Ort haben fast täglich mit einer Kanne Milch geholt, das meiste Geld hat der Bauer aber damals für brachliegende Flächen von der EU erhalten und war hoch verschuldet. Die neueren Traktoren kosten ja mehr als ein Porsche und man braucht ja einiges mehr.

4. Dunkle Seiten

Gemein fand ich das Leben der männlichen Kühe, also Bullen. Entweder als Kalb geschlachtet oder ein Leben in Mast und Dunkelheit in der Scheune. Da waren ein Dutzend Bullen drin und kamen nie raus, erst zum Schlachter dann. Das werde ich nicht vergessen. Acht Männer haben eine Gasse zum Lastwagen gebildet und hatten Forken in der Hand, ich stand als dreizehnjähriger mit meiner Forke in der Gasse und war ziemlich geschockt als ich die Bullen sah. Die sahen seit langen das erste Tageslicht und waren völlig am Durchdrehen. Riesenkolosse, die mit über einer Tonne auf einen zu kamen, doch taten sie mir sehr leid.

Dann gab es noch den Knecht mit Namen Dieter, der war der einzige Angestellte des Bauern und lebte allein mit auf dem Hof in seiner Kammer. Obwohl ich nur Aushilfe und für kurze Zeit dabei, hatte er mich als Konkurrent gesehen und ich hatte berechtigten Bammel mit dem Typ allein aufs Feld zu müssen, denn Dieter wirkte auf mich wie ein unentdeckter Serienkiller.

5. Die schönen Seiten überwiegen

Im Dorf gab es monatliches "Dorffegen", alle trafen sich und fegten ihren Weg zum Platz hin oder mähten Rasen, danach wurde gemeinsam gegrillt.

In meiner Heimat Leipzig stamme ich auch aus der Vorstadt, einem kleinen Städtchen vor den Toren der Stadt. Mit dem Landleben, das ich beschrieben habe, hat das Leben in der Kleinstadt aber wenig zu tun. Mit dem Leben in der Großstadt, wie Leipzig aber auch nicht. Meine Familie lebt heute noch dort, ich bin regelmäßig da und lebe seit einigen Jahren auch fast selbst am Feldrand. Denn ich bin fast an den äußersten Stadtrand gezogen. Eine kleine Oase, in Form eines Kleingartens, nenne ich bis heute mein Eigen.

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  • Belichtungszeit: 1/250
  • Iso: 400

Der Lavendel beginnt wieder zu blühen und ich kann den Insekten mit der Kamera in meinem Garten auflauern


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  • Belichtungszeit: 1/400
  • Iso : 800

6. Summertime in der Gartenstadt

Nach einer (leider bis heute) schwierigen Trennung und der Entführung meiner Tochter, wollte ich es ruhig haben und bin aus der lauten Erdgeschosswohnung, in der wir Mitten in der Stadt wohnten, weg gezogen. Die Miete der großen Wohnung wäre sowieso zu teuer geworden. Direkt nach meinem Umzug, habe ich das erste Foto vom Feld dieses Beitrags hier draußen gemacht.

Mittlerweile habe ich mich an alle neuen Umstände soweit es geht gewöhnt, man ist in wenigen Minuten in der Stadt und hat es hier schön ruhig. Wenige Autos fahren und es gibt viel Grün. In der benachbarten Gartenanlage habe ich erst neulich wieder fotografiert. Auf meinen restlichen Fotos zeige ich also eine kleine Serie mit Tau. Städtisches Landleben mal aus der Nähe.

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Your @erniegreenhill

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Die Story ist klasse erzählt und die Fotos gewohnt top!
Danke schön!

Da fühl ich mich sehr geehrt lieber @argalf.

Ehre, wem Ehre gebührt!

Wow! Geniale Bilder :) Top!

Sehr schöner Artikel - informativ und persönlich. Und super Fotos dazu! Danke dir.

Thx, eine spontane Erinnerung, denn es war echt ne schöne Zeit "auf dem Land".

Wunderbarer Artikel über das Landleben!

Als Kinder haben meine Schwester und ich im Sommer auch immer Ferien auf dem Bauernhof meiner Tante gemacht. Die hatten damals noch Kühe. Und vor den beiden Bullen hatte ich auch immer Angst.

Wann kommt denn was über das Segelfest? Hast sicher viel zu tun..LG

Kommt die Tage irgendwann... war in den letzten Tagen nicht so motiviert irgendwie :-/ Am WE erstmal hoffentlich noch was für #fotofreitag und Landleben hinbekommen.... seufz

Danke für die wunderschönen Bilder und die sehr persönliche, aber gut geschriebene Geschichte dazu. Gefällt mir sehr gut!

Vielen Dank!